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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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Kneipenschlägereien. Aber das ist zwanzig Jahre her. Warum?«
    Buchard goss sich ein Glas Wasser ein. Er wirkte müde, krank.
    »Ein pensionierter Hauptkommissar hat mich angerufen. Du weißt schon. Der Typ, der den ganzen Tag rumsitzt und Zeitung liest.«
    Er gab ihr einen Zettel.
    »Er meint, Birk Larsen sei damals gefährlich gewesen. Richtig gefährlich.«
    »Was Sexuelles?«
    »Davon wusste er nichts. Aber er meinte, wir würden uns noch wundern.«
    »Und? Wir haben ihn gecheckt. Er hat ein Alibi. Er kann’s nicht gewesen sein.«
    »Bist du dir sicher?«
    Sicher.
    Was für ein Wort. Jeder wollte sich sicher sein. Keiner war es wirklich. Weil die Leute logen. Andere anlogen. Manchmal auch sich selbst. Auch sie tat das.
    »Ja, ich bin mir sicher«, sagte sie.
    In der Küche rannten die Jungs um den Tisch herum, Vagns Spielzeugautos in den Händen. Theis Birk Larsen in Schwarz, frisch gebügeltes weißes Hemd, schwarze Krawatte. Telefonierte. Es ging um Thermosflaschen und Tische, belegte Brote und Getränke. Anton stolperte und stieß eine Vase um. Nannas letzte Blumen. Rosa Rosen, mehr Stiel als Blüte. Die beiden Jungs standen mit gesenkten Köpfen da. Warteten auf das Donnerwetter.
    »Geht in die Garage runter und wartet dort!« Ihre Sachen lagen auf dem Tisch. »Nehmt eure Jacken mit.«
    Im Radio kamen Nachrichten. Erstes Thema: Nannas Trauerfeier in der Johanneskirche. Als gehörte sie jetzt allen. Nicht mehr nur der Familie, die in dem hellen Licht vom Fenster her am Tisch gegessen und geglaubt hatte, nichts würde sich je ändern.
    »Viele Menschen haben sich eingefunden, um ihre Anteilnahme zu bekunden«, sagte der Sprecher. »Draußen vor der Kirche …«
    Birk Larsen schaltete das Radio aus. Versuchte, seine Gedanken zur Ruhe zu bringen. Rief: »Schatz?«
    Ein altes Wort. Eines, das er schon damals benutzt hatte, als Pernille noch ein Teenager mit einem frechen Mundwerk gewesen war, ungeduldig, auf Nervenkitzel aus. Auf einen flüchtigen Blick in die rauhe Welt außerhalb der Mittelschicht, der sie angehörte. Er sah sie noch deutlich vor sich. Sah auch sich selbst. Ein Rowdy, ein Dieb. Ein Ganove. Der dieses Leben allmählich satthatte. Nach festen Halt suchte. Es selbst sein wollte.
    »Schatz?«
    Sie war es gewesen, von Anfang an. Sie hatte ihn gerettet. Im Gegenzug … eine Familie. Ein Zuhause. Eine kleine Speditionsfirma, aus dem Nichts aufgebaut, sein Name an den Wagen. Es schien so viel. Alles, was er zu bieten hatte. Alles, was er zu geben hatte.
    Noch immer keine Antwort. Er ging ins Schlafzimmer. Pernille kauerte nackt auf dem Bett. Am rechten Oberarm, noch so leuchtend blau wie am ersten Tag, eine tätowierte Rose. Er erinnerte sich, wie sie in das Hippie-Studio in Christiania gegangen war. Sie hatten geraucht. Er hatte gedealt, was sie nicht wusste. Mit dem Tattoo hatte Pernille ihm gesagt: »Ich gehöre jetzt dir. Bin ein Teil deines Lebens. Ein Teil von dir.«
    Er hasste die Rose, hatte es ihr aber nie gesagt. Was er von ihr wollte, das waren Dinge, die sie für selbstverständlich hielt. Ihr Anstand, ihre Ehrlichkeit, ihre Integrität. Ihre unerschöpfliche Fähigkeit zu blinder, unerklärlicher Liebe.
    »Kommst du?«
    Das schwarze Kleid lag neben ihrer Unterwäsche auf dem Bett. Eine schwarze Tasche. Schwarze Strumpfhosen.
    »Ich weiß nicht, was ich anziehen soll.«
    Birk Larsen starrte auf die Kleider.
    »Ich weiß …«, begann sie.
    Ihre Stimme brach, Tränen traten ihr in die Augen. Er hörte sich innerlich schreien.
    »Aber es spielt keine Rolle, Theis, nicht wahr? Nichts spielt mehr eine Rolle.«
    Ihre Hände berührten ihr frisch gebürstetes kastanienbraunes Haar.
    »Ich kann nicht. Ich kann da nicht hin.«
    Er überlegte, so gut er konnte.
    »Vielleicht kann Lotte dir helfen.«
    Sie hörte ihn nicht. Ihre Augen waren starr auf den Spiegel gerichtet: eine nackte Frau mittleren Alters, deren Körper erschlaffte. Die Brüste hängend, der Bauch durch die Kinder gedehnt. Von Mutterschaft gezeichnet. So, wie es ein sollte.
    »Wir dürfen die Blumen nicht vergessen …«, murmelte sie.
    »Ja. Wir schaffen das.«
    Birk Larsen bückte sich, nahm das schwarze Kleid, hielt es ihr hin.
    »Wir schaffen das«, wiederholte er. »Okay?«
    Unten saß Vagn Skærbæk mit den Jungs. Keine rote Latzhose. Schwarzes Hemd, Silberkette, schwarze Jeans.
    »Es war nur eine Vase, Anton. Das ist doch nicht schlimm.«
    Birk Larsen hörte ihn, als er zwischen den Tischen und Stühlen durchging, das weiße

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