Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
wartete einen Moment und sagte dann: »Nein. Tut mir leid.«
»Können Sie erkennen, mit wem er sonst noch Dates hatte?«
Sie trank einen Schluck aus einer Coladose, überlegte.
»Ich kann’s versuchen.«
Svendsen kam herein.
»Hartmanns Alibi steht. Felsenfest. Er war das ganze Wochenende in diesem Tagungszentrum. Ach ja, und Lennart Brix wartet in eurem Büro.«
»Um den soll sich Buchard kümmern.«
Svendsen schüttelte den Kopf und grinste anzüglich.
»Buchard ist nicht mehr da.«
Brix spielte mit dem Polizeiauto auf Meyers Schreibtisch. Drehte die Räder, lachte, wenn das rote Licht auf dem Dach blinkte.
»Setzen Sie sich«, sagte er. »Die von droben haben mich gebeten, mit Ihnen zu reden.«
»Worüber?«, fragte Lund. Sie blieb stehen. Meyer postierte sich am Fenster.
»Über Versäumnisse im Fall Birk Larsen.«
»Wenn man belogen und irregeführt wird, dann sind das keine Versäumnisse!«, rief Meyer.
»Einige Anrufe sind aus den Gesprächslisten verschwunden«, sagte Brix. »Sie sollten da nicht zu viel hineininterpretieren.«
Er zog einen Umschlag aus der Innentasche seines schwarzen Jacketts.
»Hier ist eine gerichtliche Verfügung zur Anforderung neuer Telekomlisten.«
Lund nahm das Papier nicht entgegen.
»Darum wollte sich Buchard kümmern.«
Brix schob die Hände in die Hosentaschen.
»Buchard ist nicht mehr hier. Sagen wir fürs Erste, er ist in Urlaub.« Er blinzelte in den Regen hinaus. »Schlechter Zeitpunkt.«
Er sah sie an.
»Rechnen Sie nicht damit, dass er wiederkommt.« Er hob die Hand, lächelte breit. Kein schönes Lächeln. »Das war’s. Keine Sorge. Wir schaffen das schon.«
Er ging zur Tür.
»Ich glaube nicht, dass Buchard auf eigene Faust gehandelt hat«, sagte Lund.
Brix blieb stehen, sah sie an, sagte: »Kommen Sie bitte kurz mit?«
Sie gingen den Flur hinunter.
»Sie haben eine Stelle bei der schwedischen Polizei, Lund«, sagte Brix. »Ich möchte, dass Sie ihre Arbeit hier beenden, ohne Ärger zu machen. Und sich dann …«
Seine langen Hände machten eine Geste, als wollte er jemanden verscheuchen.
»Verabschieden. Bis dahin berichten Sie mir. Niemandem sonst.«
Als sie ins Büro zurückkam, sah Meyer niedergeschlagen auf die Papiere hinab, die auf dem Schreibtisch lagen.
»Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, Lund«, knurrte er. »Aber der andere war mir lieber.«
Theis Birk Larsen saß ihr gegenüber am Tisch unter dem Kronleuchter. Pernille und die Jungs hatten bei Pernilles Eltern übernachtet. Anton und Emil waren in der Schule. Theis und Pernille waren allein in der leeren Wohnung, Vagn Skærbæk blaffte in der Garage unten Befehle. Birk Larsen schaute auf seine Hände hinab. Suchte nach Worten.
»Ich hab mit Lotte geredet«, sagte er schließlich, und sie wandte sich ab, stand auf, ging im Raum umher. »Ich hätte es dir sagen müssen, ich weiß.«
Pernille blieb an der Schlafzimmertür stehen und sah ihn an.
»Du hast gewusst, dass was nicht in Ordnung ist, und du hast es mir nicht gesagt. Du hast gewusst, dass sie dort arbeitet. Du hast gewusst, dass sie Probleme hat. Und du hast kein Wort gesagt.«
Er fuhr fort, seine Hände zu kneten, als läge dort eine Antwort.
»Warum nicht?«
»Weil sie mich darum gebeten hat. Damit du dich nicht aufregst.«
Pernille schüttelte den Kopf, und ihre Augen sprühten Funken.
»Damit ich mich nicht aufrege?«
»Ja.«
»Sie konnte mir doch alles sagen!« Sie warf die Hände hoch. Ihre Stimme überschlug sich. »Alles!«
Birk Larsen kniff die Augen zu.
»Sie hat versprochen, dass es nicht wieder vorkommt. Dass sie hier bei uns arbeitet. Sie hat versprochen, dass sie was für die Schule tut. Obwohl sie genug davon hatte.«
Pernille ging weiter zur Badezimmertür, dann wieder zurück zu ihm, zurück zu allem.
»Sie hat gesagt, sie reißt sich zusammen. Ich hab mich auf sie verlassen. Was blieb mir anderes übrig?«
Sie kam an den Tisch zurück, voll ruhiger, kalter Wut.
»Was hast du mir noch alles verschwiegen?«
»Nichts mehr.«
Er nahm seine Mütze und die Schlüssel.
»Ist das alles?«, schrie sie. »Jetzt gehst du einfach an die Arbeit? Da gibt es doch bestimmt noch mehr Lügen. Noch mehr, was ich nicht weiß.«
Sie sah ihn grimmig an.
»Komm schon, Theis. Spuck’s aus!«
»Da ist nichts mehr«, sagte er sanft. Ihre steinerne Miene schmerzte ihn mehr als all die einsamen Stunden in der Gefängniszelle. »Nanna hat genau gewusst, dass sie Mist gebaut hat. Ich
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