Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
zur Treppe.
In der Store Kongensgade wartete Lund im Wohnzimmer der Parteiwohnung. Sie sah sich noch einmal das kaputte Glas an. Den zerbrochenen Tisch. Ein Streit? Ein Unfall? Eine handgreifliche Auseinandersetzung? Sie dachte wieder an das Schlafzimmer. Schließlich kam der Hausmeister. Er war hier für mehrere Gebäude zuständig und wohnte in der Nähe.
»Sie haben Hartmann früher schon hier gesehen?«, fragte Lund.
»Ja, ganz recht.«
»Mit Frauen?«
Er schnitt eine Grimasse.
»Ich bin Hausmeister. Da sieht man allerhand.«
»Haben Sie diese Frau schon mal gesehen?«
Sie zeigte ihm das Foto von Nanna.
Er sah sich in dem Zimmer um. Überschlug, wie viel die Reparaturen kosten würden.
»Ich hab mehrere Damen gesehen, die unten geklingelt haben. Und ich hab ihn mit ihnen reinkommen sehen.«
»Aber nicht mit ihr?«, fragte sie und zeigte ihm noch einmal das Foto.
»Nein. Die muss einen eigenen Schlüssel gehabt haben. Hat selber aufgeschlossen und in der Wohnung auf ihn gewartet.«
Lund wollte das klarstellen.
»Sie war bei Hartmann?«
»Sag ich doch. Vor zwei Monaten. Ich hab nebenan eine Dichtung ausgewechselt. Ich hab sie draußen gesehen. Hab ihn reden gehört.«
»Aber gesehen haben Sie ihn nicht?«
»Wer hätte’s denn sonst sein sollen?«
Sie steckte das Foto wieder weg.
»Wann höre ich was?«, fragte der Hausmeister.
»Wie, wann Sie was hören?«
»Ich hab’s in den Nachrichten gesehen. Die Belohnung. Fünfzigtausend Kronen. Wann höre ich was?«
Sie holte tief Luft und seufzte.
»Er war’s«, beteuerte der Mann. »Ich schwöre es.«
25 Minuten später stand sie an der Wohnungstür der Birk Larsens und sprach mit Pernille.
»Ich muss Sie bitten, die Belohnung zurückzuziehen.«
Pernille bat sie nicht herein.
»Wir haben die nicht ausgesetzt.«
»Die Fernsehleute tun, was Sie sagen, Pernille, Sie müssen nur mit ihnen reden. Ich weiß, wie schwer das alles für Sie ist …«
»Nein, wissen Sie nicht. Sie haben keine Ahnung.«
Der Hausherr hörte im Hintergrund zu.
»Sie sind nicht von Nannas Sachen umgeben. Müssen nicht ihre Post entgegennehmen. Die Leute auf der Straße sehen Sie nicht an, als wären Sie selbst an allem schuld …«
»Wissen Sie, was das für uns bedeutet: Jede Menge Leute melden sich bei uns, weil sie scharf auf das Geld sind, und decken uns mit nutzlosen Informationen ein. Und wir müssen jede einzelne ernst nehmen.«
»Na und?«
»Dafür haben wir nicht genug Leute. Da kommen andere wichtige Dinge zu kurz.«
»Was für Dinge?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß, Sie finden, wir sollten offener zu Ihnen sein. Aber das ist nicht möglich.« Sie warf einen Blick auf Birk Larsen. »Wir haben schon zu viel gesagt. Ich dachte, Sie hätten das verstanden.« Pernille ging ins Wohnzimmer zurück. Theis Birk Larsen blieb, wo er war, und sah Lund hasserfüllt an.
»Sie müssen Ihrer Frau klarmachen, dass das falsch ist, Theis. Bitte.«
Er kam an die Tür und schlug sie ihr vor der Nase zu.
FREITAG, 14. NOVEMBER
Meyer rief an, als sie gerade aus der Dusche kam. Sofort beklagte er sich über die vielen Anrufe, seit die Belohnung ausgesetzt worden war.
»Ich hab mit den Eltern gesprochen«, sagte Lund. »Die stellen sich stur. Tut mir leid. Wir müssen mit allen reden, die anrufen.«
»Na toll. Sonst noch was?«
»Ich brauche mehr über Olav Christensen.«
»Dafür musst du dir einen anderen suchen, Lund.«
Mark kam herein und wollte frühstücken.
»Du bist ja so früh auf«, sagte sie.
Er verzog sich wortlos an den Tisch.
»Ich hab Morten Weber noch mal herbestellt«, sagte Meyer. »Bis später.«
Mark schüttete sich Cornflakes in eine Schale.
»Wie war das Abendessen bei deinem Vater?«
Eine lange Pause, dann: »Okay.«
»Und die Mädchen? Sind sie nett?«
Lund hatte einen im Versandhandel bestellten neuen Pullover aus der Verpackung genommen. Dicke Wolle, dunkelbraun, schwarz-weißes Rautenmuster. Mark schaute ihn an.
»Die haben jede Menge Klamotten«, sagte er.
In der Packung war nicht mehr genug Milch. Er hielt sie hoch. Lund seufzte, setzte sich zu ihm an den Tisch und wollte seine Hand nehmen, doch er zog sie weg.
»Hör zu. Ich weiß, dass im Moment alles ziemlich chaotisch ist. Bengt kommt bald wieder nach Kopenhagen. Er muss unterrichten. Wir werden reden. Wir kriegen das schon hin.«
Er stocherte in den halbtrockenen Cornflakes herum.
»Wenigstens kannst du jetzt zum Weihnachtskonzert in der Schule.«
Mark spielte
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