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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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weitergegangen war, aber sein Mund schien wie versiegelt und seine Zunge gelähmt. Der große türkische Krieger hingegen schien absolut zufrieden zu sein, rauchte einen Zigarillo, den er aus der Brusttasche gezogen hatte, und summte eine unbekannte Melodie. Am Ende des Korridors betraten sie die Feuertreppe und stiegen drei Stockwerke nach unten. Der Flur, auf dem sie herauskamen, sah genauso aus wie der andere. Alte, opulent aussehende Teppiche und schwere goldene Vorhänge, die seit langer Zeit nicht mehr gereinigt worden waren. Yusuf merkte sofort, dass dieses Stockwerk anders war. Die Räume hier waren offenbar nicht für Gäste bestimmt. Sie waren sehr groß, und es gab nur wenige davon.
    »Hier entlang«, sagte Özal. »Ich fürchte, die Ausrüstung ist recht karg. Die Amerikaner verfolgen mit teuflischer Präzision unsere Bewegungen in der Stadt und schicken sofort ihre Kampfflugzeuge, wenn wir aus der Deckung kommen.«
    Er wedelte mit seinem Zigarillo herum, als sie einen großen Saal mit einem Glasdach betraten. Hier gab es keine Tische, nur zahlreiche Stuhlreihen vor einem Podium. Yusuf spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief, als er bemerkte, dass die meisten Stühle noch mit den Überresten der Toten beschmutzt waren. Es mussten Hunderte davon sein, die hier gesessen hatten, als Allah ihre Seelen in die Hölle verbannte.
    »Der Emir ist noch nicht lange in diesem Hotel«, sagte Özal, den das nicht weiter zu stören schien. »Aber innerhalb eines Tages werden wir verschwunden sein. Es ist nicht sicher, länger an einem Ort zu bleiben.«

    »Und was ist mit den Gefangenen, die wir hier festhalten?«, fragte Yusuf, nachdem er endlich seine Stimme wiedergefunden hatte. Es fiel ihm sehr schwer, nicht auf die dunklen, verunreinigten Kleiderhaufen zu starren, die ordentlich nebeneinander auf den Stühlen lagen. Und ihre Schuhe, dachte er voller Grauen, schau dir bloß die ganzen Schuhe an. Laut sagte er: »Würden sie uns denn bombardieren, wenn sie wüssten, dass sie damit ihre eigenen Leute umbringen?«
    Ahmet Özal schien ernsthaft über diese Frage nachzudenken und paffte eine Weile an seinem Zigarillo.
    »Schwer zu sagen«, gab er zu. »Ihr Anführer, dieser Kipper, ist kein Freund von knallharten Entscheidungen, aber das sind nun mal die Einzigen, die man in einem Krieg treffen kann. Aber seine Offiziere? Die würden bestimmt angreifen. Oder sie würden ihre Spezialtruppen schicken, um zu versuchen, die Frauen zu retten. Die Amerikaner haben einige Schwächen. Man kann viele von ihnen treffen, wenn man ihnen ein oder zwei eigene Leute als Köder hinhält.«
    Yusuf fühlte sich sehr geehrt, dass er an den strategischen Planungen seiner Vorgesetzten teilhaben durfte. Verwundert stellte er fest, dass er vor gar nicht so langer Zeit diese Strategien selbst infrage gestellt hatte, als die brutale amerikanische Kriegsmaschine über ihn gekommen war. Nun hielt er den Mund und war froh darüber, denn nachdem seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, merkte er, dass noch eine ganze Reihe anderer Männer anwesend waren, die in einem Stuhlkreis in einer Nische saßen.
    Banditen.
     
    »Dies ist Yusuf Mohammed, einer meiner Krieger und der einzige Überlebende des amerikanischen Gegenangriffs auf Ellis Island«, erklärte Ahmet Özal mit geradezu besitzergreifendem
Ton. Yusuf zuckte zusammen, als die schwere Hand des riesenhaften Türken mit einem Klatschen auf seiner Schulter landete.
    »Vielleicht sehe ich das ja falsch«, sagte einer der Banditen, ein Schwarzer, der aber kein Afrikaner war, soweit Yusuf das beurteilen konnte. »Aber wurde euren Fedajin nicht befohlen, lieber den Tod zu suchen, als sich von den Amerikanern gefangen nehmen zu lassen?«
    Er hatte eine sehr dunkle Hautfarbe und einen wirren Schopf schwarzer Dreadlocks und ein Gesicht mit vielen Narben, die aussahen, als wären sie ihm in einer speziellen Zeremonie absichtlich zugefügt worden. Er sprach Englisch. Yusuf bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, als er die indirekt formulierte Anklage hörte. Özal antwortete mit einem abfälligen Knurren.
    »Die Amerikaner haben ihn ja nicht gefangen. Yusuf hat sich ihnen entzogen, genau wie der Prophet sich seinen Angreifern aus Mekka entzog.«
    Yusuf spürte, wie er knallrot wurde, und schämte sich dafür, dass jemand ihn mit dem Propheten verglich. Er wollte etwas sagen, aber Özal hob warnend die Hand. Der Türke fuhr fort.
    »Der Emir ist nicht so dumm, das Leben

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