Das Verhör
irgendwie komisch zumute?«, fragte Danny.
»Und ob«, sagte Jason. »Ich weiß nämlich gar nicht, was ich sagen soll. Ich meine, ich hab an dem Tag nichts Ungewöhnliches bemerkt.«
Danny schüttelte den Kopf. »Ich meine, wegen Alicia Bartlett. Weil du doch der Letzte warst, der sie lebend gesehen hat.«
Jason runzelte überrascht die Stirn. Ihm war nicht klar gewesen, dass sein Besuch bei Alicia am Montag inzwischen allgemein bekannt war. Redet er deshalb mit mir?, fragte sich Jason. Aus Neugier, weil er Insider-Informationen haben will?
»Einer der Letzten, die sie lebend gesehen haben«, berichtigte Jason ihn.
Danny senkte die Augen und wurde rot. Dabei schien es, als erwachte seine Akne zum Leben. Die wunden Stellen auf seiner Haut traten noch stärker hervor.
»Entschuldige«, sagte er. »Das wollte ich damit sagen.«
Gleichzeitig merkte Jason, dass die Sportskanonen zu ihm hersahen, dass ihre Blicke auf ihm ruhten. Ihm wurde unbehaglich zumute. Er stand nicht gern im Mittelpunkt. Deshalb meldete er sich auch nie im Unterricht. Er spürte, wie jetzt ihm die Hitze in die Wangen schoss, und war nur froh, dass ihm wenigstens Pickel erspart geblieben waren.
Es herrschte wieder Stille. Jimmy Orlando klappte sein Buch zu, blieb aber weiter an die Wand gelehnt stehen. Die Sportskanonen wandten dem Raum wieder den Rücken zu und sahen zum Fenster hinaus. Danny starrte an Jason vorbei, auf irgendetwas, was sich offenbar hinter seiner Schulter befand. Im Zimmer wurde es plötzlich kälter, als wäre die Klimaanlage hochgedreht worden.
Schließlich ging die Tür auf und Lieutenant Braxton kam herein. Immer noch so hager, dünn und angespannt, als bestünde er aus Draht anstatt aus Knochen und Muskeln.
»Ich bin Lieutenant Braxton und wir können jetzt loslegen, Jungs«, sagte er in seiner energischen, sachlichen Art. »Wir wissen eure Bereitschaft zur Mitwirkung sehr zu schätzen und hoffen, dass wir auf wichtige Informationen stoßen - Informationen, von denen ihr noch nicht mal wisst, dass ihr sie habt.«
Er sah sie alle der Reihe nach an. Zuletzt ließ er den Blick auf Jason ruhen. Ihm war nicht anzumerken, ob er ihn wiedererkannte.
»Und so ist der Ablauf.« Er holte einen Notizblock aus der Jackentasche und klappte ihn auf. Die Augen auf den Block geheftet, sagte er: »Vernehmungsspezialisten werden euch befragen. Zwei von euch, John O'Shea und Timothy Connors, werden gemeinsam befragt, weil ihr den größten Teil des Tages zusammen wart. Die anderen werden einzeln vernommen.« Er schaute auf und sagte: »Der Zeitfaktor ist von entscheidender Bedeutung, meine Herren, also fangen wir an.« Dann zog er wieder seinen Block zurate und fügte hinzu: »Als Erster ist Jason Dorrant dran.«
Er schwenkte den Blick zu Jason hinüber und zeigte zum ersten Mal, dass er ihn schon kannte. »Okay, Jason, ich bring dich zu deinem Experten.« An die anderen gewandt, sagte er: »Ich bin gleich wieder da.«
Jason folgte Lieutenant Braxton aus dem Büro und fragte sich dabei erneut, ob es ein Fehler gewesen war, hierher zu kommen.
Als Trent in die Limousine einstieg und ihn plötzlich der kalte Luftstrom der Klimaanlage umfing, stellte er überrascht fest, dass eine junge Frau auf der Rückbank saß.
»Ich heiße Sarah Downes und arbeite bei der Bezirksstaatsanwaltschaft in Wickburg«, verkündete sie. »Lieutenant Braxton hat mich gebeten, Sie nach Monument zu begleiten und Ihnen weitere Hintergrundinformationen zu vermitteln.«
»Das war sehr freundlich von Braxton«, sagte Trent und verbarg sein Entsetzen und seine Verärgerung. Er mochte keine Überraschungen, weder in seinem Privatleben noch bei seinen Verhören. Er war von einer langen, ruhigen Fahrt ausgegangen, bei der er allein war und seinen Gedanken nachhängen konnte, um die Vorgehensweise, die er anwenden wollte, noch einmal durchzuspielen. Aber immerhin würde es später Zeit sparen, wenn er jetzt persönlich instruiert wurde. Und bei Verhören spielte der Zeitfaktor immer eine Rolle.
»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus«, sagte Sarah Downes. »Ich habe die Abschriften Ihrer Tonbandaufzeichnungen gelesen und mir Ihre Kassetten angehört. Das hat mir bei meinen eigenen Vernehmungen geholfen.« Sie zögerte, als wollte sie noch etwas hinzufügen, entschied sich dann aber dagegen.
»Danke«, sagte Trent und lehnte sich zurück, während die Limousine gleichmäßig dahinfuhr. Die getönten Fensterscheiben schotteten sie von der übrigen Welt ab. Der Fahrer
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