Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
der Küste ausgebreitet und zerstören meine übrigen Liegenschaften!«, schrie wütend Petronius, der Älteste unter den Senatoren. »Ich möchte, dass wir sofort eingreifen!«
»Meine Herren, es ist zu leicht«, erwiderte Vincent. »Sie hocken dort und betteln regelrecht darum, dass wir angreifen. Warten wir lieber, bis sich der Nebel lichtet und wir sehen können, wem wir hier alles gegenüberstehen. Derweil können wir einen Voraustrupp aus Plänklern aussenden, damit sie die feindlichen Linien sondieren und herausfinden, über welche Kräfte sie dort wirklich verfügen.«
»Ich dachte, er wäre dein Bundesgenosse«, gab Petronius zurück. »Ich denke jedoch, er ist einfach nur ein Junge, der sich vor einem guten Kampf fürchtet.«
Vincent sah Petronius kalt an. Der Alte saß auf einem Pferd, und der schwere Bauch lag förmlich auf dem Rücken der Stute. Seine Haut wies eine kränkliche Blässe auf, gezeichnet von den Spuren der Blattern, was seinem Gesicht einen harten, fast ausdruckslosen Zug gab, als trüge er eine Maske aus altem Wachs. Er erwiderte Vincents Blick mit einer Miene, als hätte er es mit dem niedrigsten seiner Dienstboten zu tun.
Vincent sah Marcus gelassen an.
»Ich widersetze mich Ihnen nicht«, sagte er. »Ich habe einen langen, harten Feldzug gegen die Tugaren mitgemacht und meinen Rang durch Beförderung auf dem Schlachtfeld errungen, vom Gefreiten aufwärts.«
»Ein ehemaliger Sklave wie seine Truppen«, sagte Petronius hochnäsig, und sein Ton triefte von Sarkasmus.
»Ein freier Mann wie meine Soldaten!«, raunzte Vincent und erwiderte Petronius’ Blick wütend; er bedauerte seine Äußerung schon, lenkte sie doch nur von dem ab, was er eigentlich sagen wollte.
»Trotzdem«, höhnte Petronius.
»Warten wir lieber erst ab, bis sich der Nebel über dem Meer gelichtet hat und wir sehen, was dort draußen los ist, ehe wir angreifen.«
Vincent las an Marcus’ Gesicht ab, dass der Konsul einen Augenblick lang zögerte. Dann wandte sich dieser ab.
»Wir greifen sofort an. Je länger wir warten, desto mehr Schaden richtet der Feind an.«
Marcus wandte sich wieder Vincent zu.
»Und was planen Sie zu tun, mein edler Bundesgenosse?«, fragte er, und ein fordernder Unterton war nicht zu überhören.
Vincent war sauer über die kalten, verächtlichen Blicke der Patrizier, die hinter Marcus Aufstellung bezogen hatten.
»Das Bündnis steht, Marcus. Meine Männer rücken zusammen mit Ihren vor«, antwortete er steif. »Ich hoffe nur um unser aller willen, dass Sie Recht haben.«
Bemüht, seine Nervosität nicht zu zeigen, schritt Tobias Cromwell an Deck der Ogunquit auf und ab und blickte forschend durch den Nebel, der sich allmählich aufhellte.
Ein kleines Boot tauchte aus dem Nebel auf und schoss richtig über die glatte, ruhige Meeresfläche, angetrieben von einem Dutzend Ruderern, die sich kräftig ins Zeug legten.
»Zur Hölle mit diesem Nebel!«, zischte Tobias ungeduldig. Und doch ertappte er sich gleichzeitig dabei, wie er heimlich in sich hineinlachte. Hamilcar hatte die Gelegenheit sofort beim Schopf ergriffen und Tobias empfohlen, mit dem Rest der Kanonenboote und Jamies Schiffen draußen in den Nebelbänken abzuwarten, bis die Schlacht ausgebrochen war. Das zusätzliche Überraschungsmoment, das sich hier bot, konnte entscheidend sein, und Hamilcar hatte das sofort erkannt. Nur war das Warten so strapaziös für die Nerven!
Ein leiser Donner hallte übers Wasser, und er erkannte es sofort als Salve aus einer Batterie.
Es war fast so weit, und ein Lächeln spielte um seine Lippen. Die Gefangenen hatten verraten, dass ihm nur ein Regiment gegenüberstand, das 5. Suzdalische unter dem Kommando des jungen Hawthorne. Verdammt, ausgerechnet der musste es sein!, dachte Tobias grimmig. Er hatte so etwas wie Bewunderung für den Jungen entwickelt, als Einzigem aus dem ganzen Haufen.
»Dampfdruck aufbauen!«, schrie er. »Wir greifen an!«
»Die Linie soll dort ausfächern!«, rief Vincent. »Ihr seht aus wie ein Haufen Amateure!«
Die 2. Nowroder Batterie feuerte knapp hundert Meter links von ihm eine weitere Salve ab. Vincent wandte sich ab und verfolgte, wie die Kugeln in die Reihen der Carthas auf dem nächsten Höhenzug krachten. Die feindliche Linie wankte unter dem Hammerschlag.
Verdammt, warum konnten die nicht einfach Reißaus nehmen? Allzu sehr war offenkundig, dass sie mit Geschützfeuer vertraut waren. Er erinnerte sich noch an das erste Mal, dass O’Donald eine
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