Das verfluchte Koenigreich
sie zu wehren.
»Hör auf, Rathina!«, schrie Tania. »Das ist schon okay. Sie tun uns nichts, sie wollten uns nur helfen.«
Rathina hob den Kopf und warf ihre dunklen Haare zurück.
»Niemand wagt es, Hand an eine Prinzessin zu legen«, rief sie entrüstet. »Ich schlage ihn zu Brei, diesen Bauernlümmel.«
»Rathina! Nein!« Tania lief zu ihrer Schwester und zerrte sie von dem Jungen weg.
Der Typ rappelte sich auf und starrte sie fassungslos an.
»Was war das denn, verdammt noch mal?«, schrie er. »Ich hab dir gerade das Leben gerettet, du blöde Kuh!«
Tania musterte ihre beiden Retter, die höchstens zwei oder drei Jahre älter sein konnten als sie. Beide trugen Jeans und T-Shirts, der eine hatte lange blonde Locken, der andere hatte glattes dunkles Haar, das ihm in die Augen hing.
Es waren zwei ganz normale Jungs, wie man sie überall auf der Welt traf.
»Tut mir leid«, sagte Tania. »Sie kann es nicht ertragen, wenn man sie anfasst.«
»Na toll«, schnaubte der dunkelhaarige Typ. »Wenn das so ist, lass ich sie das nächste Mal abstürzen.«
»Tut mir leid«, wiederholte Tania. »Ehrlich. Wir haben nicht gemerkt, dass wir so nah am Abgrund waren.«
»Aber das sieht man doch!«, warf der dunkelhaarige Junge ein. »Seid ihr blind, oder was? Und was sind das für abgefahrene Kostüme, die ihr da anhabt?«
Tania hatte gewusst, dass ihre Kleider in der Welt der Sterblichen auffallen würden. Sie trug immer noch das schlichte graue Elfengewand und Rathina ihr scharlachrotes Lieblingskleid, das an Mieder, Saum und den Ärmeln goldene Stickereien hatte.
Rathina funkelte die beiden Jungen an. »So sprichst du nicht mit einer Prinzessin, sonst zieh ich dir die Ohren lang, bis du die Glocken von Tamarin läuten hörst!«
»Rathina, vergiss nicht, wo du bist!«, flüsterte Tania.
Rathina starrte sie einen Augenblick an, dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Die Welt der Sterblichen!«, rief sie. »Ja, gewiss – ich bitte dich um Verzeihung, Tania. Ich werde versuchen mich fortan geziemender zu benehmen.«
Der blonde Junge lachte. »Fortan? Geziemender? Ach, jetzt weiß ich! Ihr kommt vom Mittelalter-Festival in Eastbourne, stimmt’s?« Er deutete auf Rathina, während er sich an Tania wandte: »Deine Freundin beherrscht den Slang ja perfekt, aber du musst noch an deinem Ausdruck feilen!«
»Und an deiner Stelle würde ich auch die Schultertasche weglassen«, fügte der dunkelhaarige Junge hinzu und deutete mit dem Kinn darauf. »Nicht gerade mittelalterlich, oder?«
Ein Mittelalter-Festival in Eastbourne? Fantastisch! Und in Eastbourne gab es einen Bahnhof, von dem man direkt nach London fahren konnte.
»Guter Tipp«, sagte Tania. »Und danke noch mal, dass ihr uns gerettet habt. Nächstes Mal passen wir besser auf. Ihr habt übrigens Recht – wir kommen vom Festival. Wir sind nur hierhergekommen, um uns ein bisschen umzusehen. Ziemlich gefährlich, was?«
»Ja, aber nur, wenn man nicht aufpasst, wo man hintritt«, sagte der blonde Typ. »Ich bin übrigens Oliver und das ist Luke.«
»Ich bin Tania und das ist meine Schwester Rathina.«
»Schwestern?«, sagte Oliver. »Ihr seht euch aber nicht sehr ähnlich.«
»Dennoch sind wir Schwestern«, sagte Rathina und musterte die beiden Jungs von oben bis unten. »Eure Gewänder sind sehr merkwürdig«, fuhr sie fort. »Doch gibt es gewiss vieles in eurer Welt, was mir seltsam erscheint.«
Oliver starrte sie verwirrt an.
»Rathina lebt ihre Rolle«, sagte Tania schnell.
»Wie auch immer«, murmelte Luke.
Rathina warf ihm einen irritierten Blick zu, sagte aber nichts.
»Wenn ihr noch nichts vorhabt, könnten wir doch in Eastbourne irgendwo Kaffee trinken gehen«, sagte Oliver. »Mein Auto steht gleich hinter dem Hügel.«
»Ihr seid mit dem Auto hier?«, fragte Tania. »Das ist super.«
Tania und Rathina standen auf einer Straße und winkten Olivers Auto nach.
»Und?«, fragte Rathina. »Wo treffen wir nun diese Jünglinge?«
Tania zog die Augenbrauen hoch. »Überhaupt nicht«, sagte sie, während sie ihre ec-Karte hervorkramte. »Wir holen uns jetzt ein bisschen Geld und dann nehmen wir den Zug nach London.«
Rathina runzelte die Stirn. »Aber hast du nicht diesem Oliver versprochen, dass wir uns später zu ihnen gesellen werden?«
»Ich habe gelogen«, gab Tania zu.
»Du hast gelogen?«, rief Rathina. »Tania, was ist mit deiner Ehre?«
»Wenn Jungs im Spiel sind, gibt es keine Ehre«, erklärte Tania energisch. »Da geht’s nur ums
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