Das verhaengnisvolle Rendezvous
wütend darüber, dass er es doch tatsächlich geschafft hatte, sie zu beunruhigen. Dennoch ging Natalie ihren Geschäften wie üblich effizient und mit kühlem Kopf nach. Gleich nachdem sie im Büro angekommen war, beauftragte sie ihre Assistentin, sich um Handwerker und eine Reinigungsfirma zu kümmern. Sobald Ry seine Einwilligung erteilt hatte, sollten die Leute anfangen. Dann telefonierte sie mit den Niederlassungen in Atlanta und Chicago. Als Nächstes stand ein Anruf in Colorado auf ihrer Checkliste. Sie musste dieses neue Problem ihrer Familie gegenüber so weit wie möglich herunterspielen.
Ungeduldig betätigte sie die Gegensprechanlage auf ihrem Schreibtisch. »Maureen, ich warte schon seit einer halben Stunde auf die Liste, was ist los?«
»Ja, ich weiß, Miss Fletcher. Die Leute vom Einkauf arbeiten noch daran.«
»Sagen Sie ihnen«, Natalie schluckte die scharfen Worte, die ihr auf der Zunge lagen, hinunter und bemühte sich, ruhig zu bleiben, »sagen Sie ihnen, die Liste hat oberste Priorität. Danke, Maureen.«
Daraufhin lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen. Ruhe bewahren, sagte sie sich. Wer nervös ist, macht Fehler. Wenn sie die vielen Meetings, die heute noch anstanden, auch nur einigermaßen gelassen hinter sich bringen wollte, musste sie sich zusammennehmen. Sie massierte sich ihren verspannten Nacken.
Es klopfte. Sie straffte die Schultern und setzte sich aufrecht hin. »Ja, bitte?« Melvin steckte den Kopf durch die Tür.
»Hast du einen Moment Zeit?«
»Ja. Komm rein.«
»Ich hab dir was mitgebracht.« Er stellte ein Tablett auf den Tisch. Ein Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie sah, was sich darauf befand.
»Wenn das Kaffee ist, hast du dir einen dicken Kuss verdient.«
Er strahlte übers ganze Gesicht und kicherte verlegen. »Nicht nur Kaffee, sondern auch Geflügelsalat. Du musst etwas essen, Natalie.«
»Mmmh, lass mal sehen.« Sie setzte sich neben ihn auf die Couch »Ich bin total ausgehungert. Ach, du bist wirklich ein Schatz, Melvin.«
»Ich hab mir gedacht, eine Pause würde dir guttun.« Er fingerte an seiner roten Fliege herum und rückte seine Brille gerade. »Würde uns guttun.«
Natalie seufzte leise und atmete den Duft des frischen Kaffees ein, während sie erst Melvin und dann sich eine Tasse einschenkte.
»Hast du ein bisschen Zeit, um mir über die neueste Katastrophe zu berichten?«
»Es hätte schlimmer ausgehen können.« Sie unterdrückte den Wunsch, aus den Schuhen zu schlüpfen und die Beine hochzulegen, während sie aß. »Soweit ich es auf den ersten Blick beurteilen kann, werden die Probleme schnell behoben sein. Diesmal hat’s nur das Büro erwischt, und von unserem Warenbestand ist alles heil geblieben.«
»Gott sei Dank«, erwiderte er erleichtert. »Ich möchte nämlich wirklich bezweifeln, dass ich ein zweites Mal so viel Charme hätte aufbieten können, um die Kollegen zu überreden, etwas von ihren Sachen herauszurücken.«
»Unnötig«, brachte sie zwischen zwei Bissen hervor. »Diesmal haben wir Schwein gehabt, Melvin, aber …«
»Aber?«
»Hinter diesen Anschlägen steckt System, Melvin. Sie sind eindeutig gegen mich gerichtet. Irgendjemand will verhindern, dass Lady’s Choice ein Renner wird.«
Stirnrunzelnd legte er ihr das Stück Entenbrust, das er auf der Platte zerteilt hatte, auf den Teller. » Unforgettable Woman ist unser schärfster Konkurrent.«
»Ich habe auch schon daran gedacht. Doch irgendwie passt das überhaupt nicht zusammen. Die Firma ist seriös und besteht seit fünfzig Jahren. Und sie steht auf festen Füßen. Es ist einfach nicht vorstellbar, dass sie derart miese Tricks anwenden würden.« Sie seufzte. So unlieb es ihr auch war, sie musste Melvin über das, was ihr im Kopf herumspukte, ins Bild setzen. »Ich tippe eher darauf, dass es ein Insiderjob ist. Eine scheußliche Angelegenheit, aber eine andere Erklärung habe ich eigentlich nicht. Wenn ich nur daran denke, wird mir ganz elend.«
»Du meinst, einer von unseren Leuten …« Ihm war der Appetit vergangen.
»Es ist eine Möglichkeit, die wir auf jeden Fall in Betracht ziehen müssen. Wir können sie nicht einfach übersehen.« Sie hatte ihren Teller leer gegessen und schenkte sich jetzt gedankenversunken noch eine Tasse Kaffee ein. »Ich überlege, ob ich nicht ein Vorstandsmeeting einberufen soll.« Ja, das würde sie tun.
»Die meisten deiner Spitzenleute arbeiten seit Jahren für Fletcher
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