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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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korrigierte Yanko.
    »Sehr lustig«, knurrte Aiphyron.
    »Nein, im Ernst«, sagte Marmaran. »Wir können wirklich schauen, dass wir hier und da ein wenig aushelfen. Den Bauern beim Pflügen, Fischern beim Angeln und so weiter. Sie sollen alle sehen, dass wir nicht böse sind.«
    »Und Jägern beim Jagen«, ergänzte Feuerschuppe.
    »Klar, das beruhigt die Menschen ungemein.« Yanko lachte. »Ein großer Drache, der blitzschnell ein Tier reißt. Und dann mit blutigen Zähnen sagt, er sei ganz freundlich und komme in Frieden.«
    »Ach, halt die Klappe!«, brummte Juri. »Sonst schmeiß ich dich noch ganz freundlich und in Frieden runter.«
    Sie flogen hoch über der Erde, sodass sie von unten nicht erkannt werden konnten. Ben zeigte allen die verlassene Bucht, eine halbe Wegstunde vor Rhaconia gelegen, die zu ihrem geheimen Treffpunkt geworden war. »Wer mich auch abholt, das ist der sicherste Ort, um in Ruhe aufeinander zu warten.«
    Sie beschlossen, dass jeden Abend nach Dunkelheit ein Drache dorthin fliegen würde, um nachzusehen, ob Ben da war. Ansonsten würden sie die Dörfer der Umgebung abklappern, sich umhören und die Wahrheit verbreiten. Und hier und da ein wenig zur Hand gehen.
    »Sollen sich aber bloß nicht daran gewöhnen, die Menschen«,
brummte Juri. »Ich werde ganz bestimmt nicht die nächsten zweihundert Jahre irgendwo den Knecht spielen.«
    Ben würde derweil herauszufinden versuchen, ob der Orden irgendwelche Schwachpunkte hatte, wie man ungesehen ins Kloster gelangen konnte und ihn weiter lächerlich machen, und ob sie vielleicht sogar die Blausilberklingen der Ritter stehlen und vernichten konnten. Ohne diese Klingen konnte keinem Drachen ein Flügel abgeschlagen werden.
    »Dann finde doch auch heraus, wer sie schmiedet. Dafür braucht man Faystos Feuer aus dem Vulkan Arknon – nur dieses ist heiß genug, um das harte Blausilber zu schmieden«, schlug Yanko vor. »Mein Vater hatte so eines in seiner Schmiede, und er war schrecklich stolz auf diese angeblich nie verlöschende Glut. Ein bisschen Wasser langt dafür nicht, das weiß ich, das habe ich im Zorn ausprobiert, als er mich wieder einmal geschlagen hatte. Ich dachte, wenn er neues holen müsste, wäre er wochenlang weg und ließ mich in Ruhe. Na ja, wie gesagt, es hat nicht geklappt. Aber vielleicht finden wir ja doch einen Weg. Dieses nie ist bestimmt eine Übertreibung.«
    »Das sind nie und immer immer«, dozierte Nica und blickte dann irritiert, als ihr bewusst wurde, selbst immer verwendet zu haben.
    »Aber pass auf dich auf«, sagte Anula und sah Ben eindringlich an.
    »Klar«, versprach Ben, obwohl er und auch Anula wussten, dass er sich daran nicht halten würde.
    Nach kurzen Abschiedsworten schraubten sich Juri, Feuerschuppe und Marmaran noch höher in den Himmel, um möglichst unbeachtet über Rhaconia hinwegzufliegen und weiter im Nordwesten nach Dörfern zu suchen. Aiphyron
trug Ben ein Stück hinaus aufs Meer, tauchte dort hinab und brachte ihn schwimmend zurück an Land. Außerhalb der Sichtweite von Rhaconia und jeder anderen Siedlung, sodass dort keiner seine Flügel erkennen konnte. Mit kräftigen Zügen erreichten sie die Bucht.
    »Danke«, sagte Aiphyron zum Abschied.
    »Wofür?«
    »Was du für die Drachen tust.«
    »Keine Ursache.« Ben grinste unbeholfen. »Hängt wohl mit meiner Gabe zusammen. Ich mach das gern.«
    Aiphyron legte sich in den Schatten der ersten Bäume; zurückfliegen würde er erst in der Dunkelheit. Ben stapfte davon.
    Am frühen Abend erreichte er Rhaconia, und tatsächlich erkannte ihn der Torwächter wieder und grüßte ehrerbietig. Ben nickte ihm huldvoll freundlich zu, wie er es bei Finta Dogha gesehen hatte. An diese Art der Ehrerbietung könnte er sich gewöhnen. Die anderen Wächter starrten ihn dagegen misstrauisch an, bis der Erste ihnen etwas zuraunte, wahrscheinlich, dass er ein Gast und Freund von Finta Dogha sei. Sofort straffte sich ihre Haltung, glätteten sich ihre Züge.
    Die Straßen waren ebenso belebt wie bei seinem letzten Besuch, und doch hatte sich die Stimmung in der Stadt verändert. Noch immer wurde im Hafen viel geflucht und auch gelacht, doch alles wirkte gedämpft. Es patrouillierten deutlich mehr Wächter als am Vortag durch die Straßen, und ihre Gesichter waren ausnahmslos verschlossen oder drohend. Sie sagten nichts, es sei denn, sie verlangten von einem Fremden, er möge seine Tasche öffnen oder ihnen den Karren
oder Wagen für eine Durchsuchung überlassen.

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