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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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seiner Anhänger zu verschwenden. Er verlangt nicht von ihnen, dass sie ihr Leben sinnlos opfern. Weil er den Angriff auf die Insel überlebt und den Weg zu uns zurückgefunden hat, konnte Yusuf uns mit wichtigen Informationen versorgen, die wir sonst nicht bekommen hätten.«
    Ein anderer Anführer der Banditen ergriff das Wort. Jedenfalls ging Yusuf davon aus, dass die hier anwesenden Männer Anführer waren. Dieser hier sprach Arabisch, aber seine Haut war blass. Er sah aus wie ein Europäer, vielleicht kam er aus dem Süden, wo heftige Kämpfe zwischen den Anhängern des Propheten und den Ungläubigen stattfanden. Yusufs Arabischkenntnisse waren lückenhaft,
und er konnte sich nicht flüssig in dieser Sprache unterhalten. Trotzdem verstand er das meiste, was die anderen sagten, wenn er sich konzentrierte.
    »Euer Emir opfert das Leben seiner eigenen Leute mit der Großzügigkeit eines alten Juden«, sagte der Mann. »Aber unsere Leute verschwendet er mit der Nachlässigkeit eines betrunkenen Hurenbocks.«
    Nach dieser wüsten Beleidigung erwartete Yusuf einen Wutausbruch von Özal, wurde aber enttäuscht. Der Türke grinste nur und verschränkte die Arme, wodurch seine Statur noch beeindruckender wurde.
    »Wir müssen alle unseren Blutzoll leisten, Jukic«, sagte er mit drohendem Unterton. »Nur wenige Fedajin, die gegen die Amerikaner gekämpft haben, sind zurückgekommen. Und das auch nur, um ihre Wunden pflegen zu lassen, bevor sie sich wieder ins Kampfgetümmel stürzen, so wie auch Yusuf es tun wird. Habe ich Recht, mein Junge?«
    Als Yusuf merkte, dass er in die Unterhaltung einbezogen wurde, nickte er. Es war keine Lüge. Er sehnte sich geradezu danach, wieder an die Front geschickt zu werden. Er musste etwas beweisen, sich selbst, dem Emir und Özal, vor allem aber Gott. Natürlich bedeutete das den Banditen, die hier in einem Halbkreis hockten, nichts. Sie alle schauten ihn misstrauisch an.
    »Und aus welchem Grund hast du uns hierhergerufen, Özal?«, fragte Jukic.
    Özal zog einen Stuhl heran und bedeutete Yusuf, sich zu setzen.
    »Dem Jungen hier ist etwas gelungen, was keiner von uns bisher geschafft hat«, sagte er. »Er hat jene Teile der Stadt durchquert, die von den Serben und den Russen kontrolliert werden, und hat dabei einige sehr wichtige Depots und Baracken registriert. Der Emir hat entschieden, dass ihr, aus Dank für eure geleistete Unterstützung im Kampf gegen unseren gemeinsamen Feind, an unseren
Erkenntnissen teilhaben sollt. Außerdem beanspruchen wir keinen Anteil an den Gütern, die ihr euch bei den anstehenden Plünderungen aneignet. Die Schatzkammern der Slawen, die genauso unsere Feinde sind wie die Amerikaner, gehören euch.« Özal legte eine deutliche Pause ein. »Wenn die Schlacht geschlagen ist.«
    Yusuf merkte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte, als sich die Banditenführer ihm mit bohrenden Blicken zuwandten.
    »Dann erzähl mal, mein Junge«, sagte Özal. »Erzähl unseren Kameraden hier, was du meinen Leuten berichtet hast, nachdem du in unser Gebiet zurückgekehrt bist.«
    Yusuf musste zweimal schlucken, bevor er in der Lage war, zu sprechen. Seine Kehle war wie ausgedörrt, es fühlte sich schrecklich unangenehm an. Der hellhäutige Bandit namens Jukic warf ihm eine Plastikflasche mit Wasser hin, die neben seinem Stuhl gestanden hatte. Yusuf fing sie ungeschickt auf und bedankte sich. Nach einigen kleinen Schlucken, als er endlich das Gefühl hatte, ohne Husten oder Keuchen sprechen zu können, wiederholte er die Geschichte, die er Özals Leuten erzählt hatte, nachdem sie ihn beim Durchqueren des Parks gegenüber des Hotels abgefangen hatten.
    »Den Amerikanern bin ich durch einen Sprung ins Wasser entkommen, als ihr Bombardement am schlimmsten war«, erklärte er und bemühte sich, dem Drang zu widerstehen, seine Geschichte mit falschem Heldentum glorreich auszuschmücken. »Ich hatte Angst. Es tut mir leid …«
    Yusuf warf Özal einen nervösen Blick zu, aber der Riese zuckte nur mit den Schultern und machte mit seinem Zigarillo eine Geste, dass er fortfahren solle.
    »Im Kampf gibt es keine Männer ohne Angst«, sagte Ahmet Özal. »Nur Dummköpfe und Engel gehen ohne Angst in den Krieg, und niemand in diesem Raum gehört zu ihnen.«

    Zwei der Banditen verzogen das Gesicht, Jukic und der Dunkelhäutige mit den Dreadlocks und den Narben im Gesicht. Der dritte Mann, der zu den Piraten gehörte, zeigte überhaupt keine Regung. Er starrte Yusuf an, wie ein Falke

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