Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
Meldung unserer Späher lautet, dass die Merkihorde nach wie vor nach Osten zieht, weit mehr als tausendfünfhundert Kilometer entfernt an der Küste des Binnenmeeres entlang«, sagte Hans.
»Wie alt ist diese Meldung?«
»Eine Woche.«
Wenigstens traf endlich das Kupfer aus Roum ein, um damit die Produktion von Telegrafendrähten wieder aufzunehmen. Für die Leitung nach Roum hatten sie die letzten Reserven zusammenkratzen müssen. Andrew war klar, dass der nächste Schritt eine Leitung zu den Wachtposten an der Südwestgrenze sein musste.
»Und die Bewaffnung?«
»Typische Hordenausrüstung, nichts Ungewöhnliches.«
»Das ist seltsam«, fand Andrew und versuchte sich zu entspannen, sich auf das zu konzentrieren, was zu tun war.
»Die Horde folgt nach wie vor ihrem üblichen Weg und müsste so um die Wintersonnenwende in Cartha eintreffen. Derweil führen die Carthas unter Cromwells Leitung einen Großangriff auf Roum durch und setzen dabei moderne Waffen ein.«
»Könnte es sein, dass der Mistkerl einfach auf eigene Faust handelt?«, fragte O’Donald hastig. »Irgendwie hat er Cartha für einige Zeit übernommen und eine Metall- und Pulverproduktion in Gang gebracht, glaubt vielleicht sogar, einen Aufstand gegen die Merki provozieren zu können. Na ja, die ganze Sache geht völlig schief, und er sieht zu, dass er mit allen, die ihm folgen wollen, wie der Teufel von dort verschwindet und versucht, anderswo einen Stützpunkt zu finden.«
»Wissen Sie, das hat etwas für sich«, warf Emil ein. »Nach Süden kann er sich nicht wenden – dort findet man noch mehr Vettern dieser Tugaren; verdammt, die gibt es einfach überall auf diesem Planeten! Nur hier im Norden haben wir sie niedergeworfen. Es ist die einzig sichere Gegend für Menschen auf der ganzen Welt. Also denkt er, dass er damit auf der sicheren Seite ist.«
»Verdammter Idiot«, flüsterte Andrew. »Wir hätten ihn wiederaufgenommen.«
»Bei ihm undenkbar«, sagte Casmar leise. »Er ist von jeher zu stolz und konnte nie tiefer blicken, sondern nur sehen, dass er mit Ihnen nicht auskommt. Nach seiner Flucht zurückzukehren, auf diese Idee wäre er nie gekommen.«
»Aber seine Mannschaft bestand überwiegend aus Suzdaliern«, gab Andrew zu bedenken.
»Er kann sie jederzeit angelogen haben, sie über die Vorgange und das, was sie nach einer Rückkehr zu erwarten hätten, im Dunkeln gelassen haben.«
Andrew nickte traurig. Er hätte dieses Schiff gut gebrauchen können und sogar Cromwell, so lästig er auch war.
»Wissen Sie was?«, fragte Kal und lachte traurig. »Die Merki müssen auf ihrem Weg das Binnenmeer überqueren, und dafür haben sie nur eine Stelle, die Meerenge zwischen der Nord- und Südhälfte. Cromwell verfolgt vielleicht einen geheimen eigenen Plan.«
»Also errichtet er hier oben eine Machtbasis, um dann im kommenden Winter einen Ausfall nach Süden zu unternehmen und mit diesem einen Schiff die komplette Merkihorde am Westufer festzusetzen«, flüsterte Andrew. »Das bedeutet …«
»Das bedeutet: den Merki bleibt nur ein einziger Ausweichweg«, warf O’Donald ein, stand auf und ging zur Karte des Binnenmeeres hinüber.
»Falls sie nicht über die Meerenge setzen können, müssen sie das ganze Meer nördlich umgehen.«
»Und kommen damit schnurstracks zu uns!«, bellte Hans. »Dieser Mistkerl provoziert sie dazu, uns zu vernichten.«
Andrew blickte sich im Raum um, fühlte sich auf einmal unsicher. Da boten sich einfach zu viele Möglichkeiten.
»Zu welchem Zweck?«, wollte Casmar wissen.
»Vater, auf diese Weise hat er alle Trümpfe in der Hand. Er beherrscht das Meer und kann schnell die Position wechseln. Falls Roum kapituliert – und denken Sie daran, dass wir schon angefangen haben, die dortige Eisenindustrie zu modernisieren –, hat er den ganzen Herbst und Winter Zeit, um mehr Waffen herzustellen; er kann dann zurück nach Cartha wechseln oder in Roum bleiben oder einfach die Reste einsammeln, wenn die Merki weitergezogen sind.«
»Falls Roum kapituliert«, sagte Andrew leise. Alle sahen ihn an. Er nahm das Telegramm erneut zur Hand und blickte darauf.
›»Marcus erwartet Hilfe. Könnte durchaus kapitulieren, falls keine eintrifft‹«, las er gelassen vor. »Sehen Sie, wir haben keine Ahnung, welchen Plan der Gegner verfolgt.« Er stand auf. »Er könnte im Auftrag der Merki handeln, aber selbst in diesem Fall durchaus einen eigenen Plan haben. Wir können endlos spekulieren, welches seine wahren Absichten
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