Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
sagte Bülow. »Bleiben Sie bei Ihrer Aussage?«
Pernille backte Brot, beschwingtes Arbeiten in der Küche, während Birk Larsen auf und ab ging und Pläne schmiedete.
»Wenn alles gutgeht, könnten wir nächstes Wochenende umziehen. Ich muss die Heizung reparieren …«
Sie rollte den weichen Teig aus.
»Anton ist kreuzunglücklich.«
»Weil es was Neues ist«, brummte Birk Larsen. »Das wird schon wieder werden.«
»Ein Hund wäre wirklich nicht schlecht.«
»Ich dachte, den wünscht sich Emil.«
»Ein Hund, Theis. Den werden sie beide gernhaben. Anton kann ihn zum Geburtstag bekommen.«
Er zwinkerte ihr zu.
»In dem Fall solltest du vielleicht besser nicht so laut reden.«
»Sie spielen unten in der Garage. Sie hören uns nicht.«
Er trat zu ihr. Zupfte einen Klumpen rohen Teig von ihren Fingern. Steckte ihn in den Mund. Sie spähte in seine verengten Augen. Betrachtete sein unrasiertes Gesicht. Theis war in mancher Hinsicht immer noch ein Halbstarker. Ungehobelt, unfertig. Brauchte immer etwas. Meistens sie. Sie umarmte ihn, küsste ihn auf die kratzige Wange, flüsterte: »Es wird nie wieder zwischen uns werden, wie es früher war. Oder? Nie wieder?«
Er berührte mit der rechten Hand ihr kastanienbraunes Haar und stibitzte mit der linken noch ein bisschen Teig.
»Es wird wieder so wie früher. Ich versprech’s dir.«
Sie drückte ihn, das Gesicht an seiner breiten Brust. Sie lauschte seinem Atem, spürte das Leben in ihm, die Kraft.
Unten spielte Vagn Skærbæk mit dem neuesten Spielzeug. Ein schwarzes Auto, batteriebetrieben, ferngesteuert. Es fuhr in der Garage zwischen Kisten und Transportern herum. Anton hatte die Fernsteuerung. Skærbæk war das Ziel. Vorwärts und rückwärts schoss es über den Betonboden. Schreiend wich Skærbæk ihm aus. Schließlich prallte es gegen seine weißen Sportschuhe.
»Getroffen!«, schrie Skærbæk. »Ich bin tot!«
Er stand da mit aufgerissenen Augen und hängender Zunge. Anton lachte nicht.
»Cool, was?«, fragte Skærbæk. »In dem neuen Haus kannst du im Garten Rennen veranstalten.«
»Darf ich’s nach oben mitnehmen, Onkel Vagn?«
Skærbæk hob das Auto auf und hielt es ihm hin.
»Es gehört dir. Du kannst damit machen, was du willst.«
Anton griff danach. Der große Mann in der roten Latzhose zog es weg.
»Wenn du in das neue Haus kommst.« Er bückte sich und schaute dem Jungen in die Augen. »Jeder wird nervös, wenn sich was ändert.«
»Du auch?«
»Ja. Wenn man nicht weiß, wie alles wird. Aber was Neues macht auch Spaß. Du solltest …«
»Da ist was im Keller.«
Stille.
»Was meinst du?«
»Da unten ist Nannas Pass. Mit Blut dran.« Anton schien verängstigt. »Aber sag Papa nichts. Sonst wird er böse mit mir.«
Skærbæk lachte, schüttelte den Kopf.
»Wie kommst du denn dazu, solche Sachen zu sagen?«
Der Junge griff wieder nach dem Auto. Skærbæk hielt es fest.
»Anton … das kommt davon, weil du Angst vor dem Umzug hast. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Du solltest immer die Wahrheit sagen. Nicht lügen.«
Der Junge verschränkte die Arme.
»Ich lüge nicht. Ich hab ihn im Keller gesehen.«
Er nahm sich das Auto. Skærbæk hinderte ihn nicht daran. Dann ging Anton nach oben.
Die Jungs waren im Bett. Die drei Erwachsenen saßen am Küchentisch, vor den leergegessenen Tellern. Birk Larsen rauchte. Ein Gesicht wie ein Basilisk.
»Was hat Anton sonst noch gesagt?«, wollte Pernille wissen.
»Nichts«, erwiderte Skærbæk. »Nur dass er dort Nannas Pass gesehen hat.«
»Diese Bälger«, grollte Birk Larsen. »Ich war schon so oft dort und hab nichts gesehen. Du?«
»Er ist aufgeregt, Theis. Das hat ihn alles ziemlich mitgenommen. Und uns doch auch, oder?«
»Wo genau?«, fragte Pernille.
»Im Keller, hat er gesagt. Aber da war nichts. Ich hab da erst neulich allerlei Krempel rausgeräumt.«
»Wie sollte ihr Pass denn in den Keller kommen?«, fragte Birk Larsen. »Nanna hat doch gar nichts von Humleby gewusst.«
»Ich kann ja mal hinfahren und nachsehen, wenn du möchtest.«
»Da ist nichts, Vagn.«
Pernille massierte sich die Schläfen. Der Brotgeruch war aus der Küche verschwunden. Jetzt roch es nur noch nach Rauch und Schweiß.
»Aber warum«, fragte sie und versuchte, nicht wahnsinnig zu werden, »warum hat er das dann gesagt?«
»Anton! Er kann sagen, was er will. Ich lass nicht zu, dass er solchen Mist erzählt. Morgen früh knöpf ich ihn mir vor.«
Sie dachte nicht daran aufzuhören.
»Die
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