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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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versiegeln Sie die Räume. Und sorgen Sie dafür, daß ein Schutzmann über Nacht hierbleibt.«
    Â»Demnach denken Sie nicht daran, die Untersuchung fortzusetzen?« fragte der Friedensrichter.
    Â»Daran denke ich in der Tat nicht«, entgegnete der Untersuchungsrichter.
    Dann wandte sich letzterer an Monsieur Lecoq.
    Â»Nun, Herr Polizist«, fragte er, »haben Sie etwas Neues entdeckt?«
    Â»Ich habe mehrere wesentliche Fakten aufgedeckt«, erwiderte Monsieur Lecoq, »aber ich muß sie bei Tageslicht noch einmal überprüfen. Deshalb bitte ich den Herrn Untersuchungsrichter, noch bis morgen nachmittag auf meinen Bericht zu warten. Ich rechne übrigens dann damit, diese verwickelte Angelegenheit...«
    Monsieur Domini ließ ihn nicht aussprechen.
    Â»Aber ich sehe mitnichten Verwicklungen in dieser Angelegenheit«, unterbrach er ihn. »Im Gegenteil, alles ist klar und eindeutig.«
    Â»Ich dachte...«, gab Monsieur Lecoq zu bedenken. »Ich bedauere unendlich, Sie vorschnell und ohne erforderlichen Grund hierher bemüht zu haben«, erklärte der Untersuchungsrichter. »Jetzt habe ich die erforderlichen Beweise, um die beiden Verdächtigen anklagen zu können.« Vater Plantat und Monsieur Lecoq tauschten einen Blick, der ihre tiefe Verblüffung widerspiegelte.
    Â»Was!« konnte sich der Friedensrichter nicht enthalten auszurufen. »Sie haben neue Indizien?«
    Â»Etwas Besseres als Indizien«, erwiderte Monsieur Domini mit arrogant gekräuselten Lippen. »Das Tönnchen hat sich in Widersprüche verwickelt, als ich ihn zum zweitenmal verhörte. Er hat seine ganze Arroganz verloren. Mir ist es gelungen, ihn so in die Enge zu treiben, daß er zugegeben hat, die Mörder gesehen zu haben.«
    Â»Die Mörder!« schrie Vater Plantat. »Er hat gesagt: die Mörder.«
    Â»Jedenfalls hat er einen von ihnen gesehen. Noch schwört er, ihn nicht erkannt zu haben. Wie er meint. Aber in der Dunkelheit der Zelle wird er schon zu Vernunft kommen. Ich bin überzeugt, daß er morgen anders denkt.«
    Â»Und Guespin?« fragte der alte Richter besorgt. »Haben Sie Guespin auch noch einmal verhört?«
    Â»Was den betrifft«, sagte Monsieur Domini, »so ist alles gesagt.«
    Â»Hat er gestanden?« erkundigte sich Monsieur Lecoq überrascht.
    Der Untersuchungsrichter wandte sich halb zu dem Mann von der Präfektur um, als hielte er es für ungehörig, daß sich dieser in die Unterhaltung mischte.
    Â»Guespin hat nichts zugegeben«, antwortete er trotzdem, »aber seine Sache steht nicht zum besten. Unsere Schiffer sind zurückgekehrt. Sie haben den Leichnam Trémorels nicht gefunden. Sie vermuten, er wurde von der Strömung mitgerissen. Aber vorher haben sie noch in einem Rosengesträuch im Park den anderen Pantoffel des Comte gefunden. Und unter einer Brücke über der Seine, beachten Sie bitte den Fundort, unter der Brücke, eine Weste aus grobem Tuch, die voller Blutspuren war.«
    Â»Und diese Weste gehört Guespin?« fragten der Friedensrichter und der Polizeibeamte aus einem Mund.
    Â»Genau. Sie wurde von allen Angestellten des Schlosses identifiziert, und Guespin selbst hat freiweg zugegeben, daß sie ihm gehört. Aber das ist noch nicht alles...«
    Monsieur Domini hielt inne, als wollte er Luft holen, in Wirklichkeit hatte er jedoch die Absicht, Vater Plantat ein wenig auf die Folter zu spannen. Denn im Verlaufe ihrer Meinungsverschiedenheiten glaubte er im Gebaren des Friedensrichters eine gewisse Feindseligkeit – wenn auch gedämpft – gespürt zu haben; und da menschliche Schwächen selbst den Stärksten heimsuchen können, war er nicht ungehalten darüber, seinen Triumph auszukosten.
    Â»Das ist noch nicht alles«, sagte er ein weiteres Mal. »Die Weste hatte in der rechten Tasche einen klaffenden Riß. Ein Stück Stoff war herausgerissen worden. Und wissen Sie, wo dieser Stoffrest gefunden wurde?«
    Â»Aha«, murmelte Vater Plantat, »es ist das Stück, daß wir in der Hand der Comtesse entdeckt haben.«
    Â»Sie sagen es, Herr Friedensrichter, Sie sagen es. Nun, was halten Sie von diesem belastenden Beweis gegen den Verdächtigen?«
    Vater Plantat schien betroffen.
    Was Monsieur Lecoq betraf, der gegenüber dem Untersuchungsrichter bereits wieder die Haltung eines sein Gewerbe an den Nagel hängenden

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