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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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Hatte er ihn im Wald von Mauprévoir verloren? Er hatte überall nach ihm gesucht und ihn nicht gefunden.
    Wenn sie abends gemeinsam im Salon saßen, zwang er sich dazu, unbeschwert zu tun. Er machte Pläne für die Zukunft, damit kein Verdacht aufkommen sollte. Den Comte de Trémorel konnte er damit täuschen.
    Â«Clément geht es mit jedem Tag besser«, sagte er einmal zu Berthe.
    Sie verstand die Bedeutung dieses Satzes nur zu gut.
    Â»Sie denken demnach noch immer an Mademoiselle Courtois?«
    Â»Haben Sie mir nicht erlaubt zu hoffen?«
    Â»Ich habe Sie gebeten zu warten, Hector, und Sie tun gut daran, diese Sache nicht zu übereilen. Ich kenne eine Frau, die Ihnen nicht nur eine, sondern drei Millionen Mitgift einbringen würde.«
    Er war unangenehm betroffen. Denn natürlich dachte er ausschließlich an Laurence, und hier schien sich mit einemmal ein neuerliches Hindernis abzuzeichnen.
    Â»Wer ist diese Frau?«
    Sie beugte sich vor und flüsterte ihm ins Ohr:
    Â»Ich bin Cléments einzige Erbin. Er kann sterben, und dann bin ich Witwe.«
    Hector wurde es abwechselnd heiß und kalt.
    Â»Aber Sauvresy geht es doch gut«, antwortete er. »Gott sei Dank fühlt er sich bestens.«
    Berthe blickte ihn aus großen, kalten Augen an und sagte mit erschreckendem Gleichmut:
    Â»Was wissen denn Sie?«
    Trémorel wagte nicht, sich nach dem Sinn dieser Bemerkung zu fragen. Er gehörte zu jenen schwächlichen Naturen, die sich vor näheren Erklärungen scheuen, die sich willenlos von den Ereignissen treiben lassen, anstatt sich vor ihnen in acht zu nehmen, solange noch Zeit dazu ist. Aus Trägheit und Unentschlossenheit schließen sie die Augen vor drohender Gefahr und benennen eine klar umrissene und offenkundige Situation mit zweifelhaften und umschreibenden Worten.
    Eigenartig; obwohl er Berthe fürchtete und sie manchmal sogar verabscheute, empfand er trotz seiner Beklemmung ein wenig kindliche Genugtuung. Angesichts der Hartnäckigkeit und der Erbitterung, mit der sie um ihn kämpfte, maß er sich und seinen Verdiensten eine höhere Wertschätzung bei. Die arme Frau, dachte er, in ihrem großen Schmerz, mich zu verlieren und einer anderen zu überlassen, wünscht sie nun schon ihrem Mann den Tod.
    Seine Unfähigkeit, moralisch zu fühlen, brachte ihn gar nicht auf den Gedanken, das Abstoßende, ja Entsetzliche zu bemerken, das Madame Sauvresy vorhatte.
    Darüber hinaus strafte gerade ein Rückfall Sauvresys an diesem Tag die Zuversicht Trémorels Lügen. Dieser Rückfall trat nach einem Glas Chinarindenextrakt auf, den er seit einer Woche vor der Abendmahlzeit gewöhnlich zu sich nahm.
    Er klagte über entsetzliches Hautjucken, Schwindelgefühl und Zuckungen aller Glieder, hauptsächlich der Anne. Unerträgliche Nervenschmerzen ließen ihn manchmal aufheulen. Ein widerlicher und durch nichts zu lindernder Pfeffergeschmack bewirkte, daß er unaufhörlich den Mund öffnete und wieder zumachte. Er verspürte Angstgefühle, die sich auch durch größere Morphiumgaben nicht besserten und ihn daran hinderten, einzuschlafen. Und zu alledem fühlte er sich völlig entkräftet und klagte über zunehmende Kälte, die jedoch nicht von außen, sondern aus dem Körperinneren zu kommen schien, als wäre seine Körpertemperatur um einige Grade gefallen.
    Dabei hatte er keinerlei Fieber und war so klar bei Verstand wie noch nie. Trotz dieser schrecklichen Schmerzen kämpfte Sauvresy, so gut es ging, dagegen an. Niemals hatte er sich besorgter um die geschäftlichen Angelegenheiten seines immensen Besitzes gekümmert. Ständig verhandelte er mit irgendwelchen Geschäftsleuten. Ganze Tage schloß er sich mit Notaren und Advokaten in seinem Arbeitszimmer ein. Und war das nicht der Fall, dann kamen entweder seine Nachbarn und Freunde aus Orcival zu ihm, oder er schickte nach ihnen, denn, so versicherte er, wenn er keine Ablenkung hatte, spürte er die Schmerzen nur um so schlimmer.
    Dabei verlor er von alledem, was er tat, kein Wort, und Berthe, die nur auf Vermutungen angewiesen war, zeigte sich besorgt.
    Niemand hörte übrigens von Sauvresy jemals eine Klage. Sein Gespräch kreiste für gewöhnlich um Berthe und Hector. Er wollte, daß alle über ihre Fürsorglichkeit Bescheid wußten. Er nannte sie stets seine »Schutzengel« und segnete den Himmel,

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