Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
spalten unsere Kräfte, falls wir das tun«, wandte nun Hans ein, und Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. »Cromwell verfügt über die Ogunquit und vier Kanonenboote. Falls die Meldungen zutreffen, haben wir nur zwei. Bestenfalls kann Andrew seine restlichen Kräfte an Land bringen und anschließend hierherführen. Falls wir jetzt angreifen, schicken wir Männer in die Stadt, die Cromwell anschließend völlig zusammenschießen kann. Und vergessen Sie nicht: wir verlieren bei einem solchen Ansturm ohnehin schon verflucht viele Männer! Aber morgen könnten Tausende unserer bestausgebildeten und voll bewaffneten Truppen als Unterstützung eintreffen.«
»Wenn der morgige Tag anbricht, ist der Gegner schon dabei, die Merki über den Fluss zu bringen«, entgegnete Pat. »Sie gewinnen damit einen Brückenkopf auf dieser Seite, halten unsere Hauptstadt und vereinigen sich dort mit Mikhail. Um Gottes willen, diesem Mistkerl gelingt es womöglich gar, einige der äußeren Städte gegen uns aufzubringen! Denken Sie an die Menschen, Hans – die Stadt ist ein Symbol für sie, mehr noch als die Fabriken. Wir haben die Stadt aufgegeben, damit sie verschont wird, wobei wir davon ausgingen, dass Andrew zurückkehren würde und wir sie irgendwie wieder erobern könnten. Falls Mikhail die Unterstützung von Merkikriegern gewinnt, ist alles vorbei.
Geben Sie mir wenigstens die Chance, den Schweinehund zu erledigen und eine Schlacht um Suzdal zu führen. Vielleicht bringt es Cromwell aus dem Konzept, wenn eine solche Schlacht ausbricht, während gleichzeitig Andrew anrückt.«
Hans stand auf, ging zur Wand gegenüber und blickte zum Fenster hinaus.
»In zwei Stunden wird es dunkel«, sagte er leise und drehte sich dabei zu Kal um.
»Ihre Meinung, General Schuder«, sagte Kal gelassen.
Hans trat an O’Donalds Stuhl heran, griff dem Artilleristen in die Jacke und fischte eine Zigarre hervor.
»Meine letzte!«, beschwerte sich O’Donald.
»Wir teilen Sie«, sagte Hans, zerbrach sie in zwei Teile, hielt die beiden Enden hoch und warf den kleineren Teil Pat zu. Er biss einen ansehnlichen Brocken aus seinem Stück und betrachtete dabei die kleine Gruppe von Regierungsbeamten und Regimentskommandeuren, die an dem Tisch um Kal und Casmar saßen.
»Ich glaube von jeher an zwei Regeln der Kriegsführung«, sagte Hans. »Die erste lautet: man ziehe seine Kräfte zusammen und schlage mit allem, was man hat, auf die Mistkerle ein. Die zweite lautet: schlage als Erster zu und setze ihnen ständig weiter zu, damit sie ihr Gleichgewicht nicht wiederfinden.
Falls wir warten, halten wir uns an die erste Regel. Falk wir heute Abend angreifen, befolgen wir die zweite, denn sobald diese Merki erst mal in die Stadt strömen, erhalten wir sie nie zurück.«
Während er heftig kaute, blickte er zu Boden und spuckte schließlich achselzuckend einen Strahl schmutzig braunen Saftes in die Ecke.
»Wir greifen heute Abend an. Dieser verdammte irische Rotschopf hier hat Recht. Ich kenne Andrew- er wird nicht abwarten; er wird mit aller Macht hierher vorstürmen, denn, zum Teufel, ich habe ihm verdammt noch mal alles über die schöne Kunst des Tötens beigebracht, was er weiß! Falls wir jetzt selbst angreifen, ziehen wir vielleicht etwas Druck von ihm ab.«
O’Donald hämmerte mit der Faust auf den Tisch und sah Kal an.
»Dann tun Sie es, und möge Kesus gnädig auf uns alle herabblicken«, sagte Kal gelassen.
»Ich möchte mit dir reden.«
Argwöhnisch blickte Tobias zu Hulagar auf.
»Ich möchte dafür sorgen, dass diese Kanone auch richtig montiert wird«, entgegnete er scharf und deutete auf den gewaltigen Klotz des Hundertpfünders, den sie mühselig vom Heck herübergeschafft hatten, um die beschädigte Kanone zu ersetzen, die man ihrerseits nach achtern verlagert hatte.
»Das kann warten«, sagte Hulagar.
Tobias konnte nicht umhin, den klaren Wechsel in Hulagars Tonfall zu registrieren, der sich seit dem gestrigen Rückzug zeigte. Tobias hätte am liebsten zurückgebrüllt, Hulagar solle gefälligst warten, aber irgendwie spürte er, dass er sich das nicht mehr leisten konnte.
Hulagar gab Tobias mit einem Wink zu verstehen, er möge ihm folgen, klappte die Luke zum Unterdeck auf, bückte sich und stieg vorsichtig die Leiter hinab, Tobias im Schlepptau. Auf dem Unterdeck bewegte sich Hulagar vorgebeugt, wobei seine langen Arme über den Boden schleiften, und betrat das enge Quartier, wo er und die übrigen Merki untergebracht
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