Das Verhängnis der Jedi-Ritter 03 - Abgrund
man sie niemals wieder vergessen.«
Luke legte die Stirn in Falten. »Falls ihr versucht, mich dazu herauszufordern, da reinzugehen, wird das nicht funktionieren.«
Ryontarr lächelte. Sein breiter Mund ließ gerade so die Spitzen seiner scharfen Zähne sehen. »Nun, ich schätze, dann können wir gehen«, erwiderte er. »Wo möchtet Ihr gern als Nächstes hin?«
Das war ein Bluff, und Luke wusste es. Doch wie Han gern zu ihm sagte, war der beste Moment, um zu bluffen, wenn man wusste, dass der andere Kerl einen nicht dazu zwingen konnte, seine Karten aufzudecken. Und Luke konnte seine Karten nicht aufdecken - nicht, wenn er herausfinden wollte, was Jacen hier widerfahren war.
Das bedeutete allerdings genauso wenig, dass er blind dort hineingehen musste.
Luke ließ seinen Blick zu Feryls geisterhaftem Antlitz schweifen. »Das, was mir von dort drinnen entgegenschlägt, ist Verlangen - rohe, ungezügelte Begierde.« Er setzte ein schiefes Lächeln auf. »Und ich bin jetzt in einem After, in dem intensive Gefühle dieser Art immer weitaus eher willkommen
als beängstigend sind.«
Feryl legte verwundert den Kopf auf die Seite und sah Ryontarr an, dessen amüsiertes Stirnrunzeln darauf hindeutete, dass die Gotal zumindest diesen bestimmten Aspekt des menschlichen .Alterungsprozesses teilten.
Ryontarr senkte gedankenversunken den Blick und schien damit zufrieden, so lange über Lukes Erwiderung nachzudenken, wie sie sein Interesse fesselte. Natürlich ließ sich unmöglich sagen, wie lange das sein mochte, da sich jeder Augenblick wie eine Ewigkeit anfühlte und eine Ewigkeit bloß einen Moment zu währen schien. Doch während des langes Marschs vom Quell der Kraft hierher war Luke aufgefallen, dass seine Begleiter anfingen, sich in langsamerem, bedächtigerem Tempo zu bewegen, als würden sie jeden Schritt durch diese sonderbare Dschungelwelt genießen und seien entschlossen, sich darum zu kümmern, dass Luke das ebenfalls tat.
Wann immer Luke wissen wollte, wie viel Zeit für seinen Körper mittlerweile verstrichen war, hatte er dieselben Versicherungen zu hören bekommen: dass die Macht seinen Leib bewahren würde, solange er fort war, und dass er es wissen würde, wenn er irgendetwas brauchte. Auf dem Thema herumzureiten, machte die Sache nur schlimmer. Sie schlugen einfach vor, dass er zu seinem Körper zurückkehren solle, wenn er sich so sehr um ihn sorgte, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Außerdem merkten sie an, dass es den Aufenthalt der Skywalkers um mehrere Tage verlängern würde, wenn er diese Reise unternahm - das sei allerdings nicht weiter problematisch, versicherten sie ihm, da Zeit schließlich nichts anderes als eine Illusion sei.
Letzten Endes war Luke klar geworden, dass ihm kaum eine andere Wahl blieb, als weiterzumachen, bis sein Argwohn und das Gefühl drohender Gefahr zu stark wurden, um sie noch länger zu ignorieren, oder bis er erfahren hatte, weswegen er hergekommen war. Je mehr Zeit er mit Ryontarr und Feryl verbrachte, desto mehr wuchs seine Überzeugung, dass der Schlüssel zu Jacens Untergang irgendwo jenseits der Schatten verborgen lag - und dass es zweifellos angemessen war, einige Risiken auf sich zu nehmen, um dieses Geheimnis zu ergründen.
Schließlich sah Ryontarr ihn wieder an. »Vielleicht fürchtet Ihr nicht das, was Ihr fühlt, wie Ihr sagt. Vielleicht fürchtet Ihr die Ursache dessen, was Ihr fühlt.«
»So alt bin ich noch nicht«, meinte Luke. »Die Ursache für dieses Gefühl ist schlichtweg darin begründet, dass ich ein Mensch bin. Und ich habe bereits aufgehört, Angst vor natürlichem Verlangen zu haben, als ich noch Feuchtfarmer auf Tatooine war, als Jugendlicher.«
»Natürlich«, stimmte Ryontarr zu. »Aber Ihr seid auch ein Mensch, der vor nicht allzu langer Zeit seine Frau verlor.«
Luke runzelte die Stirn. »Du denkst, ich habe Angst davor, dass es Mara ist, die ich da drin wahrnehme?«
»Ist dem so?«, wollte Ryontarr wissen.
»Natürlich nicht.«
Luke wollte hinzufügen, dass er sofort in die Höhle gehen würde, wenn er glaubte, Mara dort wiedersehen zu können. Als er seine Aufmerksamkeit jedoch wieder dem Verlangen zuwandte, das aus der Grotte drang, der ungestümen, egoistischen Gier, die ihn hineinzuziehen versuchte, gab ihm das zu denken. Die Mara, die er kannte, wäre niemals so fordernd gewesen, wäre nie so egoistisch und verzweifelt gewesen. Allerdings war die Mara, die er kannte, tot - was auch immer das wirklich
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