Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
herstellt, und so unser wahres Erbe aus jener Zeit antreten, ehe wir fielen.
Denn wer sind wir heute, wenn nicht ein Volk, das der Dekadenz anheimgefallen ist, Sklaven genau jener Kreaturen, die wir versklavt zu haben glauben?«
Mit traurigem Blick wandte sich Qubata seinem alten Freund zu, der jetzt aufstand und ihn mit den Augen fixierte.
»Ich weiß, dass wir hier am Ausgangspunkt getrennter Wege stehen«, sagte Qubata gelassen und wandte sich erneut der Versammlung zu.
»Diese Worte waren meine eigenen, nicht die meines Qar Qarth.«
»Das Vieh muss vernichtet werden«, sagte Muzta gelassen und blickte an Qubata vorbei.
»Mein Freund ist ein alter Freund, der uns bislang gut geführt hat. Aber falls wir diese Yankees am Leben lassen, werden sie nach unserer Rückkehr zu stark geworden sein, um sie dann noch vernichten zu können. Sie müssen jetzt sterben.«
»Obwohl wir alle verhungern, falls wir bleiben?«, hielt ihm Qubata entgegen. »Denn sobald wir dann weiterziehen, wird die Seuche weiter vor uns ihre Bahn ziehen. Die Yankees haben den Schlüssel dazu. Sie könnten uns zeigen, wie man ihr Einhalt gebietet.«
»Sie müssen alle sterben und in die Gruben geworfen werden!«, entgegnete Muzta scharf. »Wir greifen sie an, bis sie alle tot sind. Du hast mit dieser Belagerung versucht, das Leben unserer eigenen Krieger zu schonen«, fuhr Muzta fort. »Das hast du gut gemacht, aber inzwischen werden wir mit jedem Tag schwacher. Schon liegt Schnee in der Luft. In dieser Stadt findet man eine halbe Million Stück gesundes Vieh, und ich will sie haben!«
Qubata nickte traurig, griff an die Taille, öffnete den Schwertgurt, ließ die Waffe zu Boden fallen und blickte die Versammlung an.
»Meine Worte waren meine eigenen Worte«, wiederholte der alte Krieger traurig. »Mein Qar Qarth braucht einen Kriegshäuptling, der noch das Feuer der Jugend im Blut hat. Ich ziehe mich jetzt zurück, um über meine letzten Tage nachzudenken.«
Die Versammlung war still, als Qubata aus dem Zelt schritt, den Kopf hoch erhoben. Viele der älteren Clanhäuptlinge und Krieger neigten die Häupter zum Zeichen des Respekts, als er an ihnen vorbeiging, aber die meisten der hier Versammelten verbreiteten eine Stimmung der Aufregung und freudigen Erwartung.
Muzta sah den alten Freund gehen und fluchte lautlos. Etwas in seinem Herzen sagte ihm, dass vielleicht Wahrheit in Qubatas Worten lag, aber jetzt den Kurs zu ändern, das hätte bedeutet, gegen den Wind anzubrüllen und dabei zu glauben, er würde sich wenden. Muztas eigene Stellung war längst zu prekär, denn die blutigen Verluste der ersten Angriffe und die mühselige Belagerung nagten am Geduldsfaden der Tugaren. Falls sich die Lage nicht bald zum Besseren wandte, konnte das seinen Sturz herbeiführen. Seit Wochen stritt er mit Qubata darüber, der sich immer weiter von ihm entfernte. Als die Clanhäuptlinge dann dieses Treffen forderten, wusste der Qar Qarth, dass sich ihre Wege letztlich trennen würden.
Muzta sah sich unter den Versammelten um, die gespannt warteten.
Schließlich blieb sein Blick auf Tula ruhen, und er nickte. Der Clanhäuptling trat vor und hob eilig das Schwert auf, und die Versammlung brüllte beifällig. Muzta betrachtete den Rivalen ausdruckslos. Wenigstens hatte er jetzt die Möglichkeit, die Schuld von sich abzuwälzen, falls es schief ging. Falls sie jedoch siegten, konnte er, Muzta, trotzdem das Verdienst dafür beanspruchen.
»Es wird Zeit zum Schmausen!«, verkündete Muzta, und freudig knurrend strömte die Versammlung aus dem Zelt. Zwei Gesunde waren für heute Abend ausgewählt worden. Sie waren bestes Zuchtmaterial, jung und gut im Fleisch, eine Mahlzeit, die Muztas streitsüchtige Edelleute wenigstens für kurze Zeit ablenken würde.
Morgen konnten sie Pläne schmieden, und mit Glück war dieser Krieg bald vorüber, ungeachtet aller Verluste, für die natürlich Tula die Verantwortung würde tragen müssen.
»Es sieht nicht gut aus, nicht wahr?«, fragte Andrew ruhig, während „er weiter mit dem Feldstecher an den feindlichen Stellungen entlangblickte.
»Etwas Großes braut sich da draußen zusammen«, antwortete Hans. »Den ganzen Tag lang reiten sie schon viel hin und her. Petracci meldet, dass sie viele der Zelte auf Rädern mit den Frauen und Kindern zurückgezogen haben – in den oberen Lagern findet man keinen einzigen Krieger mehr.
Runter!«
Die beiden Männer duckten sich, als ein schwerer Bolzen vom Dach ihres
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