Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
auf einen Streich. Und jeder wird denken, dass ihr euch selbst umgebracht habt.«
    »Du hast schon mal jemanden ermordet?«, fragte Gabriele Lura mit einem undefinierbaren Lächeln, das Rolf Lura irritierte.
    »Wieso grinst du so?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du schon mal gemordet hast. Man lernt nie aus.«
    »Irgendwann muss man doch damit anfangen. Sie hat nicht lange leiden müssen. Außerdem war sie nur eine verdammte Hure.«
    »Ich will nicht sterben«, jammerte Becker, der die letzten Worte von Lura gar nicht mitbekommen zu haben schien. »Sag mir, was ich tun kann, ich tue alles für dich, aber bitte, ich kann Corinna nicht allein lassen. Ich will nicht sterben!«, schrie er, doch keiner außer Rolf und Gabriele Lura hörte ihn.
    »Wer will das schon«, meinte Lura lakonisch. »Corinna wird es auch ohne dich schaffen, ich werde ihr notfalls sogar dabei helfen …«
    »Bitte«, flehte Becker, »bitte lass mich leben!«
    »Lass mich leben, lass mich leben! He, Mann, bleib cool. Denkst du eigentlich immer nur an dich? Ist es dir egal, wenn deine Geliebte stirbt? Anscheinend ja. Siehst du, Gabilein, wenn’s darauf ankommt, zieht der große, starke Werner seinen großen, starken Schwanz ein wie ein kleiner räudiger Straßenköter. Du bist ihm auf einmal völlig egal. Er will nicht sterben, aber du kannst ruhig verrecken. Dabei hat er dir doch bestimmt oft genug ins Ohr gesäuselt, wie sehr er dich liebt. Und auf einmal bettelt er nur noch um sein beschissenes Leben. Ach Werner, du hattest alles, was das Herz begehrt, aber du hast dir etwas genommen, was mir heilig war …«
    »Als wenn dir irgendwas heilig wäre!«, sagte Gabriele Lura.
    »Stimmt auch wieder. Heilig ist ein Begriff aus der Theologie. Nehmen wir wertvoll. Wertvoll hört sich an wie Diamanten oder andere Pretiosen. Du warst ein kostbarer Diamant, als ich dichkennen gelernt habe. Ich habe mich in dich verliebt, als ich dich am Klavier sitzen sah. Du warst so wunderschön, so zart und lieblich …«
    »Und du hast mir Versprechungen gemacht, die du nie gehalten hast, weil du sie nie halten wolltest. Du bist das mieseste Schwein, das mir je untergekommen ist. Also mach schon, bringen wir’s hinter uns. Ich habe keine Angst vorm Sterben, auch wenn es mir wegen Markus das Herz bricht. Aber ich weiß wenigstens, wo ich hingehe, während du eines Tages in der Hölle schmoren wirst. Und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
    »Schon wieder dieser Religionsscheiß! Aber ich sehe, die Zeit vergeht im Fluge, also bringen wir’s hinter uns, denn ich habe auch noch andere Dinge zu tun.« Er ging zum Tisch und nahm die Pistole in die Hand.
    »Wer will als Erster?«, fragte er mit diabolischem Grinsen. »Werner?«
    Becker sah ihn mit großen angsterfüllten Augen an, zitterte am ganzen Körper, zerrte wie wild an der rechten Handschelle und schrie wie ein Wahnsinniger.
    »Rolf, ich flehe dich an! Lass mich leben! Ich will nicht sterben!«
    »Halt’s Maul! Ihr seid in wenigen Minuten für immer vereint, zumindest im Tod. Es geht schnell, viel schneller, als du glaubst. Du bist Linkshänder, nicht? Ja, doch, du schreibst mit links. Also werde ich dir eine Kugel in die linke Schläfe jagen. Du wirst nichts merken. Zack, und alles ist vorbei. Ready?«
    »Neeeiiiiiiinnn!«
    »Mein Gott, jetzt reiß dich doch mal zusammen! Du zickst ja rum wie andere beim Zahnarzt. Dabei tut der dir wesentlich mehr weh.« Lura begab sich in die Hocke und blickte Becker noch einmal in die ungläubigen, flehenden Augen. Becker schlug mit der linken Hand um sich, doch Lura packte sie und machte sie mit der anderen Handschelle fest.
    »Du bist mir zu aggressiv«, sagte Lura nur und hielt die Waffe an Beckers linke Schläfe.
    »Tu’s nicht«, bat ihn Gabriele Lura mit sanfter Stimme. Sie dachte mit einem Mal an den Traum, den sie so lange schon hatte, zuletzt vorgestern. Der Traum, in dem sie in einem großen hellen Haus wohnte, mit einem großen Park darum, einem Bach, und die Sonne schien. Alles war friedlich und ruhig. Sie hatte keine Angst zu gehen, ein Gefühl unbeschreiblichen Friedens durchströmte sie. Sie lächelte sogar, als sie sagte: »Seine Familie braucht ihn. Er ist noch nicht so weit, er weiß nicht, dass der Tod eine Erlösung sein kann. Mich braucht keiner wirklich. Tu mir nur einen Gefallen – behandle Markus gut, er hat es verdient.«
    Lura kniff die Augen zusammen und sah seine Frau beinahe ungläubig an. Alles in ihm vibrierte. »Ich kann nicht

Weitere Kostenlose Bücher