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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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ignorieren oder zu töten, wie alles andere, das nicht sein durfte. Und Herr Sieghold wollte auf keinen Fall sehen, was nicht sein durfte – dann fiel es ihm leichter, es auch weiterhin aus seinen Gedanken zu sperren.
    Ben sei fortan unsichtbar, hatte der Hohe Abt befohlen, und die beiden Ritter bemühten sich nun wohl, diesen Worten Folge zu leisten; nur dass Herr Rotheisen einen schwächeren Willen besaß.
    Ben sah wieder zu Blutklaue und dann durch das große Fenster hinaus in die Nacht, wo es noch immer regnete. Plötzlich bemerkte er im schwachen Schein der Stalllampe ein schmales, regenüberströmtes Gesicht neben dem Fenster. Es gehörte einem Jungen in Knappentracht, der sich an die Wand presste, ganz geschickt außerhalb der Sichtweite seiner beiden Wächter. Es war Akse, und er starrte neugierig herein, sah auf Bens Hände und ihm direkt in die Augen. Dann zog er sich zurück. Wie lange hatte er ihn beobachtet? Etwa seit er von den beiden Rittern vertrieben worden war? Grübelnd heilte Ben weiter.
    »Ich bin gleich fertig«, sagte Ben eine halbe Stunde später laut, damit ihn auch jemand vor dem Fenster hören konnte. Falls Akse noch immer dort stünde, wollte er ihn warnen, dass sie nun rauskämen.
    »Kein Grund herumzubrüllen«, knurrte Herr Sieghold. »Unsichtbar zu sein bedeutet auch, unhörbar zu sein.«

    Stumm nickte Ben und erhob sich langsam. Zum Abschied strich er dem Drachen noch einmal über beide Schulterknubbel, dann folgte er den Rittern zurück in seine Zelle. Unterwegs hoffte er, dass irgendwem im Kloster der geheilte Drache auffallen würde. Und der könnte sich fragen, wie das geschehen war. Dass Ben unsichtbar sein sollte hieß nicht, dass seine Taten es auch waren.
    Am nächsten Morgen wurde Ben von einer Zeremonie unweit seiner Zelle geweckt, die sich direkt an das Morgengebet anschloss.
    »So wie sich die Sonne jetzt am Horizont erhebt, so möge sich Hellwahs Kraft erheben und in den Körper seines geschundenen Geschöpfs dringen«, intonierte der Hohe Abt. »Möge er den armen Blutklaue heilen und ihm neue Gesundheit schenken.«
    Während die Ritter anschließend eine gemeinsame Hymne sangen, dachte Ben zähneknirschend, was für ein raffinierter Bursche der Abt doch war. Indem er sich mit Bens Heilkräften schmückte, unterdrückte er alle Fragen zur Genesung des Drachen, bevor sie aufkeimen konnten. Auf diese Weise würde er wohl auch kommende Heilungen erklären. Solange nur zwei treue Ritter Bescheid wussten, war dieses Geheimnis sicher. Da fiel Ben ein, dass auch Akse von ihm wusste, und er lächelte. Ein ungehorsamer Knappe.
    Wenn Khelchos das wüsste, wäre er sicherlich nicht erfreut.
    Ben war überzeugt, dass der Abt gewollt hatte, dass er das Gebet um Heilung gehört hatte. Damit Ben wusste, er hatte alles im Griff. Denn obwohl er Ben benutzte, er wollte ihn
auch demütigen und ihm zeigen, dass es kein Gerede über plötzliche Heilungen geben würde. Alles würde Hellwahs Gnade zugeschrieben.
    Und ebenso sollte er bestimmt den Unterricht hören, der nachmittags vor seinem Fenster stattfand, bei dem ein Ritter die Geschichte des Ordens vortrug und die Legende, wie Samoth die unschuldigen Drachen mit Flügeln verflucht hatte. Ben sollte mit der Wahrheit des Ordens gefüttert werden. Zum Ende des Unterrichts sprachen die Knappen im Chor:
    Heil dem höchsten Gotte Hellwah,
Sonne und Licht in der Höh,
Und heil dir, Chillos,
Ordensgründer und Held.
Mögen euer Glanz und euer Beispiel uns leiten,
Durch den heutigen Tag,
Dunkle Zeiten,
Und immerdar.
    Laut und inbrünstig sprachen sie und so eindringlich, dass sich die Worte in Bens Kopf festsetzten. Angewidert schüttelte er sich und dachte an Anula und seine Freunde und alles Schöne, was ihm in den Sinn kam. Dann wartete er auf die Dunkelheit.
    Zwei Nächte ging es so. Er wurde hinausgeführt und durfte ein frisch durchstochenes Auge und eine eiternde Brustwunde heilen, während die Schwellung auf seinem Arm ohne fremde Hilfe zurückging. Am Morgen erklang dann das vom Abt gesprochene Gebet, und die Ritter priesen Hellwah anschließend laut und leidenschaftlich. Den
Drachen schien es also gut zu gehen. Und Khelchos genoss bestimmt das Loblied, das ihm ebenso galt wie dem Sonnengott. Ben wusste, dank seiner Hilfe hielten sie Khelchos nun für einen Auserwählten und folgten ihm sicherlich überallhin. Ben hatte ihn größer gemacht, als er war. Ohne es zu wollen, hatte er dem Orden einen Helden geschenkt. Er fluchte.
    Später

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