Das verlorene Observatorium
Fenster des größten Zimmers von Wohnung 6 und sahen, wie der Pförtner mit den Abbruchexperten sprach. Wir sahen ihn mit den Abbruchexperten reden, aber wir konnten ihn nicht hören. Die Abbruchexperten nickten ihm zu, ließen ihn irgendwelche Papiere unterschreiben, schüttelten ihm die Hand. Wahrend wir alles von oben beobachteten und kein Wort sagten. Dann kam eines Tages ein Lastwagen auf den Hof des Observatoriums gefahren und blieb einige Stunden dort. Und an diesem Tag hörten wir unter uns eine kleine Explosion und spürten, wie das ganze Gebäude kurz erbebte. Danach fuhr der Lastwagen fort, und wir blieben ratlos zurück.
Wir saßen im Kreis zusammen und erinnerten uns gegenseitig daran, das Atmen nicht zu vergessen. Wir alle wussten, dass unser Ende nahte, um uns zu holen. Es waren noch einige Konservendosen übrig, die wir gerecht unter uns aufteilten. Schon sehr bald würden wir wahrscheinlich kein Essen mehr benötigen. Wir hörten auf fernzusehen, denn die Wesen, die auf dem Bildschirm auftauchten, waren uns völlig fremd, gleichwohl ihr Aussehen uns vage an uns selbst erinnerte. Wir wollten jetzt nur noch Ruhe, wir lauschten und warteten darauf, dass etwas passierte.
Die Zeit kam bald. Wir stellten keinen Müll mehr hinaus, sondern behielten ihn bei uns im größten Zimmer von Wohnung 6, wo wir auch alle schliefen. Da Anna inzwischen keine Zigaretten mehr hatte, arbeitete sie sich durch die gefüllten Aschenbecher und rauchte die Überreste alter Zigaretten. Wenn die Stummel keinen Tabak mehr enthielten, saß sie einfach mit einer Kippe im Mund da und nuckelte still vor sich hin. Den Pförtner hörten wir direkt vor der Tür herumhämmern. Wir dachten: Bald, der Tag kommt bald. Und dann war es soweit.
VII ABBRUCH
Der Tag kam
Am Morgen des Tages, auf den wir so lange gewartet hatten, wachten wir in einer merkwürdigen Stille auf, alles wirkte so wunderbar friedlich. Wir saßen wie immer im Kreis und warteten. Nachdem wir anderthalb Stunden gewartet hatten, bekam Anna wieder einen ihrer jähzornigen Anfälle. Es fing damit an, dass sie eine Zigarettenkippe ausspuckte. Dann stand sie auf, und wir schauten zu, wie sie ihren Stuhl mit einem Tritt umstieß und sämtliche schmutzigen Teller aus der Spüle auf den Boden knallte.
Ich kann nicht länger stillsitzen. Warum solltest du auch? Steh doch auf! Ich will eine Zigarette. Ich will Geräusche, irgendwelche Geräusche und eine Zigarette. Ich kann nicht mehr länger hier bleiben. Nein, ich werde nicht geduldig sein! Lasst mich in Ruhe. Fasst mich nicht an! Ich lebe! Ich will nicht tot sein. Sitzt nicht einfach so da herum. Bitte, bewegt euch doch. Zeigt mir, dass ihr Menschen seid. Francis, bewege dich. Sprich. Einer von euch! Ich kann das nicht allein. Warum sitzt ihr einfach so da? Ich werde das nicht akzeptieren. Es ist noch nicht vorbei. Warum sagt ihr, es ist vorbei, wenn es doch noch gar nicht vorbei ist? Es muss nicht so sein. Ich gehe raus. Ich gehe raus, und wenn es sein muss, werde ich dem Pförtner allein gegenübertreten. Will mir keiner helfen? Niemand? Alice? Claire? Francis? Komm schon, Francis! Wovor hast du Angst? Ich werde die Tür aufmachen und frische Luft hereinlassen. Ihr werdet euch gleich besser fühlen. Und dann kommt ihr mit, oder? Dann kommst du mit, Francis.
Fass die Tür nicht an.
Setz dich.
Rede nicht.
Sei still.
Ich werde die Tür nur einen Spalt aufmachen.
Komm von dieser Tür weg.
Ich werde nur die kleine Tür ein kleines Stückchen aufmachen. Du darfst die Tür nicht berühren.
Du musst still sein.
Du musst dich wieder auf deinen Stuhl setzen.
Lass den Türknauf los!
Komm da weg.
Dreh ihn nicht!
Du darfst ihn nicht drehen!
Lass es sein! Bitte!
Komm und setz dich hin. Sei ein braves Mädchen.
Komm und setz dich zu Claire.
Komm und setz dich zu Alice.
Wenn du magst, kannst du Francis' Hand halten.
Sie drehte den Türknauf!
O mein Gott!
Laß los, laß sofort los!
Sie dreht ihn, dreht ihn!
Der Knauf ist abgegangen! Die Tür ist abgeschlossen, sie geht nicht auf. Jemand hat die Tür abgeschlossen! Da steckt irgendwas in dem Schloss, jemand hat es zugeklebt! Jemand hat uns eingesperrt! Hilfe!
Setz dich hin!
Hilfe!
Sei still!
Hilfe!
Komm von der Tür weg. Es könnte dich jemand hören!
Hilfe!
Setzt sie hin! Geh zu deinem Stuhl! Bitte, bitte. Hilfe. Geh zu deinem Stuhl! Pssst, jetzt. Pssst. Es ist gleich soweit. Hab nur Geduld. Es wird bald vorüber sein. So ist gut, sitz einfach
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