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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zu mißbrauchen, sagte sie. Wir sagten: Werden wir nicht. Peter Bugg und ich spazierten dann mit ihr um die Außenmauer des Observatoriums, wobei wir Miss Higg mehr trugen als begleiteten. Falls im Verlauf eines solchen Spaziergangs im Haus das Licht wieder anging, geriet sie in Panik, woraufhin wir sie sofort in ihre Wohnung zurückbrachten. Dies waren die einzigen Gelegenheiten, bei denen Miss Higg ihre Wohnung überhaupt verließ.
    So war sie jedoch nicht immer gewesen. Es gab auch andere Higg-Zeiten. Sie liebte einmal und wurde geliebt, stimmt doch, Claire? Wurde ich, oder nicht? Oder nicht? Aber das ist eine andere Geschichte.
    Miss Higg hatte ihre Gründe, warum sie keinen neuen Mitbewohner wollte. Besonders einen, der auf ihrer Etage wohnte. Sie wollte, daß ihre Stunden vor dem Fernseher durch nichts und niemanden gestört wurden. Sie wollte keine Gesellschaft mehr, hielt sie für gefährlich. Ein neuer Kamerad könnte ihren Fernseher zu sehr ins Herz schließen, könnte Affären mit ihren wunderschönen Freunden anfangen. Schlimmer noch, ein neuer Kamerad könnte sie ermutigen, weniger fernzusehen, könnte sie ermutigen, nach draußen zu gehen. Sie hatte, erzählte sie uns, gehört, wie die neue Bewohnerin in Wohnung 18 einzog. Sie hatte Stimmen gehört. Plural. Mit wem unterhielt sie sich? fragten wir. Mit dem Pförtner, sagte sie. Unmöglich. Reden und zischen, schlugen wir vor. Reden und reden, beharrte sie. Wir überhörten diese Bemerkung und führten sie auf Miss Higgs Mangel an Konzentration zurück. Nannten die Stimmen Geräusche aus ihrem Fernseher. Das Anklopfen, sagte sie, war ein neues Anklopfen. War weder das Anklopfen von Peter noch das Anklopfen von Francis Orme.
    Und?
    Zu dem Klopfen gehörte eine Stimme.
    Und was hat sie gesagt?
    Sie sagte: Hallo.
    Und?
    Sie sagte, Ich weiß, daß Sie da sind, ich höre Ihren Fernseher. Und was haben Sie geantwortet?
    Nichts.
    Gut.
    Und dann klopfte es wieder an, und die Stimme war auch da.
    Und was sagte die Stimme?
    Die Stimme sagte, Ich bin Ihre neue Nachbarin.
    Und was haben Sie gesagt?
    Nichts.
    Gut.
    Und dann sagte die Stimme, Ich hoffe, wir werden Freunde.
    Und was haben Sie gesagt?
    Nichts.
    Gut.
    Und dann sagte die Stimme, Ich komme später noch einmal vorbei, in Ordnung?
    Und was haben Sie gesagt?
    Ich sagte, Nein. Niemals.
    Sehr gut.
    Dann, erklärte Miss Higg, entfernten sich die Stimme und das Anklopfen und kehrten auch nicht mehr zurück. Wir lobten Miss Higg für das Gespräch. Wir sagten, Es ist das Beste für das Observatorium. Ach ja? sagte sie. Wir sagten, Es ist das Beste für Ihre ungestörte Privatsphäre. Ja, sagte sie, dann ist es ja gut. Ich fragte sie, ob es an der Stimme irgend etwas gegeben habe, das ihren Besitzer beschreiben mochte. Miss Higg meinte, es sei die Stimme einer Frau gewesen, einer jungen Frau, wahrscheinlich Mitte bis Ende Zwanzig, Anfang Dreißig.
    Wir beschlossen, daß unter Aufbringung aller uns zur Verfügung stehenden Mittel die neue Bewohnerin des Observatoriums innerhalb einer Woche wieder verschwunden sein mußte. Ich strich über meine Handschuhe, dieses Weiß, diese Baumwolle und dachte scharf nach. Claire Higg sah ruhestörenden Lärm als eine Möglichkeit an. Sie schlug vor, ihren Fernseher ständig (außer bei Nachrichtensendungen, Dokumentarfilmen, Wirtschaftsberichten, Wetterberichten, Schwarzweißfilmen, Tiersendungen und Aufrufen der Polizei) auf volle Lautstärke zu stellen. Bugg und ich hielten dies für einen guten Anfang. Was meine Person betraf, regte ich an, der neuen Bewohnerin zu folgen, wohin auch immer sie ging, um so herauszufinden, aus welchem Grund sie ausgerechnet in diesem Teil der Stadt leben wollte und was sie veranlassen könnte, falls es so etwas gab, das Observatorium wieder zu verlassen. Higg und Bugg fanden, dies sei ein ausgezeichneter Vorschlag. Als aber Bugg an der Reihe war, fiel ihm überhaupt nichts ein, was er tun könnte.
    Aber nachdem ich dann einige Minuten meine Handschuhe gestreichelt hatte, fiel mir eine Aufgabe für ihn ein. Peter Bugg sollte mit der Leiter des Pförtners, die im Keller aufbewahrt wurde, zum Fenster von Wohnung 18 hinaufklettern. Während die neue Bewohnerin außer Haus war, sollte er in ihre Wohnung eindringen, ihr gesamtes Hab und Gut inventarisieren und diese Dinge dann umräumen, sie an andere Stellen räumen. Alles in eine andere Ordnung bringen. Dies würde die neue Bewohnerin mit Sicherheit enorm einschüchtern. Es würde ihr große Sorgen

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