Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
vernichten«, überlegte Mikhail.
»Ein löblicher Plan, mein würdiger Edler«, sagte Kal gelassen, »aber da bleibt das Problem mit dem Pulver.«
Mikhail betrachtete Kalencka finster.
»Es ist ein guter Plan«, sagte Iwor laut, um seinen kriegerischen Sinn zu demonstrieren.
»Natürlich, ein guter Plan«, pflichtete ihm Kal bei, »aber, mein Fürst Iwor, die Fremden könnten Eure Macht gegen die Nowroder starken. Sie haben bereits den Wunsch geäußert, Euch in solchen Dingen zu helfen.«
»Werden sie es wirklich tun?«, fragte Iwor.
»Natürlich, mein Fürst. Aber es wird einige Zeit dauern, mein Fürst. Sie sind von ihrer langen Reise geschwächt und sehnen sich zunächst danach, Häuser für sich zu bauen; dann werden sie Euch dienen.«
»Geschwächt, wie?«, nuschelte Iwor.
»Aber trotzdem haben sie das magische Pulver.«
Iwor wandte sich ab. Zur Hölle mit all dem – er musste dabei einfach zu viel nachdenken! Wieso waren diese blauen Teufel nicht einfach bewaffnet wie andere Menschen? Dann hätte er sie mit Lanze und Axt angreifen, ein paar Köpfe einschlagen und seinen Adligen eine gute Zeit verschaffen können. Stattdessen erforderte die Lage nun, dass er nachdachte, und ihm graute vor dieser Aussicht.
»Sage ihrem Bojaren, er soll nach Suzdal kommen und sich mit mir besprechen. In der Stadt wird ihm meine Macht noch größere Ehrfurcht einflößen.« Und vielleicht kann ich ihn, wenn er allein ist, gefangen nehmen, dachte Iwor, und ein Lächeln lockerte seine Züge auf.
»Mein Fürst, ihr Bojar Cane hat selbst bereits einen entsprechenden Wunsch geäußert, aber auch gesagt, dass er eine Begleitmannschaft mitbringen möchte, wie es seine Ehre gebietet.«
»Oh, also in Ordnung, verdammt«, sagte Iwor.
»Als Zeichen seiner Freundschaft schickt Euch ihr Heiler dieses Geschenk.« Und indem er sich Iwor näherte, griff Kal unter sein Hemd und zog die Brille hervor.
Iwor nahm sie entgegen und betrachtete sie mit unverhohlener Neugier.
»Was ist das für eine Teufelei?«, flüsterte er.
»Ihr Anführer Cane und der Heiler tragen sie selbst.
Diese Dinger vermitteln dem Trager Macht und starken seine Augen.«
Iwor musterte Kal düster. Es war Rasnar, der ihm den Titel Schwachauge verliehen hatte, und obwohl viele unter Sehschwache litten, war Iwor in diesem Punkt äußerst empfindlich, empfand er sie doch als Symbol dafür, dass er nicht so edel und mannhaft wie andere war.
»Darf ich?«, fragte Kal, nahm Iwor die Brille aus der Hand und klappte die Bügel aus. Nervös schob er die Brille dann Iwor ins Gesicht.
Der Bojar fuhr mit einem Schrei der Überraschung zurück. Er blickte sich im Saal um, betrachtete erst Kal und dann die Wandteppiche.
Ein entzücktes Lächeln zog sich über seine gewöhnlich brummigen Züge, und er stürmte zum Fenster und blickte auf den Platz hinaus.
Er schnappte nach Luft und wandte sich aufs Neue Mikhail zu.
»Es ist Zauberei!«, schrie er. »Selbst mit all seinen Fürbitten um Heilung könnte Rasnar das nie vollbringen! Ich kann alles sehen!«
Aufgeregt wandte er sich wieder Kal zu.
»Solche Dinge sind gefährlich«, knurrte Mikhail düster.
Iwor drehte sich zu seinem Halbbruder um und schnaubte verächtlich.
»Und dabei hast auch du schwache Augen wie unser Vater«, gluckste er sarkastisch. »Aber ich jetzt nicht mehr!«
»Darf ich auch einmal hindurchblicken?«, fragte Mikhail, als seine Neugier die Oberhand gewann.
»Nein! Derlei Dinge sind nur für Bojaren da«, lehnte Iwor triumphierend ab.
Mikhail schwieg, aber Kal konnte sehen, dass sein Bojar einen Fehler gemacht hatte. Iwor war notfalls durchaus listenreich, dachte Kal, aber wo es um Mikhail ging, war ihm nicht wirklich klar, wie sehr dieser uneheliche Halbbruder ihn insgeheim verachtete. Der Bauer schwieg jedoch; er wollte Mikhail nicht auf sich aufmerksam machen, indem er ihn auch nur anblickte.
Iwors Freudenkundgebung dauerte mehrere Minuten, bis sich der rundliche Bojar wieder auf den Audienzstuhl setzte.
»Richte diesem Cane meinen Dank aus, wenn du in sein Lager zurückkehrst«, sagte er. »Und sieh dich genauestens nach anderen Geschenken dieser Art um, die sie mir womöglich machen können.«
»Natürlich habe ich bereits getan, was Ihr befehlt«, versetzte Kal. »Aber um all diese Dinge herauszufinden und Euch am besten zu dienen – dürfte ich dazu einen Vorschlag unterbreiten?«
»Nur zu – wie lautet er?«
»Es wäre für Euch das Beste, wenn diesem demütigen Diener im
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