Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Ich bin zu Hause und sitze vor dem Fernseher, da klingelt er. Und murmelt irgendwas von wegen alles ist seine Schuld.«
»Und du hast ihn wieder gehen lassen?«
»Was hätte ich denn tun sollen? Ihm eins überziehen? Würdest du dich das trauen?«
»Vagn …«
»Ich hab nicht gewusst, dass sie ihn so fertiggemacht hatte. Ich geh in die Küche, ein Bier für ihn holen, und wie ich zurückkomme, ist er verschwunden.«
Es war kalt in der Garage. Lotte trug das knappe Top, das sie im Heartbreak immer anhatte. Zitternd schlang sie die Arme um sich.
»Weiß er, dass morgen die Urne beigesetzt wird?«
»Ja. Ich denk schon. Wenn Pernille es ihm gesagt hat.«
Ihr fiel nichts mehr ein. Vagn Skærbæk holte seinen Autoschlüssel.
»Ich fahr ein bisschen rum. Ich finde ihn schon.«
Und wie nebenbei fügte er, mehr zu sich selbst, düster hinzu: »Ist ja nicht das erste Mal …«
Poul Bremer saß vor den Fraktionsvorsitzenden, den Schlüsselbewahrern des Rathauses, und plädierte für eine formale Untersuchung gegen Hartmann am Abend des folgenden Tages.
»Ich habe Troels immer als hart arbeitenden, intelligenten Politiker bewundert. Aber die Beweise sprechen gegen ihn, und er ist offenbar nicht in der Lage, eine glaubwürdige Erklärung zu liefern. Das ist ein trauriger Anlass …«
Bremer sah der Reihe nach jeden von ihnen an, Jens Holck noch eindringlicher als die anderen.
»Wir haben keine Wahl. Wir müssen dafür stimmen, dass er vor den Wählbarkeitsausschuss geladen wird. Er muss sich erklären.«
»Hartmann wird offiziell nicht beschuldigt«, schaltete sich Holck ein. »Warum überlassen wir das nicht der Polizei?«
»Wir alle kennen Troels. Wir alle mögen ihn …«
»Der ganze Stadtrat hätte verklagt werden können, wenn Troels den Lehrer so an den Pranger gestellt hätte, wie du es von ihm verlangt hast«, fuhr Holck fort. »Soll sich das jetzt bei ihm wiederholen?«
»Ich kenne Troels länger als jeder andere hier. Aber ich verstehe, wie ihr euch fühlt.«
Das staatsmännische Lächeln.
»Vor allem, da ihr ja kurz davor wart, eine Allianz mit ihm einzugehen.«
Er kam um den Tisch herum und klopfte Holck auf den Rücken.
»Stimmt’s, Jens? Aber Parteien beiseite, wir haben die Pflicht, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das politische System aufrechtzuerhalten. Wir müssen uns fragen, wie gut es unserer eigenen Glaubwürdigkeit bekommt, wenn ein so prominentes Mitglied unseres Gremiums tagtäglich als Verdächtiger in einem Mordfall vernommen wird. Wenn wir …«
Die Tür flog auf. Hartmann stürmte herein.
»Entschuldigung. Störe ich?«
»Du bist nicht eingeladen, Troels.«
»Nein«, blaffte Hartmann. »Natürlich nicht. Hast du allen gesagt, dass die Polizei jetzt hier ermittelt, im Rathaus? Hast du ihnen gesagt, dass sie die Beamten durchleuchten? Dass sie dich vernommen haben?«
Bremer ließ sich nicht beeindrucken.
»Das ist eine geschlossene Sitzung. Einziger Punkt der Tagesordnung bist du. Deshalb wurdest du nicht eingeladen.«
Hartmann sah in die Runde.
»Wenn ihr Fragen habt, stellt sie! Hört nicht auf diesen hinterhältigen alten Mistkerl. Fragt mich!«
Bremer lachte.
»Wenn das allgemeiner Wunsch ist, dann bitte sehr. Solange du noch …«
Hartmann trat vor die Versammlung.
»Ich weiß, dass ihr alle euch Sorgen macht wegen des politischen Schadens. Aber damit, dass ihr mich vor den Wählbarkeitsausschuss zitiert, ist nichts gelöst. Ich habe mit dem Mordfall nichts zu tun …«
»Das wird sich noch früh genug herausstellen«, sagte Bremer.
Bremers Handy klingelte. Er trat beiseite, um den Anruf anzunehmen, und ging dann zu dem Faxgerät, das in einer Ecke stand.
»Irgendjemand hat Olavs Dienste und sein Schweigen erkauft«, fuhr Hartmann fort. »Mit Geld aus der Schatulle des Rathauses. Fragt mich nicht, wie das zuging. Die Polizei untersucht die Sache jetzt.«
Bremer kam mit einem Fax zurück. Er las es sorgfältig. Hartmann war nicht zu bremsen.
»Der Oberbürgermeister hat nichts davon erwähnt, obwohl er von allem wusste. Er möchte mich loswerden, um seinen eigenen Wahlkampf zu fördern.«
»Ach, Troels«, sagte Bremer. »Du bist so schnell bei der Hand mit Vorwürfen gegen andere, und so einsilbig, wenn du dich selbst verantworten sollst.«
»Ich werde nicht …«
»Wir wissen jetzt, woher das Geld kam, das Olav Christensen bekommen hat.«
Er hielt das Fax hoch.
»Philipp Bressau ist irgendwo in der Buchhaltung darauf gestoßen. Er übergibt die
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