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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Stadt hatten ihre eigene Farbe hinterlassen, aber als erstes schrubbte der Pförtner das Blau weg, säuberte es weg, kehrte es auf. Auf diese Art räumte er alle Farben weg. Er zerlegte alles auf ein allgegenwärtiges Grau. Weiß wäre ihm lieber gewesen. Aber Weiß war nicht möglich. Weiß ist nicht von Dauer. Weiß, fragte er sich wahrscheinlich, bist du ein Mythos?
    Ich hielt die Farbe Weiß in Händen, meine Handschuhe, aber der Pförtner dachte: Das Weiß ist aus der Stadt verschwunden. Er dachte, es hätte schon vor Jahren seine Koffer gepackt und einen traurigen, verwaisten, unreinlichen Jungen zurückgelassen, der jeden Tag wie Sisyphus die Treppe hinaufstieg, mit seiner Kehrschaufel und seinem Besen, die Spur eines Teppichbodens hinterlassend, der nur marginal sauberer war, wie die Antithese einer Schnecke. Sei nicht wie eine schleimige Schnecke und laß hinter dir keine Müllspur zurück -das waren die ersten Worte, die er an mich gerichtet hatte.
    Aber ich hatte den Pförtner schon sehr lange nicht mehr sprechen hören, das letzte Mal hatte er sein Schweigegelübde bei dem Versuch gebrochen, Zwanzig aus 20 zu vertreiben. Vor zwei Jahren. Sie bezahlte schließlich keine Miete. Sie hat ihn gebissen.
    Der Pförtner wohnte unter uns. Im Herzen des Schmutzes, im Keller. Inmitten all des Staubs und Drecks gab es eine Oase, inmitten all des Staubs und Drecks befand sich ein aus drei Zimmern bestehender Käfig unverfälschter, vollkommener Sauberkeit. Ich sah ihn einmal. Ich kam herunter, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß erneut in unser Zuhause eingebrochen worden war. Ich kam, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß die Einbrecher dieses Mal nicht besonders weit gekommen waren. Bis zur Eingangshalle, bis zum Schrank in der Eingangshalle. Bis zu dem Besenschrank, in dem der Staubsauger aufbewahrt wurde. Er ist weg, sagte ich. Gestohlen. Niemand kann es sich leisten, ihn zu ersetzen, sagte ich. Mit einem Lächeln.
    Früher war mir der Pförtner einmal wöchentlich behilflich, Vater sauberzumachen. Doch einmal, beim letzten Mal, als wir Vater aus seinem roten Ledersessel hoben und auf einen benachbarten Stuhl setzten, fiel ein Tropfen Speichel aus Vaters Mund und fand vorübergehend Quartier auf der rechten Wange des Pförtners. Der Pförtner ließ Vater fallen. Vater fiel zu Boden, und der Pförtner rieb wie verrückt an seiner Wange. Er machte Vater nie mehr sauber. Er benutzte nie wieder den Staubsauger. Ich nahm den Staubsauger an mich. Es waren keine Fingerabdrücke darauf zu finden. Ich trug ja Handschuhe. Weiße Baumwollhandschuhe.
    Der Staubsauger ist weg, sagte ich. Gestohlen, sagte ich. Übersetzung: Dein bester Freund... ist leider von uns gegangen (Position 802). Und dann, in diesem Augenblick höchster Verwundbarkeit, sah ich, was noch nie zuvor jemand gesehen hatte: die Wohnung des Pförtners. Als der Pförtner nach oben in die Eingangshalle hinaufrannte, seine Wohnungstür offenliess, ging ich hinein und fand. Den aus drei Zimmern bestehenden Käfig unverfälschter, vollkommener Sauberkeit, der alle Kakerlaken, Nacktschnecken, Fliegen, Spinnen, Motten, Silberfischchen, Ameisen, Fledermäuse, Mäuse, Ratten und intimen Eintagsfliegen ins Exil geschickt hatte. Gleichwohl befand sich unter dem Bett, jenseits des Lichts, neugierigen Blicken entzogen, ein Koffer. Der Koffer wurde von vier Laschen und zwei großen Vorhängeschlössern gesichert. Was darin wohl begraben sein mochte? Ich vermutete: unvorschriftsmäßige Kleidungsstücke, unbestimmte Depeschen, außerplanmäßige Handbücher und photographische Porträts kurz, Erinnerungsstücke aus einem durchschnittlichen Leben. Von dem Pförtner, bevor er ein Pförtner wurde, von einem Mann, der früher einmal einen Namen hatte, bevor er zu einer Arbeit wurde. Der Koffer hatte eine doppelte Funktion: Zum einen sollte er die Fragmente einer Biographie ersticken, zum anderen sollte er der darüberliegenden, ohnehin schon sehr harten Matratze weitere Festigkeit verleihen.
    Es gab ein Bad. Ich nehme nicht an, daß die Badewanne jemals benutzt worden war. Was nicht heißen soll, daß der Pförtner sich nicht wusch. Den entscheidenden Hinweis lieferte der Duschkopf, der mit Autorität einen schrägen Blick auf die Hähne für heißes und kaltes Wasser warf, als seien diese schmutzige Kinder. Die Badewanne, so stelle ich mir vor, wurde von dem Pförtner als Instrument von Schlampigkeit und Verlotterung aufgefaßt. Ein energisches Waschen war in solch

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