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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Abend gegessen und ihre Freundin Claire Higg besucht hatte, zusammen mit Claire Higg ein wenig ferngesehen hatte, in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt war, ihre Nachtkleidung angezogen hatte), sagte sie mit einem Gähnen: Ich habe gesehen, daß die Abbruchexperten wieder da sind. Anna Tap, die bei uns in Wohnung 6 war, erkundigte sich, wer sie waren. Wir antworteten, daß wir es eigentlich nicht genau wüßten, daß sie nie wirklich etwas anderes machten, als sich alle halbe Jahre Notizen in ihre Unterlagen zu schreiben. Wir waren zu dem Schluß gelangt, daß sie recht friedliche Menschen waren, diese Abbruchexperten. Aber Anna Tap sagte:
    Ist Ihnen denn nie in den Sinn gekommen, diese Leute zu fragen, was sie hier zu suchen haben?
    Nein. War es nicht.
Gedenken an Vater (1)
    Wir beerdigten Vater in der Orme-Kapelle von Tearsham Church. Der Priester kam und schloß das Tor der Kapelle auf. Einige Tage zuvor hatte ich Mutter früher als üblich auf den Beinen gesehen. Gut gekleidet verließ sie das Observatorium mit dem Familiensilber in der Hand: ein Kerzenständer, das Besteck und ein Tablett. Es stammte noch aus Tearsham Park, ich erinnerte mich aus meiner Kindheit daran. Wie kam es, daß es bei der Versteigerung nicht verkauft worden war? Wo hatte sie das Silber all die Jahre aufbewahrt? Ich ging in Mutters Schlafzimmer, das Bett war abgezogen, und ihre Matratze war aufgeschlitzt worden - Mutter hatte das wohl bekannteste Versteck von allen benutzt, um das Silber von mir fernzuhalten, ein Ort, von dem sie genau wußte, daß ich nicht in Erwägung ziehen würde, dort zu suchen. Von dem Geld für das verkaufte Silber (was alles war, das noch übrigblieb von Tearsham Park) erstand Mutter einen erheblich schöneren Sarg als jenen, in den Peter Bugg gelegt worden war.
    Als wir die Orme-Kapelle betraten, hatte ich Angst, der Priester würde womöglich anordnen, den falschen Grabdeckel anzuheben, so daß der Tunnel plötzlich zum Vorschein käme und meine Ausstellung entdeckt würde. Aber der Priester wählte das richtige Grabmal für Vater aus, in dem bereits seine Eltern und Großeltern lagen. Es gab natürlich noch andere steinerne Särge mit anderen toten Ormes darin. Und alle enthielten erstklassige Dinge.
    Mutter, Anna Tap und ich waren zugegen. Außer dem Priester sagte niemand ein Wort. Mutter trug wieder Schwarz. Claire Higg hatte beschlossen, zu Hause zu bleiben, die Reise zur Kirche sei zu weit für sie, sagte sie, ich habe wirklich viel zu tun. Man verzieh ihr, sie war Vater nie begegnet, für sie war er eine groteske Fiktion.
    Als sie den Deckel von der großen, mit Blei verkleideten Steinkiste zogen, um meinen toten Vater zu entsorgen, begriff ich, daß Gott uns alle holt. Als sie Vater in die Dunkelheit hinabsenkten, erkannte ich, daß es für uns keine andere Möglichkeit gibt, wir müssen mit Gott sterben. Ob wir gut sind oder böse, unterwegs in den Himmel oder die Hölle oder einfach irgendwo liegengelassen werden, um zu verfaulen: Unser Körper wird immer unter das Zeichen des Kreuzes geschoben. Ein Sarg ist nichts anderes als ein Müllcontainer. Gott, der Müllmann.
Gedenken an Vater (2)
    Vier Wochen nach Vaters Tod sah ich ihn immer noch von hinten, wie er die Straßen der Stadt entlangging. Doch wenn ich mich näherte und ihn rief, dann war es nicht Vater, der sich umdrehte, sondern irgendein fremder alter Mann. Ich sprach von Vater. Ich sprach von nichts anderem. Mein Vater und die Sterne. Mein Vater zwischen Blutzellen. Mein Vater, so groß wie die Bäume. Im Gegenzug dazu sprach meine Mutter überhaupt nicht von Vater, sie sprach nur über die Wochentage und die Wetteränderungen, sie sah fern mit Claire Higg, sie füllte ihre Tage mit Nicht-an-Vater-denken-Kunstgriffen.
    Ich holte den roten Ledersessel aus dem größten Zimmer in Wohnung 6. Ich wuchtete ihn die Treppe hinunter. Ich schleppte ihn nach draußen auf die betonierte Fläche. Ich kaufte einen Kanister Benzin, schüttete das Benzin über den Sessel und steckte es an. Der Sessel stöhnte und knisterte und machte sich flach, bis nie wieder jemand auf ihm sitzen konnte.
Gedenken an Vater (3)
    Einige Zeit blieb Vaters Gebiß in einem mit Wasser gefüllten Glas auf dem Küchentisch von Wohnung 6. Manchmal ertappten wir uns dabei, wie wir diese Zähne ansahen, Anna Tap, Mutter und ich. Beim Essen fiel es uns schwer, sie nicht anzusehen, so wie sie uns aus ihrem Wasserglas anlächelten. Sie raubten uns den Appetit. Schließlich, eines

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