Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
einen Moment mit seinem Ohrring, dann ließ er die Cornflakes stehen.
»Ist noch Milch da?«
Sie ging zum Kühlschrank.
»Nein. Oma ist einkaufen gegangen. Sie ist bestimmt gleich wieder da.«
Er blieb vor der Schale sitzen, den Kopf auf die Hand gestützt, ein Bild des Jammers. Lund band ihr Haar zusammen und machte sich fertig, um aus dem Haus zu gehen.
»Mama?«
»Ja?«
Ein seltsamer Blick.
»Ach, schon gut.«
»Nein, sag doch.«
»Du brauchst nicht zu warten, bis Oma wieder da ist. Wenn du losmusst …«
Sie lächelte, berührte ihn am Arm.
»Du bist lieb.«
Er sah sie an, anders als sonst.
»Was ist denn?«
»Nichts. Fahr zur Arbeit.«
Meyer hatte Morten Weber im Büro.
»Sie wissen also auch nicht, was Hartmann an dem Wochenende gemacht hat? Sie sind sein …?«
»Wahlkampfleiter. Nicht sein Kindermädchen.«
Meyer konnte den Mann nicht leiden. Er fand ihn aalglatt.
»Obwohl er eins gebrauchen könnte, wie mir scheint.«
Weber stöhnte.
»Wie oft muss ich Ihnen das noch sagen? Sie haben unser Büro durchsucht. Unsere Computer beschlagnahmt. Sie lassen sie ja ohnehin gerade überprüfen.«
»Vergessen Sie die Computer. Wer hat Hartmann am Sonntagmorgen besucht?«
Keine Antwort.
»Sie wissen es nicht? Jemand, der aussieht wie Sie, Morten! Sie sind bei ihm gewesen.«
»Ja. Stimmt.«
»Warum?«
»Ich hab mir Sorgen gemacht. Ich hatte länger nichts von ihm gehört. Also bin ich hin.«
Meyers Frau hatte ihm zwei Äpfel mitgegeben, mit der strikten Anweisung, beide zu essen. Er schälte einen und aß ein Stück nach dem anderen.
»Was haben Sie da gemacht?«
Weber verschränkte die Arme. »Ich hab Troels gesucht. Ich hab einen Schlüssel.«
»Und anschließend sind Sie in die Reinigung gefahren.«
»Ja, und?«
»Die Reinigung hat bestätigt, dass Sie am Montag Hartmanns Anzug abgegeben haben. Den, den er am Freitag anhatte. Warum musste er in die Reinigung?«
»Ich hab ihn im Haus gefunden. Er trägt ihn gern, wenn er …«
»Warum musste er in die Reinigung?«
»Vielleicht weil er’s nötig hatte?«
Meyer hatte den halben Apfel aufgegessen.
»Sein Kindermädchen sind Sie nicht. Sein Dienstmädchen schon?«
»Ich bin zu ihm nach Hause, weil ich besorgt war. Das ist alles.« Er stand auf. »Ich gehe jetzt. Wir sind mitten im Wahlkampf.«
»Warum haben Sie ihn nicht angerufen, Morten? Wenn Sie sich solche Sorgen gemacht haben?«
»Hartmann hatte mit dem Mädchen nichts zu tun. Sie verschwenden Ihre Zeit. Und stehlen uns unsere.«
»Rie Skovgaard hat Hartmann an dem Wochenende angerufen. Immer wieder, x-mal. Ich habe Ihre Anrufliste, Morten. Sie haben es kein einziges Mal probiert.«
Weber zuckte die Schultern.
»Vielleicht war ich anderweitig beschäftigt.«
»Glaub ich nicht. Sie sind Junggeselle. Sie leben für die Partei. Schon von jeher. Und das wird auch immer so bleiben.«
Er grinste.
»Sie wussten die ganze Zeit, wo Troels Hartmann war. Sie wussten, was er macht. Nur Sie beide wussten es. Das ist Ihr kleines Geheimnis. Und wenn ich rauskriege …«
Morten Weber lachte ihm ins Gesicht.
»Viel Glück«, sagte er. »Ich bin weg.«
Im Büro im Rathaus gingen Skovgaard und Hartmann den Tagesplan durch.
»Es muss eine Verbindung zwischen Bremer und Olav geben«, sagte er. »Eine Konferenz? Irgendwas …«
»Wir haben nichts dergleichen gefunden. Sag die Debatte ab.«
»Kommt nicht in Frage. Dann denken alle, ich bin im Gefängnis.«
»Hättest du die Wahrheit gesagt, säßen wir jetzt nicht in der Tinte.«
Er antwortete nicht.
»Du musst die Debatte absagen. Einige im Stadtrat reden schon. Sie sagen, du bist vielleicht nicht mehr fit für das Amt. Sie können deine Nominierung verhindern.«
»Das würden sie nicht wagen.«
»Darüber bestimmt Bremer. Er kann das tun, Troels. Wenn er dich loswerden will …«
Hartmanns Augen blitzten auf.
»Wenn? Was soll das heißen, ›wenn‹?«
Weber kam herein und schimpfte über die Polizei.
»Olav?«, fragte Hartmann.
»Die Leute sagen, Bremer kennt ihn nicht.«
»Was sollen sie auch sonst sagen?«
»Ich bleib dran. Aber ich verspreche mir da wirklich nichts davon.«
»Na wunderbar«, stöhnte Hartmann. »Ich bin am Verhungern.«
Er ging ins Hauptbüro zurück, um sich ein Croissant zu holen.
Weber sah Rie Skovgaard an.
»Die Polizei verdächtigt ihn immer noch«, sagte er.
»Ja, natürlich. Er sagt ihnen ja nicht, wo er war. Hier …« Sie gab ihm einen Zettel. »Die Computerleute, die das Ding im Netz
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