Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
besseres Angebot machen«, sagte Eller.
Bremer saß in seinem Aufnahmestudio und bereitete sich auf einen Wahlwerbespot vor. Leuchten und Kameras. Eine Maskenbildnerin. Zuschauer. Seine Wut nur mit Mühe unterdrückend, stürmte Troels Hartmann herein, ging hinüber, sah auf den lächelnden Mann in dem weißen Hemd, dem gerade die Wangen gepudert wurden, und sagte: »Du skrupelloser Scheißkerl.«
Bremer lächelte und schüttelte seinen ergrauten Kopf.
»Tut mir leid.«
»Du hast es also gehört?«
Die Maskenbildnerin war fertig, tupfte ihn nur noch mit einer Bürste ab. Sie blieb. Hörte zu.
»Ein ganz schlechter Zeitpunkt für mich, Troels«, sagte Bremer mit einem gutmütigen Seufzer. »Und für dich wohl auch. Später …«
»Ich verlange eine Erklärung.«
Sie gingen ans Fenster, scheinbar wie zwei Vertraute. Hartmann konnte nicht an sich halten, legte schon los, bevor sie dort waren.
»Erst übernimmst du einfach unseren Vorschlag. Dann verdoppelst du ihn und kommst zu einer utopischen Anzahl von Wohnungen, von denen du weißt, dass sie nie gebaut werden.«
»Aha«, sagte Bremer mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Du hast mit Kirsten gesprochen. Ein schreckliches Plappermaul. Ich hab dich gewarnt.«
»Dann nutzt du den Tod eines jungen Mädchens aus und wählst den Zeitpunkt so, dass du damit alles noch schlimmer machst … während es uns nur darum geht, der Polizei und den Eltern des Mädchens zu helfen.«
Bremers Miene verdüsterte sich. Er baut sich vor Hartmann auf und hob drohend den Zeigefinger.
»Was bildest du dir ein? Ich kann meine Vorschläge doch nicht danach richten, in welchen Schwierigkeiten du gerade wieder einmal steckst! Wann wirst du endlich erwachsen? Ihr habt nichts mit dem Wagen zu tun, aber du sagst es nicht offen. Rie Skovgaard hätte ich ehrlich gesagt mehr Verstand zugetraut.«
»Was ich tue, ist meine Sache.«
Der Oberbürgermeister lachte.
»Du bist ein solcher Kindskopf, Troels. Ich hätte nie gedacht, dass es so schlimm ist. Ein verkrampftes Wahlbündnis mit Kirstens Hampelmännern. Was hast du dir dabei gedacht?«
»Du begibst dich unter dein Niveau, Bremer. Obwohl das kaum noch möglich ist.«
»Mann Gottes, das ist ja wie früher mit deinem Vater! Die gleiche Ratlosigkeit. Der gleiche Verfolgungswahn. Traurig, traurig.«
»Ich sag dir …«
»Nein!«
Poul Bremers Stimme dröhnte durch das Studio, laut genug, um alle zum Schweigen zu bringen, auch Hartmann.
»Nein«, wiederholte er etwas leiser. »Du sagst mir gar nichts, Troels. Bring mir einen richtigen Mann, einen, gegen den ich antreten kann. Keine Schneiderpuppe in einem teuren Anzug.«
Die Kirche war schlicht und kühl, der Pfarrer ebenso. Sie saßen da und hörten sich an, was zur Wahl stand. Gebete, Musik, Blumenschmuck. Alles, nur nicht das, was sie am meisten nötig hatten: Mitgefühl. Es war wie ein Einkaufszettel.
»Könnten wir ›Es ist ein Ros entsprungen‹ haben?«, fragte Pernille. Sie und Theis schauten gemeinsam in ein Gesangbuch.
Der Geistliche trug ein braunes Jackett und einen grauen Rollkragenpulli. Er schielte in das Buch und sagte: »Das ist Nummer 117. Ein wunderbares Lied. Eines meiner Lieblingslieder.«
»Es soll schön für sie werden hier, und dazu gehören auch viele Blumen«, sagte Pernille.
»Das bestimmen Sie ganz allein. Ich kann Ihnen ein paar Floristen nennen.«
»Sie liebt Blumen.«
Theis, neben ihr auf der harten Bank, starrte auf den Steinboden.
»Blaue Iris. Und Rosen.«
»Gibt es sonst noch was?«, fragte Birk Larsen.
Der Geistliche sah in seine Notizen.
»Nein. Abgesehen von der Trauerrede. Aber da würde ich vorschlagen, Sie schreiben mir etwas auf. Zu Hause, in aller Ruhe.«
Er sah auf die Uhr.
»Das Verbrechen dürfen Sie aber nicht erwähnen«, sagte Pernille.
»Ich spreche so über Nanna, wie Sie sich an sie erinnern.«
Langes Schweigen. Dann sagte sie: »Nanna war immer fröhlich. Immer.«
Er notierte es sich.
»Das sage ich sehr gern.«
Birk Larsen stand auf. Der Pfarrer ebenfalls. Gab ihm die Hand. Pernille sah sich in dem kalten, dunklen Kirchenschiff um. Versuchte sich einen Sarg vorzustellen. Sah den kalten, steifen Körper darin vor sich.
»Wenn Sie mit jemandem reden wollen«, sagte der Pfarrer wie ein Arzt, der einen Termin anbietet. In seine Augen trat ein Ausdruck routinierter Anteilnahme. »Denken Sie daran, dass es ihr gut geht. Nanna ist jetzt bei Gott.«
Der Mann nickte, als wären das die weisesten, passendsten Worte,
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