Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
Vom Netzwerk:
und nun konnte sie tatsächlich ein wenig von der Skyline der Stadt weit unter sich ausmachen, wo im Süden immer wieder grelle Blitze aufleuchteten.
    Zwei Minuten vor dem Absprung öffnete der Absetzer die hintere Luke und hob den Arm, um Caitlin zu signalisieren, dass es Zeit war. Er streckte den Arm in Schulterhöhe mit der Handfläche nach oben aus, bevor er die Hand an den Helm legte. Sie atmete tief ein und wieder aus, stemmte sich von ihrem Sitzplatz hoch und ging zum Heck des Flugzeugs. Ihre Ausrüstung war gesichert, und ihr lenkbarer Stauluft-Fallschirm umfing sie wie ein kleines Kind. Obwohl jeder Zentimeter ihres Körpers verhüllt war, spürte sie, wie es ganz plötzlich sehr kalt wurde, als die feuchte eiskalte Luft eindrang.
    Sie stand im gedämpften Rotlicht und schaute hinaus in die Dunkelheit. Sie stellte sich vor, dass ihr Kind irgendwo dort draußen war und friedlich in Brets Armen schlief.
Das rote Licht wurde grün, und der Absetzer gab ihr einen Klaps auf die Schulter. Sie trat auf die Sprungrampe und beugte die Knie ein wenig, um das Rucken der Maschine abzufedern. Sie schaute nicht zurück und winkte nicht. Sie trat nach vorn und sprang in die unendliche Dunkelheit.
    Das Dröhnen der Propellermaschine, das von ihrem Helm abgedämpft wurde, verschwand vollständig, während sie der Erde entgegenfiel. Das Wetter war schlecht – genauer gesagt miserabel -, sie konnte nur sehr wenig erkennen, bevor sie nach einigen Sekunden im freien Fall den Fallschirm öffnete. Sie spürte einen heftigen Ruck, als er sich entfaltete, und glitt eine Minute lang durch die tintenschwarze Nacht, bevor sie ihre Höhe und ihre Position mit dem GPS-Gerät kontrollierte.
    Sie befand sich jetzt vierzig Kilometer von ihrem Zielpunkt, der großen Rasenfläche im Central Park, entfernt. Auf dem PDA-Display, das an ihrem rechten Unterarm befestigt war, konnte sie die aktuellen Wetterdaten ablesen, was ihr half, die Route ihres Gleitflugs festzulegen. Die ersten paar Minuten fiel sie durch eine schwarze Leere inmitten von Wolken und Regen. Tropfen setzten sich auf ihrer Schutzbrille und den Anzeigen der Instrumente fest, was bedeutete, dass sie abgesehen von dem Lenken des Fallschirms und dem Überprüfen ihrer Position auch noch ständig die grün leuchtenden Geräte abwischen musste.
    In sechstausend Metern Höhe kam sie endlich aus den Wolken heraus und stellte fest, dass sie genau da war, wo sie sein sollte. Sie glitt Richtung Süd-Südost über die unteren Ausläufer des Hudson und die New Jersey Palisades hinweg. Die Air Force hielt einen Korridor frei, damit sie unbehelligt nach unten kam, aber in der Ferne sah sie am dunklen Himmel über dem südlichen Manhattan zahlreiche Militärflugzeuge. Die Kampfhandlungen wirkten wie eine absurde Wetterlage, denn unten, in den Straßenschluchten
flackerten ständig Blitze auf, ballten sich Wolken zusammen, erhoben sich heftige Stürme. Mit professioneller Aufmerksamkeit registrierte Caitlin, dass nur sehr wenig Flakfeuer in diesem wirren Farbenspiel zu sehen war, aber sie wusste auch, dass es für Hubschrauber äußerst schwierig war, zwischen den Häusern den Feinden zu entkommen, die sich auf ebener Erde genauso wie in den oberen Stockwerken und auf den Dächern verschanzt hatten. Eine Menge Helikopter waren mit relativ einfachen Raketen abgeschossen worden. Zwar war das nicht der Grund, weshalb sie mit dem Fallschirm an ihren Einsatzort kam und sich nicht per Hubschrauber einfliegen ließ, aber sie war durchaus dankbar, dass sie sich nicht auch noch mit diesem Unsinn herumschlagen musste.
    Ein weiteres Überprüfen machte ihr klar, dass sie eineinhalb Kilometer weit vom Kurs abgekommen war, was an dem aufgekommenen frischen Westwind lag. Schon die kleinste Lücke zwischen ihrem linken Handschuh und dem Ärmel ihres Anzugs ließ einen schneidend kalten Luftzug auf ihre Haut treffen, der sie daran erinnerte, wie feindlich ihr diese Umgebung gesinnt war, durch die sie gerade flog. Sie korrigierte den Kurs und kam dabei in einen Regenguss, der ihre Bemühungen deutlich erschwerte. Sie kämpfte mit dem Fallschirm, den Elementen und ihrer Schwungkraft, während sie durch die dunkle Leere über dem Fluss nördlich der George Washington Bridge segelte. Hier und da konnte sie unter sich einzelne Lichtpunkte oder sogar Ansammlungen davon erkennen, weit entfernt von den Kampfgebieten. Waren das andere, kleinere Gruppen von Piraten? Oder Lager von Baumers Gefolgschaft? In den aktuellen

Weitere Kostenlose Bücher