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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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unverschlossenen Schublade. Sie hätten jederzeit die Gelegenheit gehabt, einen Blick hineinzuwerfen. Haben Sie es getan?«
    »Nein, wie oft soll ich es noch betonen?«, erwiderte sie erregt. »Sein Zimmer war für mich tabu. Er hat mir verboten, es zu betreten, es sei denn, er wollte etwas von mir. Er hätte doch sofort gemerkt, wenn ich etwas angefasst hätte. Ich höre von diesem Testament heute zum ersten Mal. Bitte, glauben Sie mir!«
    »Das würde ich gerne«, sagte Hellmer ruhig, »aber es ist schon merkwürdig, dass …«
    »Ja, es ist tatsächlich merkwürdig. Ich verstehe das nicht«, stammelte sie und ließ sich aufs Sofa fallen. »Er hat nie davon gesprochen. Frau Durant, ich habe Ihnen doch gesagt, dass er bei der Geburt unseres Sohnes ein Testament verfasst hat, nachdem Markus, wenn er fünfundzwanzig ist, das Geschäft erbt. Was ich bekommen sollte, wusste ich bis jetzt nicht. Rolf hat nur gemeint, für mich wäre schon gesorgt. Aber das …«
    »Frau Lura, mir scheint, Ihr Mann war doch nicht so schlimm, wie Sie uns weismachen wollten …«
    »Ich habe Ihnen nichts weisgemacht«, entgegnete sie mit Tränen in den Augen. »Von mir aus können Sie diesen ganzen Kram zerreißen, ich will nichts von dem Geld. Ist das jetzt der Beweis, den Sie gesucht haben, um mich zu verhaften?«
    Julia Durant packte Hellmer am Arm und forderte ihn mit festem Griff auf, ihr in den Nebenraum zu folgen. »Frank, halt dich bitte zurück. Auch wenn du jetzt furchtbar sauer bist, aber ich glaube ihr. Die hatte bisher nicht den blassesten Schimmer von diesem Zeug. Und wenn, dann hätte sie es, vorausgesetzt, sie hat ihren Mann umgebracht, diesem Dr. Becker gegeben, der es versiegelt hätte, um es dann bei der Testamentseröffnung ganz offiziell zu präsentieren. Es kann sein, dass die beiden etwas miteinander haben, beweisen kann ich es noch nicht, aber gerade dann wäre es logisch, wenn diese Papiere in dem Moment, in dem ihr Mann verschwunden ist, bei seinem Anwalt gelandet wären. Kannst du mir folgen?«
    »Ich bin ja nicht blöd«, antwortete er mit düsterem Blick und fuhr sich mit einer Hand übers Kinn. »Trotzdem, ein Restzweifel bleibt. Ich traue der Sache nicht. Ich komm mit der Frau einfach nicht klar …«
    »Deswegen überlässt du sie bitte ab sofort mir. Okay? Ich hab auch Schwierigkeiten, an sie ranzukommen, aber vielleicht ist es gerade dieses Testament, durch das sie gesprächiger wird. So, und jetzt sei locker und mach ein freundliches Gesicht.«
    »Warte mal kurz. Du meinst, sie und Becker haben eine Affäre? Könnte das nicht ein Grund sein, dass sie ihn kaltgemacht haben?«
    »Konjunktiv, mein Lieber. Es könnte sein, dass sie eine Affäre haben, es könnte aber auch sein, dass ich mich total irre. Ich willkeine voreiligen Schlüsse ziehen. Wir kriegen das schon noch raus. Becker ist verheiratet, hat zwei Kinder und verdient als Anwalt ganz sicher nicht schlecht. Am Geld kann’s also nicht liegen.«
    Sie begaben sich zurück ins Wohnzimmer, wo Gabriele Lura wie versteinert dasaß und die Beamten verschüchtert ansah.
    »Frau Lura«, sagte Durant, »gehen wir davon aus, dass Sie tatsächlich nichts von dem Testament und der Versicherung wussten. Weshalb hat Ihr Mann dann aber nie mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Der hat doch nie mit mir über irgendwas gesprochen. Ich war doch immer nur ein Stück Vieh für ihn. Er hat mich verprügelt, vergewaltigt und manchmal tagelang kein Wort mit mir gewechselt. Und jetzt das! Ich begreife es nicht, ich begreife es einfach nicht!«
    »Ist es möglich, dass er ein schlechtes Gewissen Ihnen gegenüber hat oder hatte?«
    »Kann sein«, antwortete sie leise, wobei ihre Nasenflügel bebten. »Aber wenn, dann hat er es sehr gut zu verbergen gewusst. Ich versichere Ihnen jedoch noch einmal, ich habe ihm nichts getan. Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist. Ich schwöre es bei Gott, ich habe ihm nichts getan, und ich wusste bis eben auch nichts von diesen Papieren. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Aber wenn Sie mich verhaften wollen, bitte, tun Sie sich keinen Zwang an.«
    »Kein Mensch will Sie verhaften. Wir lassen Sie jetzt auch in Ruhe, es sei denn, meine Kollegen finden noch etwas. In spätestens einer Stunde sind wir weg.«
    »Und was passiert dann?«
    »Wir nehmen diesen Ordner mit aufs Präsidium, werden einen Schriftsachverständigen beauftragen, uns ein Gutachten zu erstellen, das die Echtheit dieses Testaments bezeugt oder auch nicht, und dann werden Sie

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