Das verhaengnisvolle Rendezvous
Wohnung einzuschlagen. Sogar einen Schlüssel besaß er mittlerweile.
Das meiste, was sie inzwischen übereinander wussten, hatten sie per Zufall entdeckt. Oder durch genaue Beobachtungsgabe.
Immer, wenn sie abends nach Hause kam, schlüpfte sie als Erstes aus ihren halsbrecherisch hohen Pumps und ließ sich ein duftendes Schaumbad ein. Das Wasser war stets zu heiß, doch das liebte sie, und das unvermeidliche Glas Sekt stand neben ihr auf dem weißen Wannenrand.
Sie schlief in hauchzarten seidenen Nachthemden und belegte immer alle Bettdecken mit Beschlag. Punkt sieben summte jeden Morgen der Wecker. War er nicht schnell genug, um sie noch einen Moment festzuhalten, sprang sie innerhalb von Sekunden aus dem Bett.
Sie war zuverlässig und smart und stark.
Und er war in sie verliebt.
Ry lehnte sich zurück und schloss die Augen. Ein Problem, dachte er. Sein Problem. Sie hatten ein stilles Abkommen getroffen. Keine Fesseln.
Es war das, was er wollte.
Und alles, was seiner Meinung nach drin war.
Es gab zu viele Unterschiede zwischen ihnen. In jeder Beziehung. Bis auf eine. Die körperliche Anziehungskraft, die sie zusammengeführt hatte, war nach wie vor ungebrochen. Doch wie intensiv auch immer sie sein mochte, sie konnte nicht alles andere überdecken. Zumindest nicht auf längere Sicht.
Und das bedeutete, dass das Ganze auf längere Sicht gesehen nicht gut gehen konnte.
Er beabsichtigte, die Beziehung so lange aufrechtzuerhalten, wie die Brandermittlungssache andauerte. Doch dann wollte er die Angelegenheit so schnell wie möglich beenden. Er musste es tun.
Und um ihnen beiden eine Enttäuschung zu ersparen, beschloss er jetzt, dass es das Beste wäre, sich jetzt schon ein klein wenig zurückzuziehen. Dann würde ihnen die unvermeidliche Trennung, die vor ihnen lag, leichter fallen.
Er stand auf und warf sich sein Sakko über. Er hatte einen Entschluss gefasst. Heute Abend würde er nicht zu ihr gehen. Schuldbewusst schielte er zum Telefon hinüber und überlegte, ob er ihr nicht fairerweise wenigstens Bescheid sagen sollte. Irgendeine Ausrede würde ihm schon einfallen.
Nein, entschied er dann und drehte das Licht aus. Schließlich war er nicht ihr verdammter Ehemann.
Und würde es auch niemals sein.
Von einer inneren Unruhe getrieben, hielt Ry vor Natalies Geschäft. Rastlos war er lange Zeit kreuz und quer durch die Stadt gefahren.
Er saß hinterm Steuer, in Kopf und Bauch ein Gefühl von Leere, und bemühte sich, jedem Gedanken an sie aus dem Weg zu gehen.
Was er natürlich nicht schaffte.
Wahrscheinlich fragte sie sich, wo er blieb. Und warum er nicht wenigstens anrief. Wieder begann das Schuldbewusstsein an ihm zu nagen. Ein Gefühl, das er am allerwenigsten mochte. Es war nicht richtig, derart rücksichtslos zu handeln. Sie zu verletzen nur deshalb, weil ihm plötzlich Bedenken gekommen waren.
Vielleicht wollte er die Sache einfach nur beenden. Er wusste es nicht, er bekam einfach seine Gedanken und Gefühle nicht mehr auf die Reihe.
Das Mindeste, was er tun musste, war, sie anzurufen und ihr zu sagen, dass er heute Abend keine Zeit hatte.
Mit einem leisen Fluch auf den Lippen griff er zum Hörer des Autotelefons und begann ihre Nummer zu wählen.
Doch was war das? Ein Geräusch? Langsam, während seine Augen versuchten, das Dunkel zu durchdringen, legte er den Hörer zurück. Ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass der Streifenbeamte, den er beauftragt hatte, in den nächsten zehn Minuten seine Runde gehen würde.
Kein Grund zur Besorgnis. Er beschloss, in der Zwischenzeit selbst nach dem Rechten zu sehen.
Lautlos öffnete er die Wagentür und glitt hinaus. Nichts war zu hören außer dem schwachen Rauschen des Verkehrs zwei Häuserblocks weiter. Ohne ein Geräusch zu verursachen, ging er noch einmal zu seinem Wagen zurück, um eine Taschenlampe zu holen.
Doch er knipste sie nicht an. Noch nicht, entschied er. Seine Augen hatten sich bereits gut genug an die Dunkelheit gewöhnt, er konnte alles, was nötig war, erkennen.
Während er um das Gebäude herumging, überprüfte er jede Tür und die Fenster des Erdgeschosses.
Da hörte er es wieder. Das knirschende Geräusch von Schritten. Ry umfasste die Taschenlampe fester. Ein Schatten. Geräuschlos glitt er hinüber. Wenn es die Streife war, würde er dem Mann den Schreck seines Lebens einjagen. Wenn nicht …
Ein Kichern. Leise und erfreut.
Ry ließ seine Lampe aufleuchten und blickte in Clarence Jacobys schreckgeweitete
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