Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
strahlt, ist voller Hoffnung. Er schweigt verlegen und hat nur Augen für sie. Zitternd legte Birk Larsen die Kamera auf den Beifahrersitz. Dann vergrub er den Kopf in den Händen und weinte.
Poul Bremer leitete die Anhörung. Kein Jackett. Blaues Hemd. Ohne Krawatte. Ein Mann bei der Arbeit. »Als Nächsten hören wir Holcks Verwaltungsdirektor, Gert Stokke. Gert?«
Der graue Mann im grauen Anzug trat ein, nahm Platz.
»Sie kennen ja das Verfahren. Wir führen eine gründliche Untersuchung von Jens Holcks Abteilung durch, und ich hoffe, Sie können zur Aufklärung der Angelegenheit beitragen.«
Stokke nickte, sah die Fraktionsvorsitzenden der Reihe nach an.
»Wie aus den Unterlagen ersichtlich, hatte ich ein Gespräch mit Holck. Ich habe ihm klarzumachen versucht, dass da etwas nicht stimmt. Aber er wollte nichts davon wissen. Ich konnte ihn nicht überzeugen.«
»Und dann?«, fragte Bremer.
Stokke blies die Wangen auf und antwortete nach einer Pause: »Ich habe ihn zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal darauf angesprochen, aber er hat sich wieder nicht kooperativ gezeigt. Im Nachhinein ist mir klar, dass ich jemanden darüber hätte informieren müssen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich’s nicht getan habe. Inzwischen haben wir hier Strukturen …«
»Und Holck selbst …«, ermunterte ihn Bremer. »Er konnte ziemlich einschüchternd sein, was den meisten hier nicht bekannt gewesen sein dürfte.«
»Er war sehr direkt«, sagte Stokke. »Und überzeugend. Er hat gesagt, er würde sich sofort um die Sache kümmern. Ich ging davon aus, dass er die Wahrheit sagt. Was hätte ich anderes tun können?«
Bremer legte die Hände aneinander wie ein Priester im Beichtstuhl.
»Ich denke, wir alle haben aus dieser traurigen Geschichte gelernt. Soweit ich es beurteilen kann, haben Sie getan, was Sie konnten. Ich habe keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen also …«
Hartmann hob die Hand.
»Ich hätte da noch eine Frage.«
Bremer schwieg einen Moment und sagte dann: »Ja, bitte, Troels.«
»Nur damit das ganz klar ist: Sie haben also niemandem von Holcks Machenschaften erzählt?«
»Nein, niemandem.«
Hartmann nahm die Mappe, die vor ihm lag.
»Ich würde gern etwas verteilen.«
Er ging um den Tisch herum und legte vor jeden einige Kopien hin, vor Stokke zuerst.
»Das ist das Protokoll einer Besprechung zwischen Gert Stokke und dem Oberbürgermeister. Es ging dabei um Baumpflanzungen. Am Ende wird auf eine Anlage verwiesen, die dem Protokoll aber nicht beigeheftet war. Wahrscheinlich ist sie verlegt worden. Ist das richtig, Gert?«
»Da müsste ich in den Akten nachsehen …«
»Nicht nötig.« Hartmann nahm weitere Schriftstücke zur Hand. »Ich konnte mir die Anlage auch so beschaffen.«
Stokke blinzelte.
»Sie lag an einem sicheren Ort, von Holcks Verwaltungschef dort versteckt.«
Eine Geste zu Stokke hin.
»Von Ihnen, Gert.«
Der Beamte hielt den Blick unverwandt auf das Dokument gerichtet.
»Wenn ich Ihr Gedächtnis ein wenig auffrischen darf …«, fuhr Hartmann fort. »Es handelt sich um einen Bericht, den Sie dem Oberbürgermeister vorgelegt haben. Über die besorgniserregenden Zustände in Holcks Verwaltung, wie Sie es nennen. Da geht es unter anderem um die Zahlung von fünftausend Kronen monatlich an einen Beamten namens Olav Christensen, der in meinem Ressort tätig war. Aber niemand in meiner Lohnbuchhaltung und auch sonst niemand in meiner Abteilung wusste davon. Und es gibt auch keinerlei klaren Hinweis darauf, wofür Christensen überhaupt bezahlt wurde.«
Bremer saß da wie vom Donner gerührt, hochrot im Gesicht, sprachlos. Hartmann wandte sich an die Stadträte.
»Diese Anlage war nie Bestandteil des offiziellen Protokolls. Aber sie war Gert Stokkes geheime Versicherungspolice. So konnte er für den Fall, dass alles zusammenbricht, wenigstens sagen, wir seien gewarnt worden.«
Hartmann zeigte auf das Dokument.
»Da ist er also. Der Beweis, dass der Oberbürgermeister schon lange vor uns über Holcks Amtsmissbrauch informiert war. Der Beweis, dass der Oberbürgermeister der Polizei Informationen vorenthalten hat, die Nanna Birk Larsens Mörder längst hätten überführen können.«
Er sah Bremer durchdringend an.
»Möchte sich der Oberbürgermeister vielleicht dazu äußern?«
Nichts.
»Nein?«
»Na dann …« Hartmann stand auf. »Danke fürs Zuhören.« Er ging hinaus und ließ die anderen mit den Unterlagen am Tisch zurück.
Lund und Meyer suchten Amir. Er war
Weitere Kostenlose Bücher