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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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die Angreifer schon so
nahe gekommen waren, dann war es wirklich Zeit zu verschwinden.
    »Ich glaube nicht, dass wir heute noch arbeiten werden«, rief sie über das Dröhnen hinweg. »Oder überhaupt noch einmal. Es ist so weit, Rhino. Die Zeit ist reif, dass wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern. Auf geht’s. Wir nehmen unser Fluchtgepäck und los!«
    »Na toll«, sagte er. »Meine Sachen sind unten in meinem Zimmer.«
    Julianne brauchte nur wenige Sekunden, um das kleine Päckchen mit den Dokumenten, die sie gestern Abend studiert hatte, aus dem Zimmersafe zu holen. Mehr nahm sie nicht mit. Mit ziemlicher Sicherheit würden sie nicht mehr ins Hotel zurückkehren können, und sie würde einige persönliche Dinge zurücklassen, aber es gab keine Alternative. Sie mussten so schnell wie möglich hier weg.
    Als sie den schmalen Flur entlangeilten, waren sie zumindest für eine kurze Zeit in Sicherheit. Falls die Piraten nicht eine schwere Bombe direkt unter dem Hotel zündeten und damit das gesamte Gebäude zum Einsturz brachten, gaben die inneren Mauern einen ganz guten Schutz ab. Jules rannte an den Aufzügen vorbei und zog die Tür zur Feuertreppe auf. Rhinos Zimmer war zwei Stockwerke tiefer, und sie nahm drei Stufen auf einmal, wobei sie sich am Geländer festhielt und auf jedem Absatz die Fliehkraft ausnutzte, um möglichst schnell um die Kurve zu kommen. Die Geräusche des draußen stattfindenden Gefechts drangen als hohles Dröhnen und gedämpftes Donnern herein. Gelegentlich wurden die Mauern und Fußböden erschüttert, wenn das Gebäude von einer Rakete oder Granate direkt getroffen wurde.
    »Da hin«, sagte Rhino, als sie sein Stockwerk erreichten.
    Auch hier war niemand zu sehen. Sie schaute auf die Uhr. Zu dem Zeitpunkt, als der Angriff begonnen hatte,
waren normalerweise alle schon im Bus. Und das bedeutete … Julianne spürte, wie sie kurz von einem Schuldgefühl überwältigt wurde – sie hatte überlebt. Viele ihrer Arbeitskollegen waren zweifellos in den letzten paar Minuten umgekommen. Vielleicht waren ihre Busse ja sogar das Ziel des Angriffs gewesen. Acht oder neun von ihnen standen jeden Morgen hintereinander auf der Duane Street, um die Räumungsarbeiter zu ihren Arbeitsplätzen zu bringen. Sie gaben ein leichtes Ziel ab.
    »Da wären wir«, sagte Rhino und hielt nicht etwa vor seinem Zimmer an, sondern vor einer kleinen Nische, wo die Gäste früher, in der guten alten Zeit, Eiswürfel für ihre Getränke geholt hatten. Heute war die Eismaschine zu nichts mehr nutze, jedenfalls offiziell. Rhino griff in die Nische, reckte sich und stand schließlich auf Zehenspitzen, um etwas von oben über dem Türrahmen zu holen. Mit einem kleinen Sprung und unter lautem Stöhnen gelang es ihm schließlich, zwei schwarze Rucksäcke herunterzuziehen, wo immer sie auch gehangen hatten. Julianne fing den einen auf, den er ihr zuwarf. Er war schwer. Sie zog den Reißverschluss auf und zog eine seltsam aussehende Feuerwaffe heraus.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, fragte sie und hielt es hoch, um es genauer zu untersuchen. Der hintere Teil der Waffe bestand aus einem soliden Block, wohingegen der vordere Teil aus einer Reihe von Metallschnörkeln geformt war, die dieses Gerät fremdartig und irgendwie falsch gebaut erscheinen ließen. Ganz offensichtlich handelte es sich um eine Waffe, aber ein derartiges Gerät hatte sie noch nie benutzt.
    Irritiert schaute sie ihn an. »He, ich habe nach Waffen gefragt, nicht nach einem Bausatz für außerirdische Hobbybastler.«
    Rhino grinste verschämt und zog ein zweites, identisches Gerät aus seinem Rucksack.

    »Das ist eine P90-Maschinenpistole zur Selbstverteidigung, Miss Julianne. Die hab ich ziemlich günstig gegen ein paar Essensgutscheine eintauschen können. Sehen Sie mal hier …«
    Er legte den massiven Block gegen seine Schulter und zielte mit der Mündung in den Flur. Julianne riss sich zusammen. Von draußen drangen noch immer die gedämpften Geräusche des Gefechts herein.
    »Es wurde von den Belgiern entwickelt als Selbstverteidigungswaffe für die nicht kämpfenden Truppen. Es kann beidhändig benutzt werden«, erklärte Rhino. »Bullpup-Bauweise, fünfzig Schuss im Magazin. Spezielle Munition, von der sich eine ausreichende Menge in meinem Besitz befindet. Die ist besonders tödlich, hat eine flachere Flugbahn und bessere Durchschlagskraft, vor allem bei Schutzwesten …«
    »Okay, okay, ich bin ja schon ganz begeistert«, sagte Julianne.

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