Das verfluchte Koenigreich
Überleben. Aber mach dir keine Sorgen um die beiden – die finden schnell andere Mädchen, die ihnen Gesellschaft leisten.« Sie blickte sich auf der Straße um. »Hier, guck mal – da ist ein Secondhandladen. Vielleicht können wir unsere Kleider gegen was Unauffälligeres eintauschen.«
Die beiden Schwestern warteten, bis die Ampel wieder auf Grün schaltete, dann überquerten sie die Straße. Tania passte höllisch auf, dass sie keine metallenen Gegenstände streifte. Ihr Kopf dröhnte noch von der Fahrt in Olivers Auto, das ja nichts anderes als eine Blechbüchse war.
»Und vergiss nicht, Tania«, sagte Rathina, als sie die andere Straßenseite erreicht hatten, »du musst sehr vorsichtig sein – bei all diesen Dingen, die aus Isenmort sind.«
Tania nickte. Als könnte sie das je vergessen!
Aber seltsam war es schon. Bei ihrer letzten Reise in die Welt der Sterblichen hatte sie ihre Elfenschwestern vor dem Metall beschützen müssen – und jetzt reiste sie mit der einzigen Bewohnerin des Elfenreichs, die immun gegen die Gefahren des Isenmort war.
Tania und Rathina standen auf dem Bahnsteig von Eastbourne, wo praktisch alles aus Metall war. Ohne den Schutz des schwarzen Bernsteins war Tania in dieser Welt vollkommen hilflos.
Schon die Tür des Secondhandladens hatte sie nicht öffnen können, weil der Griff aus Metall war. Auch die Kleiderständer waren aus Metall und die Jeans, die sie ursprünglich nehmen wollte, hatte Metallnieten und einen Reißverschluss aus Metall, sodass sie nicht infrage kam. Am Ende hatte sie sich für ein schlichtes schwarzes T-Shirt und eine schwarze Hose mit Gummibund entschieden.
Rathina hatte sich eine rote Bluse und eine Jeans ausgesucht, was Tania überraschte, denn im Elfenreich trugen Frauen keine Hosen. Von den drei Schwestern, die das letzte Mal in die Welt der Sterblichen mitgekommen waren, war nur der Wildfang Cordelia bereit gewesen, eine Hose anzuprobieren. Sancha hatte es rundweg abgelehnt und Zara war von dem bloßen Gedanken schockiert gewesen.
Sobald sie ihre Kleider losgeworden waren, hatte Tania nach dem nächsten Geldautomaten gefragt. Die Tastatur war auch aus Metall, sodass Rathina die Pinnummer eintippen und das Geld aus der Stahlklappe nehmen musste.
Ein Passant hatte ihnen den Weg zum Bahnhof erklärt, und mit Rathinas Hilfe hatte Tania es geschafft, zwei Tickets nach London zur Victoria Station zu lösen.
Jetzt warteten sie auf dem überfüllten Bahnsteig auf die Einfahrt des Zuges.
In London wollte Tania sofort Connor Estabrooks Eltern anrufen, um nach seiner Adresse zu fragen. Soviel sie wusste, wohnte Connor zurzeit in einer WG mit ein paar anderen Medizinstudenten.
»Und wer ist nun dieser sterbliche Arzt, den du besuchen willst?«, fragte Rathina.
»Connor? Ach, den kenn ich schon mein ganzes Leben«, erklärte Tania. »Er ist drei Jahre älter als ich, und als wir noch klein waren, hat er immer mit mir gespielt. Aber später, als ich etwa elf war, wollte er nichts mehr von mir wissen. Das war schrecklich für mich, weil ich damals total verknallt in ihn war. Eine Zeit lang hab ich ihn gehasst, aber irgendwann war ich drüber weg, und in den letzten paar Jahren haben wir uns wieder ganz gut verstanden. Das letzte Mal hab ich ihn und seine Familie an Weihnachten gesehen.«
»Weihnachten?«
»Äh … das gibt es im Elfenreich nicht«, sagte Tania. »Hoffentlich ist seine Mum zu Hause und kann mir seine Handynummer geben. Und wenn wir ihn gefunden haben, müssen wir ihn nur noch dazu bringen, dass er uns hilft.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber frag mich nicht, wie ich das machen soll – ich hab nämlich keine Ahnung.«
»Aber du wirst ihn doch ins Elfenreich mitnehmen?«, fragte Rathina.
»Darauf wird es wohl hinauslaufen«, seufzte Tania. »Obwohl mir das gar nicht passt.«
»Fürchtest du, dass Hollin und Lord Aldrich ihm etwas antun könnten?«, fragte Rathina.
»Ja, vielleicht«, sagte Tania. »Wir müssen vorsichtig sein, Rathina. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ihm was passiert.« Sie schüttelte den Kopf. »Falls er überhaupt einwilligt, uns zu helfen.« Ungeduldig starrte sie die Gleise entlang. »Und falls dieser Zug jemals kommt!«
Auf der Uhr über dem Bahnsteig war es bereits drei Minuten vor zehn.
Na los doch! Wenn du es nicht schaffst, das alles bis morgen Früh auf die Reihe zu kriegen, schließt Oberon die Portale zwischen den Welten und dann stecken wir hier für immer fest.
Rathina stand stumm neben
Weitere Kostenlose Bücher