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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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emotionslosen Blick zu, obwohl sie von Rachegelüsten getrieben wurde. Er schaute sie angsterfüllt an.
    »Gibt’s auch Kaffee?«, fragte sie.

17
    Texas, Regierungsbezirk
    Miguel schlief die ganze Nacht bis kurz vor Morgengrauen. Er wachte auf und wünschte, das wäre nie geschehen. Die ganze Nacht über hatten ihn Alpträume gequält. Bilder, wie seine Familie starb, während er mitten unter ihnen stand, unfähig sich zu bewegen, während die Road Agents lachend auf ihn deuteten und sich über seine Ohnmacht lustig machten. Als er schließlich im grauen Licht des dämmernden Morgens erwachte, fühlte er sich wie gerädert. Er konnte das, was geschehen war, nicht vergessen, es gab keine Erlösung. Er wachte nicht auf im Glauben, er würde zu Hause in seinem eigenen Bett neben Mariella liegen und darauf warten, dass die Füße eines seiner kleinen Kinder durchs Haus tapsten. Er wachte einfach nur aus grausamen Träumen auf, die ihm immer wieder seinen schrecklichen Verlust vor Augen führten.
    Sofia zuckte und murmelte im Schlaf. Sie lag auf der Matte neben ihm hinter dem Tresen. Er widerstand dem Drang, ihren Kopf zu streicheln, um sie zu trösten. Sie hatte im Schlaf geweint und auch tagsüber, wenn sie geglaubt hatte, er würde sie nicht beobachten. Er vermutete, dass sie ihm zeigen wollte, dass sie ihr Schicksal tapfer ertrug. So schrecklich ihre Träume auch waren, es wäre ihm lieber gewesen, sie würde immer weiterschlafen. Aber sie hatten einen weiteren anstrengenden langen Tag im Sattel vor sich.
    Eine Minute lang lag er ganz ruhig, dann streckte er sich vorsichtig, schob sich von seiner Tochter fort und stand
langsam auf. Er hatte seine Jacke und seine Stiefel ausgezogen, alles andere aber anbehalten. Das hatten sie beide so gehalten. Er beugte sich vor und hob Sofias Teddy auf, der ein Stück weit von ihr entfernt auf dem Boden lag. Er legte ihn neben sie und ging dann eilig davon. Das Knacken in seinen Knien und im Rücken machte ihm klar, dass sein Körper die Nacht auf dem harten Fußboden nicht gut verkraftet hatte. Mit seinen schmerzenden Rippen fiel es ihm sehr schwer, in der kalten Luft des Morgens durchzuatmen.
    Zu allem Überfluss war auch noch seine Blase bis zum Platzen gefüllt. Trotzdem nahm er sich die Zeit, seine Stiefel anzuziehen und nach seinen Waffen zu greifen, bevor er leise durch die Vordertür des General Store von Leona nach draußen trat. Die Schmerzen in seinem Rücken und seinen Beinen waren nichts im Vergleich zu der tiefen Verzweiflung, die er empfand. Der Gedanke an seinen Verlust war eine unerträgliche Qual. Im Osten stieg die Sonne gerade über dem Horizont auf und tauchte alles in ein sanftes gelbes Licht, das sein Gefühl vollkommener Verlassenheit nur noch verstärkte, während er die Kreuzung am Ende der Hauptstraße überquerte.
    Er drehte sich um und warf einen Blick über die Geisterstadt, auf die leer stehenden Gebäude, in denen es aufblitzte, wenn ein morgendlicher Sonnenstrahl auf Glasscherben oder Metallteile fiel oder von Millionen von Tautropfen zurückgeworfen wurde, die das Gras übersäten, das überall in den Gärten wucherte. Als er sicher war, dass niemand ihn beobachtete, erleichterte er sich vor dem Zaun, der die Straße begrenzte und hinter dem sie ihre Pferde über Nacht untergebracht hatten. Red Dog, das kleine Bündel mit dem rötlichen Fell, kam zu ihm gelaufen, wedelte mit dem Schwanz und hoffte wohl auf etwas zu fressen.
    Er wischte seine Hände im taunassen Gras ab, trocknete sie an seiner Jeans und richtete sich dann auf, um die frische
Luft einzuatmen. Der Schrei eines Nachtreihers brachte ihn dazu, sich wieder der Hauptstraße zuzuwenden. Er sah, wie ein gedrungen wirkender grauweißer Vogel sich aus den Trümmern eines Hauses löste und einige Hundert Meter weit flog. Ein weißrotes Fell blitzte zwischen den Mauern auf. Offenbar hatte ein Fuchs versucht, sich den Vogel zu schnappen. Red Dog begann zu knurren, aber Miguel rief ihm ein kurzes Kommando zu, und er verstummte.
    »Ruhig, ruhig. Auch ein Fuchs braucht etwas zu essen«, sagte er. »Besser er schnappt sich einen nutzlosen Reiher oder ein Präriehuhn als die Eier aus dem Hühnerstall.«
    Er hörte, wie die Gittertür des Ladens aufgestoßen wurde, als Sofia nach draußen trat. Sie hatte ebenfalls ihre Stiefel angezogen und trug die Remington bei sich. Sie sah verheult und blass aus und rieb sich die Augen, unter denen tiefe schwarze Ringe zu sehen waren.
    »Ich hab dich gesucht«,

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