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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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fragte sich, wie er sie bezahlen sollte. Er trug den blauen Häftlingsanzug, war unrasiert, schmutzig, hungrig.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte sie.
    Ein Vollzugsbeamter mit der Pistole am Gürtel stand an der Tür. Draußen vor dem vergitterten Fenster war es hell.
    »Ich bin vom Gericht als Anwältin für Sie bestellt worden. Beim Haftrichter ist heute sehr viel los. Wir bekommen erst in ein paar Stunden einen Termin.«
    Birk Larsen drehte Daumen, hörte kaum zu.
    Vor zwei Jahrzehnten, als er Pernille heiratete, hatte er sich geschworen, nie wieder in diese Situation zu kommen. Pernille hatte er nichts davon gesagt. Es war Teil einer stillschweigenden Vereinbarung zwischen ihnen gewesen. Er wollte ein anderer Mensch werden. Nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Keine Verabredungen mehr sausenlassen aus Gründen, die er ihr nicht nannte. Er war jung gewesen damals. Zornig, entschlossen, sich seinen Platz in der Welt zu erobern, mit seiner Kraft, notfalls mit seinen Fäusten. Dann kamen die Kinder, und er versuchte zu vergessen, wer er einmal gewesen war. Begrub den jungen Theis. Den harten Theis. Den Schlägertyp, der nie wieder gebraucht werden würde.
    »Aber«, fuhr die Frau fort, »das gibt uns Zeit, über Ihren Fall zu sprechen.«
    »Was gibt’s da zu sagen?«
    »Es werden folgende Beschuldigungen gegen Sie erhoben: schwere Körperverletzung, Freiheitsberaubung und möglicherweise versuchter Totschlag.«
    Birk Larsen schloss die Augen. Er musste etwas sagen. Etwas fragen.
    »Wie geht’s dem Lehrer?«
    Sie sah ihn noch immer an wie ein Zootier im Käfig.
    »Er wird wieder. Und er will Sie nicht anzeigen, sagt er.«
    Birk Larsen schaute auf.
    »Aber das reicht nicht für einen Freispruch. Nicht bei diesen Beschuldigungen.«
    »Die Polizei hat uns gesagt, dass er’s war. In den Zeitungen stand, dass er’s war. Niemand hat irgendwas unternommen.«
    Sie holte tief Luft.
    »Der Richter könnte mildernde Umstände in Betracht ziehen.«
    »Ich werde mich schuldig bekennen. Sagen Sie mir nur, was ich sagen soll.«
    Er wollte es nicht aussprechen, aus Angst vor der Antwort.
    »Ich will nur nach Hause, zu meiner Familie«, sagte er schließlich.
    Sie schwieg.
    »Ich muss nach Hause.«
    »Das verstehe ich. Und in Anbetracht der Umstände können wir auch auf Verständnis hoffen.«
    Sie legte ihre schlanken Hände zusammen, beugte sich vor, sah ihm ins Gesicht.
    »Ich werde versuchen, den Richter davon zu überzeugen, dass U-Haft nicht notwendig ist. Sie haben gestanden. Es besteht keine Fluchtgefahr. Sie haben Familie, eine Firma …«
    »Ich würde gern mit meiner Frau sprechen.«
    Die Anwältin schüttelte den Kopf.
    »Das geht erst nach dem Termin beim Haftrichter.«
    Er senkte den Kopf.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Was ist mit Ihrem Freund? Vagn Skærbæk?«
    »Vagn hatte nichts damit zu tun. Er wollte mich stoppen. Ziehen Sie ihn da nicht mit rein.«
    »Er ist schon drin. Er wird der Mittäterschaft beschuldigt.«
    »Das stimmt nicht!«
    »Es ist ein leichteres Vergehen. Er befindet sich auf freiem Fuß. Ich glaube nicht …«
    »Was glauben Sie nicht?«
    »Dass er ins Gefängnis muss. Ich wünschte, ich könnte dasselbe von Ihnen sagen.«
    Schweigen.
    »Noch Fragen?«
    Er antwortete nicht, und sie warf dem Beamten einen Blick zu. Das gehörte dazu. War Teil eines Systems, das ihn schon einmal fast verschlungen hätte. Theis Birk Larsen befand sich wieder im Bauch einer Bestie, die er hasste und die ihn hasste. Und es war ganz allein seine Schuld.
    Pernille machte Telefondienst. Lotte war gekommen, um zu helfen. Ein Glück, wie immer. Alle Augenblicke war ein Kunde in der Leitung und wollte irgendetwas, am besten sofort.
    »Im Moment geht es nicht«, sagte Pernille. »Aber ich rufe zurück. Ganz bestimmt. Versprochen.«
    Lotte wartete, bis sie aufgelegt hatte, dann fragte sie: »Was wird Theis denn zur Last gelegt?«
    Wieder ein Anruf.
    »Spedition Birk Larsen. Einen Moment bitte.«
    Pernille hielt die Sprechmuschel zu.
    »Ich weiß es nicht. Kannst du dich noch eine Weile um die Jungs kümmern?«
    »Klar. Was hat Theis getan?«
    Pernille wimmelte den Anrufer ab.
    »Er hat diesem Lehrer was getan, ja?«, fragte Lotte.
    »Das ist alles meine Schuld. Ich hab ihn dazu gedrängt.«
    Sie fuhr sich durch das zerzauste Haar. Sie sah schrecklich aus, aber das kümmerte sie nicht. Sie schaute in den Terminkalender, fragte sich, wie das alles funktionierte. Einer der Männer kam herein und wollte Anweisungen.

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