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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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einen, weil er fürchtete, die Amerikaner würden ihn aus der Luft beschießen, wenn sie sahen, dass er sich im Wasser bewegte, zum anderen, weil er ganz einfach erschöpft war. Erst einmal war er zu nichts weiter in der Lage, als sich an den Basketball zu hängen und sich von der Strömung davontragen zu lassen. Schließlich aber musste er gegen den Sog ankämpfen, weil er sonst in eine gefährliche Ansammlung von Müll getrieben worden wäre.
    Eine Weile fürchtete er, er könnte am südlichen Ende von Manhattan an Land getrieben werden, dort, wo seine Truppe gerade erst die Ungläubigen angegriffen hatte. Genauso schlimm wäre es gewesen, auf der anderen Seite der Insel, ungefähr eine Meile weiter südlich, anzukommen,
wo die amerikanische Armee und die Miliz ihren Hauptstützpunkt hatten. Aber als er sich mitten im Kanal befand, spürte er den Sog einer viel stärkeren Strömung, die ihn mit sich nahm. Er achtete darauf, dass er sich nicht auf eine Art bewegte, die die Aufmerksamkeit auf ihn zog, und konnte nun von hier aus zum ersten Mal die Auswirkungen des Raketenangriffs sehen.
    Der Anblick war grandios, trotz der für ihn schmachvollen Umstände. Das altertümliche Fort, das in einem arg verwilderten Park lag, stand zu einem großen Teil in Flammen, und viele Fahrzeuge, die außerhalb des Forts geparkt hatten, waren offenbar von den Fedajin-Raketen getroffen worden. Die Spuren der Zerstörung in den angrenzenden Häuserblöcken deuteten allerdings darauf hin, dass auch viele Geschosse recht weit vom Ziel entfernt eingeschlagen waren. Dennoch, dachte Yusuf befriedigt, hatten sie ein deutliches Zeichen im Kampf für Freiheit und Rechtschaffenheit gesetzt.
    Er wusste gar nicht, wen genau sie angegriffen hatten. Ein einfacher Soldat, ein einfacher Kampftrupp, wurde nicht über derartige Details unterrichtet. Aber angesichts der Blinklichter dort drüben und der Heftigkeit des amerikanischen Gegenangriffs kam er zu dem Schluss, dass in diesem Fort dort drüben ein ziemlich bedeutender Mensch gewesen war. Vielleicht sogar der Gouverneur von New York! Das würde das Ansehen des Emirs ungeheuer stärken, wenn er demonstrierte, dass er in der Lage war, das Gericht Gottes über so jemanden zu bringen. Yusufs Gesicht verzog sich zu einem schwachen Lächeln, während er am Ort des brennenden Chaos vorbeischwamm. Er war zu weit entfernt, um irgendwelche Einzelheiten zu erkennen, aber er konnte gut sehen, dass die Amerikaner empfindlich getroffen worden waren. Hunderte von ihnen rannten ziellos umher. Sirenen heulten und verkündeten die panische Botschaft bis zu ihm in die Mitte des Kanals.
Befriedigt stellte er fest, dass es ihnen gelungen war, die Ungläubigen zu strafen.
    Irgendwann wurde der erschöpfte junge Soldat von einem Wirbel erfasst und drehte sich im Kreis. Nun kam die kleinere Insel, von der er geflüchtet war, in seinen Blick. Dort war das Ausmaß der Zerstörung noch viel größer. Mehr als ein Dutzend Helikopter kreiste in der Luft über den heftig brennenden Gebäuden, und noch weiter oben beschrieben Kampfjets Achten über dem ganzen Gebiet. Von der Insel her kamen keine Schüsse mehr, und damit war klar, dass der Kampf, der dort stattgefunden hatte, beendet war und die Amerikaner gewonnen hatten. Er konnte sehen, wie zwei schwerfällige grüne Mannschaftshubschrauber tief über das Wasser flogen, um an genau der Stelle, von der aus er ins Wasser gesprungen war, zur Landung anzusetzen. Der Wirbel drehte ihn weiter um sich herum, und der Strom zog ihn mit sich fort, bevor er in der Lage war, noch mehr zu erkennen.
    Das Wasser trug ihn schnell weiter, und Yusuf war schon bald so weit vom Kampfgebiet entfernt, dass er kaum noch die Einzelheiten ausmachen konnte. Nun konnte er sich die Ruinen der einstigen Metropole anschauen. Er war erst vor drei Wochen in Manhattan angekommen, nachdem er seine Ausbildung in einem Lager in Marokko absolviert hatte. Das Schiff, das ihn über den Atlantik brachte, war glücklicherweise von den britischen U-Booten und Zerstörern verschont geblieben. Die Briten waren dafür bekannt, dass sie auf alle Schiffe innerhalb der sogenannten Sperrzone schossen, die sich einige Hundert Seemeilen vor der amerikanischen Küste erstreckte. Yusuf bewunderte die Skyline der Wolkenkratzer. Was für eine Macht musste diese Stadt besessen haben, als sie noch lebendig war. Und wenn man dann noch bedachte, dass es nur eine von vielen Städten war, die es überall auf diesem Kontinent gab!

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