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Das verfluchte Koenigreich

Das verfluchte Koenigreich

Titel: Das verfluchte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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erinnerst dich an ihn?«
    Tania nickte. »Ich habe in meinem Seelenbuch von ihm gelesen.«
    »Ach.« Rathina klang enttäuscht.
    »Nein, warte«, sagte Tania mit wachsender Aufregung. »Ich habe von meinen Strandspaziergängen mit ihm gelesen, als ich noch klein war – aber nichts darüber, was aus ihm geworden ist.« Sie sah Rathina an. »Ich habe nie gelesen, dass er gestorben ist und hier begraben wurde.«
    »Und woran ist er gestorben, Tania?«, fragte Rathina begierig. »Denk nach!«
    Tania kämpfte verzweifelt gegen ihre Gedächtnisblockade an. »Nein«, stöhnte sie schließlich, »ich kann mich nicht erinnern.«
    »Südliche Einhörner leben nur drei Jahre«, warf Rathina ein.
    »Ja, klar – er ist an Altersschwäche gestorben«, rief Tania. »Ich habe tagelang geweint.« Die Worte sprudelten jetzt nur so aus ihr hervor. »Und … und Hopie sagte, dass ich zum Trost ein anderes Einhorn bekäme, aber unsere Mutter wollte es nicht, weil sie nur so kurze Zeit leben. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, mich noch einmal so unglücklich zu sehen.« Tania drehte sich zu ihrer Schwester um. »Rathina – die Erinnerung an das alles kam ganz plötzlich, einfach so!«
    »Und was sonst noch?«, drängte Rathina. »Erinnerst du dich an das Lied, das wir immer gesungen haben? Die Ballade von der vollkommenen Liebe? Du hast die Laute gespielt und Zara das Spinett.«
    Rathina stimmte eine einfache Melodie an.
    Und er kommt in einem Mantel so rot,
    sein Haar so schwarz wie Rabenschwingen
    und er reitet auf einem schneeweißen Ross
    und Sporen aus Weißdorn trägt er am Schuh.
    In die nächste Strophe stimmte Tania mit ein.
    Und lachend hält er mich im Arm
    und mein Kopf liegt an seiner Schulter so warm
    und er duftet nach Wald und nach Heideland
    und küsst mich auf die Stirn so sanft.
    Und wir leben in einem Turm aus Stein
    und niemals wird er mich verlassen
    und seine Liebste nennt er mich
    und kämpft für mich mit wilden Drachen.
    Rathina sprang von der Balustrade. »Deine Erinnerung kehrt endlich zurück«, rief sie. »Das ist ja wunderbar!«
    Aber Tania schüttelte den Kopf. »Es sind immer nur Bruchstücke«, sagte sie. »Einzelne Fetzen … Es ist nicht anders als bisher. Als ich das erste Mal hier war, hab ich mich auch an ein Lied erinnert, das ich früher mit Zara gesungen habe, aber das war’s dann auch.«
    »Dennoch, Schwester – jede neue Erinnerung ist ein Fädchen im Wandteppich deiner Vergangenheit«, sagte Rathina. »Hab Geduld, irgendwann werden alle Lücken gefüllt sein.«
    »Aber das macht es nur noch schwerer«, seufzte Tania. »Je mehr ich mich an mein früheres Leben erinnere, desto schwieriger wird es. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Du musst deine Entscheidung nicht allein treffen, Tania – hier sind viele, die dich lieben und dir gern helfen möchten.«
    Tania lächelte matt. »Ja, ich weiß – und ich weiß auch, was die meisten von ihnen sagen würden: ›Bleib im Elfenreich.‹«
    »Und wäre das ein so schlechter Rat?«, fragte Rathina leise.
    »Das solltest du mal meine Eltern in London fragen«, murmelte Tania.
    Rathina runzelte die Stirn und schwieg.
    Tania nahm ihre Hand. »Ich muss mal eine Weile allein sein«, sagte sie. »Ist das okay?«
    Rathina nickte. »Ja, gewiss. Geh. Denke nach. Entscheide dich.« Sie drückte Tanias Hand. »Aber vergiss nicht, um was ich dich gebeten habe, liebste Schwester – wenn du dich für die Welt der Sterblichen entscheidest, musst du mich mitnehmen.«
    »Ja«, sagte Tania schnell. »Ja, klar, wenn du das wirklich willst.« Insgeheim fügte sie hinzu: Aber wenn du glaubst, du könntest deinen traurigen Erinnerungen entkommen, indem du dich in die Welt der Sterblichen flüchtest, dann bist du auf dem Holzweg.
    Sie lief die breite Treppe hinauf und ging durch die Tür, die in den Palast zurückführte. Die Kristalllüster klirrten im Wind, als sie die Tür hinter sich schloss.
    »Tania.«
    Erschrocken wirbelte sie herum. Es war Edric, der hinter ihr an der Wand lehnte.
    »Oh! Du hast mich erschreckt.«
    Edric lächelte nicht. »Tut mir leid. Das wollte ich nicht.«
    »Was machst du hier?«
    »Auf dich warten. Ich wollte dich allein treffen. Du hast mich nicht gesehen, aber ich war in der Nähe des Konklavesaals, als du …« Er hielt inne, und jetzt lächelte er beinahe. »… als du deinen großen Auftritt hattest.«
    »Dann weißt du ja, was los ist.«
    »Ja, ich habe alles gehört.«
    Tania verzog den Mund. »Und? Irgendwelche klugen

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