Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
schüttelte den Kopf. »Ich sage Ihnen gar nichts mehr.«
Tang griff in seine Tasche, nahm sein Handy heraus und wählte eine Nummer. Als abgenommen wurde, fragte er: »Ist der Junge da?«
»Ich kann ihn holen.«
»Tun Sie das.«
Tang fixierte Sokolov.
»Er ist da«, kam die Stimme aus dem Hörer.
»Geben Sie ihm den Hörer.«
Tang reichte Sokolov sein Gerät, doch dieser nahm es nicht entgegen.
»Ihr Sohn möchte mit Ihnen sprechen«, sagte Tang.
Der Trotz wich aus dem Gesicht des Russen. Er streckte langsam die Hand aus, um das Telefon zu ergreifen.
Tang schüttelte den Kopf und drückte auf die Lautsprechertaste.
Die aufgeregte, schrille Stimme eines Jungen fragte, ob sein Vater da sei. Sokolov erkannte die Stimme eindeutig und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Tang schaltete das Mikrofon mit einem weiteren Tastendruck stumm und sagte: »Nein.«
Er hielt sich das Gerät wieder ans Ohr und hob die Stummschaltung auf.
»Bleiben Sie am Hörer«, wies er seinen Gesprächspartner an. »Wenn Genosse Sokolov mir nicht in der nächsten Minute genau sagt, was ich wissen möchte, sollen Sie den Jungen töten.«
»Das können Sie nicht machen!«, schrie Sokolov. »Warum tun Sie das?«
»Ich habe es mit Überredung und dann mit Folter versucht, und ich dachte, wir hätten Fortschritte gemacht. Aber Sie trotzen mir weiter. Daher werde ich Ihren Sohn töten und anderswo herausfinden, was ich wissen muss.«
»Es gibt kein Anderswo. Ich bin der Einzige, der die Verfahrensweise kennt.«
»Sie haben sie bestimmt irgendwo festgehalten.«
Sokolov schüttelte den Kopf. »Sie befindet sich ausschließlich in meinem Kopf.«
»Ich habe nicht die Zeit, mich mit Ihrer mangelnden Kooperationsbereitschaft zu befassen. Andere Angelegenheiten erfordern meine Aufmerksamkeit. Treffen Sie eine Entscheidung.«
Oben drehte sich ein stählerner Deckenventilator, doch die warme Luft regte sich kaum. Die Niederlage stand dem Geochemiker ins Gesicht geschrieben, als er nickte.
»Lassen Sie den Jungen in der Nähe«, sagte Tang ins Handy. »Ich rufe vielleicht gleich noch mal an.«
Er legte auf und wartete darauf, dass Sokolov etwas sagte.
»Wenn diese Probe auf dem Tisch den Marker aufweist, ist das der Beweis, dass es sich um Öl aus einer abiotischen Quelle handelt«, sagte der Wissenschaftler.
»Was ist das für ein Marker?«
»Diamantoide.«
Dieses Wort hatte Tang noch nie gehört.
»Sie sind kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts. Winzige Diamantsplitter, die sich im Öl bilden, das tief unten in der Erdkruste entsteht, wo eine hohe Temperatur und ein hoher Druck herrschen. Eine Million dieser Teilchen fänden Platz auf einer Stecknadelspitze, aber ich habe sie entdeckt und benannt. Adamantane. Griechisch für Diamanten.«
Tang hörte den Stolz auf diese Entdeckung aus der Erklärung heraus, überging ihn aber und fragte: »Wie haben Sie sie gefunden?«
»Erhitzt man Erdöl auf 450° Celsius, verflüchtigen sich alle chemischen Verbindungen. Nur die Diamantoide bleiben zurück. Sie sind mit Röntgenstrahlen auffindbar.«
Tang staunte über die Vorstellung.
»Sie haben Zapfen-, Scheiben- und sogar Schraubenform und sind in biotischem Öl nicht vorhanden. Diamanten entstehen nur tief unten im Erdmantel. Das ist der schlüssige Beweis für abiotisches Öl.«
»Und woher wissen Sie, dass die Erde das Öl tatsächlich von sich aus produziert?«
»Hier in diesem Labor habe ich unter dem Fünfzigtausendfachen des normalen Luftdrucks Marmor, Eisenoxid und Wasser auf 1500° Celsius erhitzt – Bedingungen, wie sie hundert Meilen unter der Erdoberfläche bestehen. Jedes Mal ist sowohl Methan als auch Oktan entstanden.«
Tang begriff, was dieses Ergebnis bedeutete. Methan war der Hauptbestandteil von Erdgas, und Oktan war das Kohlenwasserstoffmolekül im Benzin. Wenn diese Stoffe in einem Labor hergestellt werden konnten, konnten sie auch zusammen mit dem Erdöl selbst unter natürlichen Bedingungen entstehen.
»Die Russen wissen das alles, oder?«, fragte er.
»Ich habe im Kaspischen Meer unter Zugrundelegung dieser Theorie persönlich mehr als achtzig Ölfelder gefunden. Zwar gibt es auch noch Zweifler, aber ja, die Russen sind überzeugt, dass Erdöl abiotisch ist.«
»Aber sie haben keine Beweise.«
Sokolov schüttelte den Kopf. »Ich bin dort weggegangen, bevor ich die Diamantoide entdeckt hatte. Das ist Zhao und mir erst hier gelungen.«
»Die Russen arbeiten also auf der Grundlage einer
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