Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
ihr verlangt hatte?
»Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Es ist meine Schuld. Das werde ich denen schon beibringen. Es ist mein Problem, nicht deins.«
Weber hatte irgendwo ein Hemd aufgetrieben. Hartmann ging in sein Büro, um sich umzuziehen. Skovgaard folgte ihm.
»Außerdem«, sagte sie, »spielt das ohnehin keine Rolle. Jetzt wo die Polizei weiß, wo du warst, werden sie die Klappe halten. Vielleicht sollten wir …«
»Die werden nicht die Klappe halten. Ich hab’s ihnen nicht gesagt. Sie werden das Haus durchsuchen.«
Weber kam herein und hörte zu.
»Die lassen mir keine Ruhe mehr«, fuhr Hartmann fort. »Und hier werden sie auch rumschnüffeln. Wir müssen Olav noch mal überprüfen. Dazu haben die ja keine Lust.«
»Ich hab alles versucht«, sagte Weber. »Aber mehr war nicht drin.«
»Und wenn Olav die Wohnung gar nicht selbst benutzt hat? Vielleicht hat er den Schlüssel weitergegeben?«
»An wen denn?«
»Denk doch mal nach! Wer profitiert davon? Wer zieht einen Vorteil aus all dem?«
Weber sah ihn entgeistert an.
»Bremer? Bremer ist ein alter Mann. Der und eine Neunzehnjährige. Das kann ich mir …«
»Bremer, Olav. Olav, Bremer.« Skovgaard war auf hundertachtzig. »Du bist Verdächtiger in einem Mordfall, Troels. Und redest ständig nur von den beiden.«
»Überlegt doch mal, wer den Nutzen davon hat …«
»Du musst es der Polizei sagen!«, schrie sie ihn an.
»Ich bin diesen Mistkerlen nichts schuldig.«
»Was spielt es für eine Rolle, dass du auf Sauftour warst? Wir sind im Wahlkampf. Wir müssen diesen Mist loswerden.«
Er zog sich das saubere Hemd an. Es klopfte.
Zwei Männer, dunkle Anzüge.
»Polizei«, sagte der erste. »Wir müssen Sie bitten, das Büro zu verlassen.«
Es kamen noch vier Männer, mit Blechkisten, zwei von ihnen in blauen Overalls.
»Bedienen Sie sich«, sagte Hartmann.
Er ging ins Hauptbüro hinüber. Skovgaard folgte ihm.
»Mir hast du gesagt, du bist allein losgezogen. Der Jahrestag. Deine Frau …«
»Ja. Stimmt.«
»Warum sagst du ihnen dann nicht, wo du warst?«
Er schloss entnervt die Augen.
»Weil es die verdammt nochmal nichts angeht.«
Sie legte ihm die Hand auf die Brust, damit er nicht wegging.
»Aber mich schon, Troels. Wo warst du?«
»Keine Sorge«, sagte er. »Ich hab das im Griff.«
Unten in dem eleganten Kellergewölbe, das als Kantine diente, saß Jens Holck allein an einem Tisch und aß. Las Zeitung. Schaute auf den Fernseher.
Hartmann ging zu ihm.
»Wie ist das Essen, Jens?«
»Das Übliche.«
Hartmann setzte sich ihm gegenüber, lächelte, beobachtete Holcks Augen, sein Gesicht, seine Bewegungen.
»Was soll man jetzt denken?«, fragte er. »Hat Troels Hartmann es getan oder nicht? Jetzt heißt es, er hat noch nicht mal ein Alibi. Was kommt als Nächstes?«
Holck schnitt ein Stück von seinem Fleisch ab.
»Gute Frage«, sagte er. »Was kommt als Nächstes?«
»Das Nächste müsste sein, dass sie den Mistkerl finden, der das getan hat.«
Holck aß weiter.
»Jens. Geh jetzt nicht. Wenn sich meine Unschuld herausstellt, wirst du es bereuen.«
Er schien unbeeindruckt.
»Ach ja? Spielt das eine Rolle, Troels? Du hast mir versprochen, dass damit jetzt Schluss ist. Dabei sieht es so aus, als würde das niemals aufhören.«
»Es ist alles ein Missverständnis.«
Holck schüttelte den Kopf.
»Vertrau mir, Jens. Hab ich dich schon jemals hängenlassen?«
Die Nachrichten begannen. Hartmann hörte den Namen des Mädchens. Alle in der Kantine hielten inne, wandten sich dem Fernseher zu und sahen das Interview mit Pernille Birk Larsen. Blaukariertes Hemd, Notizzettel in der Hand, blasses, angespanntes Gesicht, der Blick in die Kamera gerichtet. Nicht verängstigt. Entschlossen.
Sie las ab.
»Ich hoffe, jemand hat etwas gesehen. Irgendjemand muss etwas wissen. Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Informationen. Die Polizei scheint … Ich weiß nicht, was die machen. Vielleicht nehmen sie die Sache nicht ernst genug.«
Der Reporter fragte: »Was sagen Sie dazu, dass Troels Hartmann jetzt unter Verdacht steht?«
Sie schaute mit weit aufgerissenen Augen in die Kamera.
»Dazu kann ich nichts sagen. Aber wenn irgendjemand etwas gesehen hat, soll er sich bitte melden. Alles kann wichtig sein. Bitte …«
»Die Partei wird sich noch nicht von dir distanzieren«, sagte Jens Holck.
Hartmann nickte dankbar.
»Aber ich kann mich nicht mehr mit dir sehen lassen. Tut mir leid, Troels.«
Holck nahm sein Tablett und ging
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