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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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hat sein Horn immer in Bereitschaft.«
    Julianne schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ihrem Essen zu.
    »Also gut, dann werde ich heute Abend darüber nachdenken, und wir sprechen uns morgen wieder.«
     
    Zurück in ihrem Zimmer zog Julianne sich eine Trainingshose und ein Teletubbies-Sweatshirt an, schenkte sich ihren Gutenachtschluck Whiskey mit Soda ein und schloss ihre Tür ab. Sie zog die Vorhänge zu, setzte sich an den kleinen Schreibtisch und strich die Papiere glatt, die sie aus einer Geheimtasche in einem ihrer Rucksäcke genommen hatte. Darunter befand sich der Grundriss einer Wohnung, die an der Fifth Avenue mit Blick auf den Central Park lag. Außerdem einige detaillierte Luftaufnahmen der näheren Umgebung, einige davon stammten noch aus der Zeit vor dem Effekt, andere waren in den letzten Monaten gemacht worden. Sie wunderte sich über den Aufwand, den ihr Auftraggeber getrieben hatte, um diese militärischen Geheimdokumente zu beschaffen. Sie musste nur einen kurzen Blick darauf werfen und wusste sofort, welche Bilder vor und welche nach dem Auftauchen der Energiewelle gemacht worden waren. Die neueren Bilder zeigten eine Stadt, in der die Natur sich freie Bahn verschafft hatte,
und die schmerzlichen Anzeichen von Zerstörung, nicht zuletzt durch das Bombardement der letzten übrig gebliebenen B-52-Bomber. In allen Gegenden, die die Kommandanten der Flugzeuge als unregierbar eingestuft hatten, waren Feuersbrünste zu sehen, aber Manhattan war größtenteils davon verschont geblieben.
    Jules studierte die Geheimunterlagen, die der Auftraggeber ihr überlassen hatte. Es war eine Ansammlung von Internet-Ausdrucken, ein Bericht der Dritten Infanteriedivision, Nachrichtenmeldungen und Satellitenbilder aus der Zeit vor dem Effekt. Rubin hatte ihr ebenfalls ein Macintosh-iBook mit aufgespielten Videos der letzten Kundschafterflüge von Drohnen über Lower Manhattan gegeben. Auf einer Kopie der militärischen Landkarte für die Operation Sinatra waren Frontlinien und markierte Abschnitte zu sehen, die das Gelände für die Bodentruppen gliederten und die Insel in kleine überschaubare Einheiten aufteilte. Einige Materialien waren leider schon sechs bis acht Wochen alt, aber sie zeigten, mit welchen Kräften die Army und die Manhattan-Miliz es geschafft hatten, über die 26. Straße vorzudringen. Es zeigte außerdem einen Artillerie-Stützpunkt der Marines auf einem Baseballfeld am FDR Drive. Der Geschützdonner von dort war noch mitten in der Nacht zu hören, und wenn man über die Ruinen von Manhattan schaute, konnte man dann und wann ein paar Granaten durch die Wolken fliegen sehen, die sie kurz erleuchteten, bevor sie dann auf ihr Ziel herabfielen.
    Sie schaute sich die Aufnahmen der Drohnen an und stellte fest, dass die Natur sich über die eisernen Zäune des Central Park ausgebreitet hatte, über die Fußwege und herumstehenden Autowracks. Überall war es grün geworden, blühte es, sprossen neue Bäume, Büsche und Ranken und überwucherten die Überbleibsel des stillgelegten Verkehrs. In manchen Gegenden war der beginnende Urwald schon wieder abgefackelt worden, was allerdings nicht bewusst
geschehen war, sondern ein Nebeneffekt der Schlachten zwischen den rivalisierenden Banden.
    Julianne nippte an ihrem Whisky und studierte die neuesten Aufnahmen der Überwachungsflüge. Es war wirklich zu dumm, dass sie sechs Wochen alt waren, aber damit musste sie sich abfinden. Etwas Besseres würde sie nicht in die Finger bekommen.
    Immerhin besaß sie den Grundriss eines Gebäudes, das mitten in diesem heiß umkämpften Niemandsland lag und in dem sich ein Schatz befand, den sie bergen wollte. Dazu hatte sie sich dem inzwischen an der Westküste lebenden Besitzer vertraglich verpflichtet.

10
    New York
    Yusuf schwamm um sein Leben. Im Fluss trieben sehr viele Sachen herum, die sich zu größeren Müll-Ansammlungen verbanden, wie schwimmende Inseln träge im kalten grünen Wasser lagen und sich weigerten, von der Strömung ins Meer getragen zu werden. Der schmächtige afrikanische Junge hatte sich zuerst an einem schlaffen Basketball festgehalten, der nicht weit von der Stelle im Hudson River herumdümpelte, wo er von der Betonfläche am nördlichen Zipfel von Ellis Island hineingesprungen war. Der Ball hatte genügend Auftrieb, um ihn weiter hinaus in die Mitte des Flusses zu tragen, wo eine stärkere Strömung herrschte. Zuerst hatte er sich nicht bewegt und auch nicht versucht davonzuschwimmen, zum

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