Das verbotene Tal
der
Nachbarstaaten entkommen und verberge sich dort.“
Joey seufzte auf vor Erleichterung und
ließ das Blatt sinken. Solange er sich hier verborgen hielt, war er also in
Sicherheit! Bestimmt würden die Jungen ihn nicht verraten. Falls ihnen aber
doch ein unbedachtes Wort entschlüpfte und ein Suchtrupp kam, dann war Joey
wohl mit den Wäldern vertraut genug, um noch rechtzeitig aus der Höhle
verschwinden und sich in einer der zahlreichen, dicht zugewachsenen Grotten,
die er inzwischen entdeckt hatte, verbergen zu können.
Timmy erwachte, noch ehe Lassie ihm,
wie üblich, die Decke wegzog. Er setzte sich im Bett auf und überlegte, was er
heute vorhatte. Warum war er eigentlich so früh aufgewacht? Er wußte, daß da
etwas war, aber ihm fiel nicht ein, was! Auf einmal jedoch begriff er: Boomer
und er wollten zur alten Höhle gehen, um Joey zu besuchen. Diesmal wollte er
Mom um ein paar Stücke Apfelkuchen bitten; bestimmt würde er Joey schmecken!
Und auch ein paar Biskuits von gestern abend wollte Timmy mitnehmen — falls
noch welche übrig waren. Die würden den Vögeln und Eichhörnchen guttun!
Während er so das Tagesprogramm
überdachte, fiel ihm plötzlich auf, daß überhaupt keine Sonne durchs Fenster
drang. Entweder war es noch grausam früh, oder — schrecklicher Gedanke! — es
regnete wieder einmal! Leider erwies sich die zweite Vermutung als zutreffend.
Und es war kein Kurzer Schauer, wie ihn alle sprießenden Pflanzen im Frühling
so lieben, kein Regen, nach dem gleich wieder die Sonne schien — sondern ein
leiser, beharrlicher Landregen, der nicht aufhörte, ehe alles Erdreich zu
Schlamm geworden war. Tagelang konnte ein solcher Regen dauern, allmählich
beginnend, dann immer stärker werdend, bis der Bach voll und voller wurde und
schließlich über seine Ufer trat. Nein, wie lange ein solcher Regen dauerte,
ließ sich beim besten Willen nicht Vorhersagen. Eines jedenfalls stand fest:
Boomer würde heute bestimmt nicht mit zur Höhle kommen, vermutlich sogar auch
morgen noch nicht.
Timmy ließ sich zurücksinken und zog
sich die Bettdecke bis an die Ohren. Wozu sollte man dann noch besonders früh
aufstehen? Man konnte ruhig weiterschlafen, bis Lassie einen wecken kam!
Geräuschloser als sonst hantierte Ruth
in der Küche, während sie Paul und Onkel Petrie, die draußen im Stall
arbeiteten, das Frühstück bereitete. Lassie lag, den Kopf zwischen den Pfoten,
an der Tür zum Hausflur. Sie tat, als schliefe sie, wartete aber in
Wirklichkeit nur auf den Befehl, Timmy zu wecken. Als aber Ruth dann die Decke
auf den Tisch breitete und die Stühle zurechtrückte, hielt die Hündin es doch
nicht mehr aus. Sie hob den Kopf und schaute Ruth erwartungsvoll an. Aber die
schüttelte den Kopf.
„Noch nicht!“ flüsterte sie. „Heute
lassen wir ihn ein bißchen länger schlafen.“
Ergeben seufzend machte es sich Lassie
wieder bequem.
Ruth schaute die große, kluge
Collie-Hündin an. „Manchmal glaube ich, daß du jedes Wort verstehst!“ lächelte
sie.
„Und die Gedanken obendrein!“ lachte
Paul von der Tür her.
Er hatte seine schmutzigen Stiefel an
der Hintertreppe ausgezogen und war in Socken hereingekommen. Über dem Arm trug
er den triefenden Regenmantel und seinen Hut. „Hoffentlich liest sie nicht
gerade jetzt meine Gedanken“, fuhr er fort. „Ich habe da nämlich ein paar ganz
niederträchtige Gedanken darüber, daß der Regen gerade jetzt kommen mußte, wo
ich das Südfeld einsäen wollte!“
„Sei froh, daß du den Wetterbericht
gehört und deshalb mit Regen gerechnet hast!“ lachte Ruth. „Sonst hättest du
das Feld gestern besät!“
„Und nun wäre alles ausgewaschen!“ gab
Paul zu. „Ich bin nur heilfroh, daß ich nicht vor vierzig Jahren Bauer war. Ich
begreife wirklich nicht, daß damals nicht alle bankrott gegangen sind.“
Onkel Petrie hatte die letzten Worte
gehört. Er hängte den nassen Regenmantel und den Hut auf und schlurfte zum
Ausguß, um sich neben dem Neffen zu waschen.
„Die Leute von früher haben sich auf
ihr Zipperlein verlassen — das meldete Regenwetter unfehlbar an! Manche
behaupten übrigens, das täte es auch heute noch.“
„Ich verlasse mich lieber auf den
Wetterdienst!“ lächelte Paul. „Ja, Radio und Telefon haben schon ihre Vorteile!“
„Ach, da fällt mir ein“, rief Ruth
dazwischen, während die Männer sich zu Tisch setzten, „Fräulein Jenny hat mir
erzählt, daß Brunsons noch keinen Telefonanschluß
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