Das verlorene Observatorium
meinen Handschuhen befand sich Tinte! Ich zeigte sie Claire Higg und Peter Bugg, dem Pförtner, Anna Tap und auch Zwanzig.
Seht nur, was ihr getan habt! Das ist schlimm, das ist sehr schlimm! Das ist sehr sehr sehr schlimm!
Ich saß im Schneidersitz auf dem Boden, meine Hände lagen zitternd auf meinen Knien. Sie bebten, als wären sie scheußlich verbrannt worden. Wiederholt schloss ich die Augen und öffnete sie in der vergeblichen Hoffnung, dass in einer magischen Sekunde, als ich nicht hinschaute, die Tinte auf wundersame Weise verschwunden wäre und mein Handschuh zu seiner früheren makellosen Schönheit zurückgefunden hätte.
Eine ganze Weile saß ich dort, wiegte mich sanft vor und zurück, nickte sachte, summte leise vor mich hin, tröstete mich, während sie, die Mörder, schlaff und ohne einen Funken Stolz im Leib und zutiefst beschämt um mich herumstanden.
Mir war hundeelend.
Mein Herz schrie, und jedesmal, wenn ich die Augen schloß, war ich sicher, ohnmächtig zu werden. Mein Herz drosch auf meinen Brustkorb ein, als versuchte es verzweifelt herauszukommen. Mir ist schlecht. Ich kann mich nicht beruhigen.
Ich versuchte, die heilige Schrift mit dem Titel Das Gesetz der Weißen Handschuhe zu rezitieren, konnte mich jedoch nicht konzentrieren. Ich stand auf. Ich mußte in Bewegung bleiben. Ich ging um Zwanzig herum, um Claire Higg und Peter Bugg, um den Pförtner und um Anna Tap herum. Ich konnte nicht stillstehen, während gleichzeitig mein Herz wie verrückt hämmerte und darum bettelte, freigelassen zu werden.
Mein Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Ich kann mich nicht beruhigen, ich kann mein Herz nicht beruhigen. Warum läßt es sich nicht beruhigen, warum läßt es sich nicht beruhigen? Was kann ich tun, damit es sich beruhigt? Werde ich sterben, fühlt sich Sterben so an?
Beruhige dich, Francis Orme. ICH KANN NICHT!
Anna Tap versuchte, mich zu beruhigen.
Setzen Sie sich, Francis.
Ich muß in Bewegung bleiben.
Nein, das müssen Sie nicht, setzen Sie sich, dann wird es Ihnen gleich wieder bessergehen. Genau. Atmen Sie tief durch.
Ich kann mich nicht beruhigen!
Tief durchatmen.
Mein Herz!
Zählen Sie. Langsam.
123456789101112.
Langsamer.
1 2 3 4. Ich kann nicht!
Doch, Sie können.
Was passiert mit mir?
Es ist nichts. Es wird bald wieder vorbei sein. Pssst.
Helfen Sie mir!
Versuchen Sie, sich hinzulegen. Geht es besser?
Ich kann nicht.
Sie können.
Besser?
Ein bißchen.
Tief durchatmen.
Ich fühle mich schwach.
Nein, Sie fühlen sich nicht schwach, Sie sind nur müde. Schließen Sie die Augen. Tief durchatmen.
Ich bin müde.
Schließen Sie die Augen.
Mein Herz!
Schließen Sie die Augen, ruhig durchatmen.
Schließlich schlief ich ein.
Als ich aufwachte, waren alle weg.
Später an diesem Abend (als ich ein frisches Paar Handschuhe trug) hörte ich es an unserer Tür klopfen und roch, dass Peter Bugg davorstand.
Francis, ich weiß, was du getan hast, ist nicht recht. Aber ich werde dir meinen Teil des Unrechts verzeihen, wenn du mir erlaubst, kurz mit dir zu sprechen. Die anderen schlafen alle, und ich muß mit jemandem reden. Ich kann nicht mehr aufhören zu denken, ich werde das Bild des Jungen nicht mehr los. Er lächelte mich bereits seit Tagen an, aber heute abend hat er angefangen, laut zu lachen. Francis, Alexander Mead ist zurückgekommen, um mich zu quälen. Laß mich rein. Ich habe keinen Schlüssel für diese Tür. Der Pförtner hat ihn, und der schläft jetzt. Laß mich bitte rein, laß mich heute nacht nicht allein.
Ich gab keine Antwort. Peter Bugg klopfte noch ein paarmal, bettelte noch eine Weile weiter (soll er doch bitten und betteln, dieser unversöhnliche Bugg), und dann kehrte er weinend und riechend und schwitzend zu Alexander Mead zurück.
Am nächsten Tag erhielt ich keinen Besuch. Den Morgen verbrachte ich damit, einige weitere meiner mißbrauchten Handschuhe zu retten. Im Verlauf des Nachmittags hörte ich den Pförtner und Anna Tap die Treppe heruntergehen und belauschte den folgenden Teil eines Gesprächs:
In die Augenklinik? Nein, in die Kirche.
Ich rannte zu meiner Ausstellung hinunter, die ganze Strecke bis zum schmälsten Ende des Tunnels und dann auf der anderen Seite wieder heraus. Ich schob den steinernen Deckel des falschen Grabmals beiseite, wobei ich Vaters alte Lederhandschuhe über meinen weißen trug. Dann schob ich die Platte zurück und richtete mich, ein wenig außer Atem, in Tearsham Church auf, in der
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