Das verlorene Gesicht
hat Gefühle wie jeder andere auch. Es wird sie nervös machen und womöglich sogar in Panik versetzen, wenn sie merkt, dass wir Maren auf den Fersen sind. Es wird sie bestimmt überraschen. Sie hat sicher noch nicht mitbekommen, dass wir Kontakt zu ihm aufgenommen haben.«
»Vielleicht hat Gil Recht. Vielleicht sagt Maren ihr nichts davon.«
»Das glaube ich nicht.«
Er schüttelte den Kopf.
»Was sollen wir also unternehmen?«
»Sie warten hier mit Kessler. Ich werde nach Washington fliegen und Gil zu dem Treffen begleiten.«
»Sie könnten erkannt werden.«
»Scheiß drauf.«
»Oder in dieselbe Falle laufen.«
»Dito.« Er stieg aus und ging auf die Fahrerseite. »Ich brauche den Wagen. Ich fahre nach Savannah und nehme von dort aus ein Flugzeug. Sie fahren mit Gary zum Motel zurück.«
Sie stieg langsam aus, dann nahm sie vom Rücksitz den Koffer mit Bens Schädel. »Und was ist mit den Testergebnissen?«
»Die besorgen Sie. Sie haben ja gesagt, es könnte Tage dauern.« Er setzte sich ans Steuer. »Ich kann hier sowieso nichts tun.«
Und Ivanhoe musste Aufgaben bewältigen und Schlösser erobern.
Am liebsten hätte sie ihn geohrfeigt.
»Rufen Sie mich an und halten Sie mich auf dem Laufenden.« Sie öffnete die Beifahrertür an Garys Volvo. »Falls Sie noch leben.«
»Keine Sorge.« Er ließ den Motor an. »Ich bin morgen wieder zurück. Sie dürften hier in Sicherheit sein.« Er runzelte die Stirn. »Dürften reicht nicht. Das Risiko kann ich nicht eingehen. Ich rufe Kessler vom Flughafen aus an und sage ihm, er soll einen von Tellers Sicherheitsleuten anheuern, zum Motel zu kommen und Sie zu beschützen, solange ich weg bin.«
»Und welchen Vorwand soll er Teller gegenüber anbringen?«
»Bisher hat Kessler ziemlich viel Phantasie bewiesen. Soll er sich den Kopf darüber zerbrechen.«
»Timwick hockt wahrscheinlich immer noch an der Duke University, und bis uns jemand hier aufspürt, wird es dauern. Wir sind hier ziemlich weit ab vom Schuss, was forensische Labors angeht.«
Aber sie war sich nicht mehr sicher, ob die falsche Spur nach Duke funktioniert hatte. Lisa Chadbourne würde sich nicht allein auf Logan konzentrieren; dazu hatte sie zu viel Respekt vor Frauen.
»Ein Wachposten vor dem Motel kann nicht schaden. Vergessen Sie nicht, die Tür abzuschließen«, sagte Logan. »Und rufen Sie mich an, falls Ihnen irgendetwas verdächtig erscheint. Egal, was.«
»Ich werde mich vorsehen.«
Er zögerte. »Ich muss los, Eve. Gil ist mein Freund und ich habe ihn in diese Sache hineingezogen.«
Sie stieg in den Volvo und stellte den Koffer mit Bens Schädel auf den Boden. »Dann fahren Sie schon los.« Sie warf ihm einen kühlen Blick zu. »Ich brauche Sie nicht, Logan. Ich habe Sie nie gebraucht. Ich regle das selbst.«
»Lassen Sie Ben nicht aus den Augen.«
»Haben Sie schon mal erlebt, dass ich ihn irgendwo aus den Augen gelassen hätte?« Sie lächelte bitter. »Ich weiß durchaus, wer bei diesem Projekt wichtig ist.«
»Das sehen Sie falsch. Es ist nur –«
»Fahren Sie.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Gott stehe Gil bei. Fahren Sie und tun Sie, was Sie tun müssen.«
»Warum zum Teufel sind Sie – ich dachte, sie mögen Gil.«
»Das tue ich und ich will, dass er in Sicherheit ist.« Aber sie wollte auch nicht, dass Logan ums Leben kam, und je mehr sie über Lisa Chadbourne nachdachte, umso größer wurde ihre Angst. »Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Es hätte sowieso keinen Zweck. Machen Sie’s gut, Logan.«
Er zögerte immer noch.
»Machen Sie’s gut, Logan.«
Er fluchte leise vor sich hin und setzte aus dem Parkplatz zurück. Einen Augenblick später war er verschwunden.
Allein.
Es ist nicht gut für dich, allein zu sein, Mama.
Sie war es gewohnt, allein zu sein. Wenn die Tür zu und die Welt ausgeschlossen war, war dann nicht jeder allein?
Dennoch war es seltsam, dass sie sich jetzt einsamer fühlte als je zuvor.
»Wo ist Logan?«
Sie drehte sich um und sah, dass Gary an den Wagen getreten war. »Auf dem Weg nach Norden. Gil Price braucht seine Hilfe«, sagte Eve. »Was haben Sie herausgefunden?«
»Tja, ich habe gute und schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht ist, dass Chris auf Chemilumineszenz umgestellt hat. Sie könnten heute noch ein DNA-Profil für mich erstellen.«
»Und die schlechte?«
»Er hat abgelehnt. Er hat zu viel zu tun.« Er hob die Hand. »Ich weiß. Ich weiß. Sie brauchen es nicht zu sagen. Er wird es tun. Ich muss nur ein bisschen mehr Druck machen.
Weitere Kostenlose Bücher