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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Hände.
    Francis. Francis.
    Die behandschuhten Hände des Besuchers hielten die Wangen von Annas Gesicht. Sie drückten zu.
    Nicht so fest, Francis. Du musst zärtlicher sein.
    Die behandschuhten Hände streichelten ihr Haar.
    So ist gut.
    Und zogen dann daran.
    Nein, Francis, zärtlich.
    Die behandschuhten Hände berührten ihre Lippen.
    Das ist schön, Francis.
    Die behandschuhten Hände schoben einen behandschuhten Finger in Annas Mund. Und dann zwei Finger und dann drei Finger und dann sogar vier. Anna würgte.
    Francis, bitte!
    Der Besucher küsste Anna Taps Stirn, ihre Wangen und Lippen. Heftig. Heftige Küsse.
    Zärtlich, Francis, du musst zärtlich sein.
    Die Lippen des Besuchers küssten zärtlich Annas Mund. Und Anna erwiderte diesen Kuss. Anna tastete das Gesicht des Besuchers ab. Sie lernte es mit ihren Händen kennen. Sie fühlte die Lippen des Besuchers, und dann hörte sie abrupt auf. Die Unterlippe des Besuchers war nicht geschwollen. Der Besucher roch auch nicht nach Francis.
    Wer sind Sie?
    Der Besucher hielt Annas Gesicht in seinen Händen.
    Wer sind Sie?
    Der Besucher küsste Anna.
    Aufhören. Bitte.
    Der Besucher küsste Anna.
    Ich schreie. Bitte, gehen Sie weg.
    Der Besucher küsste Anna. Anna schrie. Der Besucher zischte, zärtlich, leise. Ein Zischen, das nicht bedeutete: Geh weg! Ein Zischen, das bedeutete: Ich bin es doch, ich bin es. Hast du dich nicht nach mir gesehnt? Nun, hier bin ich.
    Anna schrie. Der Besucher legte eine behandschuhte Hand über Annas Mund, mit der anderen zog er die Decken weg.
    Annas Schreie hatten das ganze Haus geweckt, und ich, Mutter stand dicht hinter mir und trieb mich an, klopfte an die Tür von Wohnung 18. Als ich die Tür öffnete, sah ich den Pförtner. Er trug weiße Handschuhe, die zweifellos im Verlauf meines Handschuh-Armageddons in seinen Besitz gelangt waren. Die Sommersprossen der Unvollkommenheit schienen auf seinem Gesicht zu beben. Er zitterte. Er drängte sich an mir vorbei und stieß Mutter aus dem Weg, bevor er zischte und in den Tiefen des Kellers verschwand. Das Schreien hörte nicht auf. Es hörte selbst dann nicht auf, als meine Mutter Annas Nachthemd wieder heruntergezogen hatte, sie in den Arm nahm, beruhigte und dann selbst weinte.
    Er hat versucht, Er hat versucht, Er hat versucht,
Anna kommt zu Besuch
    In dieser Nacht kam Anna zu Besuch und schlief nie wieder in Wohnung 18. Statt dessen lag sie in meinem Zimmer. Während der ersten Nacht ihres Besuchs schlief sie nicht. Mutter hielt ihre Hand, ich hätte ihr auch eine von mir angeboten, aber ich wurde nicht darum gebeten. Mutter sagte, ich solle gehen.
    Ich schlief nicht. Bei Tagesanbruch öffnete ich die Tür meines Zimmers und sah Mutter, dass Mutter in einem Sessel schlief und Anna in meinem Bett. Sie hielten immer noch Hände.
    Ich ging n den Park, fühlte mich ohnmächtig. Ich trat gegen Bäume und verletzte mir die Füße, was in mir das Gefühl der Nutzlosigkeit nur noch verstärkte. Bei meiner Rückkehr sah ich den Pförtner innerhalb der kreisförmigen Mauer des Observatoriums. Er hatte sich ein Feuer gemacht. Er hatte seinen Besen und seine Kehrschaufel und seinen Handfeger verbrannt. Die Kehrschaufel und der Griff des Handfegers waren aus Plastik, sie zerliefen in der Hitze. Wenn ein Tropfen flüssigen Kunststoffs in die Flammen fiel, hörte man ein zischendes Geräusch. Dieses Zischen war dem Zischen des Pförtners sehr ähnlich, das Geräusch des Zorns. Der Pförtner sah mich nicht an, er starrte nur grimmig in die Flammen und weinte. Einer der Messingknöpfe an seiner Uniform fehlte.
Die kleinen Menschen
    Wir dachten nicht daran, die Polizei anzurufen wegen dem, was Anna passiert war. Und hätten wir daran gedacht, dann hätte man uns am Telefon wahrscheinlich nicht verstanden oder wir hätten den Hörer in dem Moment wieder aufgelegt, in dem jemand von außerhalb des Observatoriums mit uns sprach. Wir bewegten uns nur selten, und wenn wir uns bewegten, dann kündigten wir unsere Bewegungen an, bevor wir sie machten:
    Ich gehe jetzt mal eben aufs Klo. Ich bin nicht lange weg. Ich komme sofort zurück. Ich setz nur den Kessel auf und mach uns einen Tee. Ich leg mich nur kurz hin.
    Anna rauchte nervös. Sie wagte es nicht, ohne eine Zigarette in den Händen dazusitzen. Meine Mutter beobachtete Anna immerzu und schickte mich fort, wenn sie zu weinen begann. Inzwischen war ich der einzige, der das Observatorium verließ. Ich kaufte die Lebensmittel und die Zigaretten. Einmal

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