Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
gespannt.
»Allmächtiger Gott!«, stieß Vincent hervor, als sie schon behände näherkam und seinen Kopf zwischen die weichen Elfenbeinhügel drückte.
Er spürte, wie plötzlich die Erregung in ihm stieg. Es lag Monate zurück, dass er mit Tanja zusammen gewesen war, und die innere Spannung war zu einer fast ständigen Qual geworden. Eine knappe Sekunde lang fühlte er sich versucht loszulassen, die Arme um sie zu schlingen und sie ins Becken zu ziehen.
Und damit würde ich Tanja verraten und in selbst geschaffener Folter brennen.
»Ich bin ein glücklich verheirateter Mann!«, stieß er hervor und wich zurück.
»Aber alle Männer haben Geliebte«, kicherte das Mädchen.
»Ich nicht!«, schrie Vincent und befreite sich von ihr.
Sie musterte ihn verwirrt.
Wie Venus, die aus dem Meer stieg, stand sie auf und offenbarte damit alle ihre Reize.
»Findet Ihr mich nicht begehrenswert?«
»Doch, sicher«, keuchte er, unfähig zu lügen.
Sie warf einen Blick ins Wasser und sah ihm dann wieder in die Augen.
»Ich dachte eine Sekunde lang, Ihr würdet womöglich Männer bevorzugen, aber ich kann sehen, dass ich Euch errege.«
Entsetzt bemerkte Vincent, wie sehr er selbst entblößt war, stieg rasch aus dem Becken und packte sich ein Handtuch, um es sich um die Taille zu wickeln.
»Sieh mal, ich finde dich schön. Nur leistet ein Mann dort, wo ich herkomme, einer Frau gegenüber einen Schwur und hält ihn auch. Falls ein Mann oder eine Frau diesen Schwur bricht, ist das ganz falsch.«
Sie musterte ihn scharf.
»Meint Ihr das ernst?«
»Ich liebe meine Gattin. Falls ich so etwas täte, würde es ihr das Herz brechen und mir auch. Ich könnte mit dieser Schande nicht leben.«
Er hatte gelernt zu trinken, zu fluchen und zu töten, und in diesem Augenblick empfand er einen schrecklichen, quälenden Drang, mit dieser Frau zu schlafen und den Teufel darauf zu geben, was von seinem Moralkodex noch übrig war. Er bemühte sich, das Bild Tanjas in seiner Vorstellung heraufzubeschwören, ihren Blick, falls sie es je herausfand. Sie vertraute ihm mehr als jedem anderen auf der Welt. Er konnte dieses Vertrauen nicht enttäuschen.
»Bitte«, flüsterte er, »deine Versuchung treibt mich in den Wahnsinn.«
Das Mädchen nickte und stieg aus dem Becken. Rasch schlüpfte sie wieder in ihr Gewand, das provokant an ihrem nackten Körper klebte.
»Im Grunde, edler Herr, finde ich es irgendwie wunderbar nett, wenn Ihr auf diese Weise nein sagt.« Und mit graziöser Verbeugung verließ sie die Badekammer.
»Barmherziger Gott!«, stieß Vincent hervor. Er ließ das Handtuch fallen und sprang wieder ins Becken, wo ihm das kühle Wasser half, sich wieder zu beruhigen. Er wusste, dass ihn das verdammte Mädchen jetzt in der Fantasie verfolgen würde.
»Tanja, ich wünschte mir so sehr, dass du hier wärst!«, schimpfte er, stieg aus dem Wasser, trocknete sich ab und zog die neuen Sachen an.
Sie waren wunderbar weich, fast als hätte er gar nichts an. Er schlüpfte in die Sandalen, was eine seltsame Empfindung war, und verließ den Raum. Er ging durch den Flur zurück und bog zu den Küchen an der Rückseite des Palastes ab, angelockt von herrlichen Düften.
Er öffnete die Tür und trat ein. Die Diener blickten erschrocken auf.
»Hier drüben, edler Herr«, sagte Julius und deutete stolz auf einen gedeckten Tisch.
»Ich heiße Vincent.«
»Ah ja, edler Vincent«, sagte der Dienstbote.
Vincent gab es auf, setzte sich und goss sich den Wein selbst ein, ehe Julius eine Chance fand, das für ihn zu tun. Aus den hinteren Winkeln betrachteten sich die übrigen Dienstboten das seltsame Spektakel und tuschelten miteinander.
Vincent hob den Kelch und sah Julius an, der die Geste nervös erwiderte.
»Auf die Freundschaft zwischen den einfachen Menschen von Rus und Roum«, verkündete Vincent lautstark.
Julius lächelte offen und nickte, und beide leerten ihre Kelche.
Vincent nahm das aufgetragene Mahl in Augenschein. Da standen mehrere Teller mit gebackenem Fisch und ein weiterer mit dünnen Streifen Fleisch, in Pilzen gedünstet.
»Das sieht alles köstlich aus.«
»Nur zu, speist, edler Vincent.«
»Nicht, solange sich nicht deine Frau zu uns gesetzt hat.«
Julius musterte ihn neugierig.
»Komm schon, hol sie her, und wir können endlich anfangen.«
Julius gab einer molligen Frau einen Wink, die nervös vor einem offenen Ofen stand. Vorsichtig kam sie näher.
»Ich heiße Vincent Hawthorne, und du?«
»Calpurnia,
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