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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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mal auf.«
    Die Frau bewegte sich und schnappte nach Luft. Sie hörte auf zu schnarchen, wachte aber noch nicht auf.
    »Fabia«, wiederholte Caitlin. »Aufwachen, bitte. Wach auf, wir müssen uns unterhalten. Über Bilal. Ich muss Bilal finden.«
    »Bilal? Bist du das?«
    »Nein, Fabia. Ich bin eine Freundin von Bilal. Ich bin auf der Suche nach ihm. Er braucht meine Hilfe.«
    Die Frau schien gegen eine Ohnmacht anzukämpfen, hob den Kopf vom Kissen und blinzelte sie an. Sie stöhnte und sprach mit schwerer Zunge.
    »Bin zu müde.«
    »Ich weiß, dass du müde bist, Fabia. Sag mir einfach, wo Bilal jetzt ist, und dann kannst du weiterschlafen. Ist er hier? In Neukölln?«
    »Bilal …«
    Caitlin versuchte ihren Ärger zu unterdrücken. Jemanden unter Drogen zu verhören war nie einfach, aber Fabia würde ganz bestimmt nicht um Hilfe rufen. Morgen früh würde sie sich an all das wie an einen Traum erinnern.
    »Fabia, ich muss Bilal treffen. Wo ist dein Sohn? Wo ist Bilal? Weißt du, wo er ist?«
    »Bin müde …«
    »Wo ist Bilal, Fabia? Seine Freunde brauchen ihn. Wo ist Bilal?«
    »Nicht … hier«, sagte die Frau so leise, dass Caitlin sich zu ihr beugen musste.

    »Was hast du gesagt, Fabia? Ist Bilal hier? In Berlin?«
    »Bilal ist weg«, sagte sie, als die Droge endgültig ihren Widerstand brach. »Er ist verreist.«
    »Wohin?«, fragte Caitlin und versuchte ihre Ungeduld zu zähmen. »Wohin ist er verreist?«
    »Nach Amerika.«
    Caitlin war so überrascht, dass sie beinahe das Klicken der Tür zur Eingangshalle überhört hätte.
    Baumer war in Amerika.
    Aber wo?
    Die Frage beantwortete sich selbst.
    Er konnte nur in New York sein.
    Und wie viele neue Möglichkeiten ergaben sich nun, blühten auf wie eine Giftpflanze, deren Knospen sich im Dunkeln öffnen. Fabia Shah murmelte weiter etwas über Bilal und Amerika und jemanden, der sich Abu nannte, womöglich war damit Abu Bakr Shah, ihr Bruder gemeint, dessen Namen Caitlin aus den Akten über al-Banna kannte.
    Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken oder weitere Fragen zu stellen, denn sie hörte jemanden kommen.
    Caitlin sprang lautlos vom Bett auf und richtete den Lauf mit dem Schalldämpfer direkt auf den Durchgang zum Schlafzimmer.
    Jemand flüsterte, zwei Stimmen, beide männlich. Tiefe kehlige Stimmen.
    Sie stand mit leicht gebeugten Knien da, atmete durch die Nase ein und durch den Mund aus. Sie horchte konzentriert und wartete.
    Hinter ihr murmelte Fabia wieder etwas über Bilal und Amerika.
    Die Stimmen hielten inne und mit ihnen alle anderen Bewegungen in der Wohnung.
    Keine Schritte, keine Arme, die die Wände entlangstrichen. Keine knackenden Kniegelenke oder das Rascheln von Hosenbeinen, die aneinander rieben.

    »Bilal ist zurückgekommen und wieder gegangen. Weg ist er«, murmelte Fabia.
    Caitlin hatte Mühe, der Versuchung zu widerstehen, sich nicht zu der einzigen Stimme umzudrehen, die in der Wohnung zu hören war. Sie hielt den Lauf mit dem unförmigen Schalldämpfer weiter auf die Tür gerichtet. Vorsichtshalber schloss sie ein Auge. Sie war jetzt so gut an die Dunkelheit angepasst, dass ein aufblitzendes Licht genügte, um sie zu blenden.
    Fabia schnarchte, es war ein lang anhaltendes schnaubendes Geräusch, das mit einem Glucksen endete.
    Caitlin hörte ein Kichern hinter der Tür.
    Jemand sagte etwas auf Arabisch.
    »Sie träumt. Es ist niemand da. Abu raucht zu viel Hasch.«
    »Wir müssen trotzdem alles überprüfen.«
    Die Umrisse eines Mannes tauchten auf. Er war noch recht jung, schätzte sie. Er trug einen Trainingsanzug und schaute zu dem Bett hin, auf dem die Frau lag. Einen Moment lang bemerkte er die Umrisse der anderen Frau nicht, die mitten im Raum stand. In weniger als einer Sekunde hatte Caitlin alle Informationen aufgenommen, die sie benötigte. Der Mann trug Pistole und Messer bei sich.
    Sein Begleiter trat nun ebenfalls in den Durchgang. Innerlich verfluchte sie sich. Sie hatte die Gittertür vor der Wohnung nicht wieder verschlossen und damit die beiden geradezu eingeladen.
    Im gleichen Augenblick, wo sie dies dachte, bemerkte der erste Mann, dass sie da war. Er zuckte vor Schreck zusammen, fluchte und prallte rückwärts gegen seinen Begleiter. Beide verloren das Gleichgewicht. Caitlin stürzte nach vorn und überbrückte die Distanz blitzartig, wie eine Erscheinung in einem bösen Traum. Sie drehte sich auf einem Bein knapp um die eigene Achse und erzeugte durch die Zentrifugalkraft eine enorme Kraft, die sie

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