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Das Verlorene Symbol

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Titel: Das Verlorene Symbol Kostenlos Bücher Online Lesen
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Istanbuls saß Häftling Nr. 37 wegen eines Drogenvergehens ein.
    Er hatte auf seinem Bett in einer Betonzelle gelegen, hungrig und durchgefroren in der Dunkelheit, und sich gefragt, wie lange er wohl eingesperrt bleiben würde. Sein neuer Zellengenosse, den er erst vor vierundzwanzig Stunden kennengelernt hatte, schlief in dem Bett über ihm. Der Gefängnisdirektor, ein fetter Alkoholiker, der seinen Job hasste und dies an den Insassen ausließ, hatte gerade das Licht für die Nacht abschalten lassen.
    Es war fast zehn Uhr, als Häftling Nr. 37 das Gespräch hörte, das durch den Lüftungsschacht zu ihm drang. Die erste Stimme war klar und unverkennbar. Sie gehörte dem Gefängnisdirektor, dem es offensichtlich nicht gefiel, dass der späte Besucher ihn geweckt hatte.
    »Jajaja, Sie kommen von weit her«, sagte der Direktor, »aber im ersten Monat dürfen die Häftlinge keinen Besuch empfangen. So sind die Vorschriften. Ausnahmen gibt es nicht.«
    Die Stimme, die ihm antwortete, war sanft, kultiviert und voller Schmerz. »Ist mein Sohn sicher?«
    »Er ist drogenabhängig.«
    »Wird er gut behandelt?«
    »Gut genug«, antwortete der Direktor. »Das hier ist kein Hotel.«
    Es folgte eine schmerzhafte Pause. »Ihnen ist doch klar, dass das Außenministerium der Vereinigten Staaten die Auslieferung beantragen wird, oder?«
    »Jajaja, das tun sie immer. Und sie wird auch genehmigt werden, auch wenn der Papierkram ein paar Wochen dauern kann oder sogar einen Monat. Es hängt davon ab.«
    »Wovon hängt es ab?«
    »Nun«, sagte der Direktor, »wir sind unterbesetzt.« Er hielt kurz inne. »Natürlich machen besorgte Leute wie Sie, für die Geld kein Thema ist, bisweilen Spenden an das Gefängnispersonal, um die Dinge ein bisschen zu beschleunigen.«
    Der Besucher erwiderte nichts darauf.
    »Mr. Solomon«, fuhr der Gefängnisdirektor fort und senkte die Stimme, »ein Mann wie Sie, für den Geld kein Thema ist, hat stets Möglichkeiten. Ich kenne Leute in der Regierung. Wenn wir beide zusammenarbeiten, wird es uns vielleicht gelingen, Ihren Sohn hier rauszubekommen … morgen, und sämtliche Anklagepunkte werden fallen gelassen. So würde er sich zu Hause auch nicht mit der Staatsanwaltschaft konfrontiert sehen.«
    Die Antwort kam sofort. »Mal ganz abgesehen von den juristischen Problemen Ihres Vorschlags … Ich weigere mich, meinen Sohn zu lehren, dass Geld alle Probleme löst oder dass man im Leben keine Verantwortung übernehmen muss, besonders in einer so ernsten Angelegenheit wie dieser.«
    »Sie wollen ihn hier lassen?«
    »Ich will mit ihm sprechen. Sofort.«
    »Wie ich Ihnen schon gesagt habe: Wir haben unsere Vorschriften. Ihr Sohn steht Ihnen nicht zur Verfügung … es sei denn, Sie wollen über seine sofortige Freilassung verhandeln.«
    Mehrere Augenblicke lang herrschte eisiges Schweigen. »Das Außenministerium wird Kontakt zu Ihnen aufnehmen. Sorgen Sie für Zacharys Sicherheit. Ich erwarte, dass er binnen einer Woche in einem Flugzeug nach Hause sitzt. Gute Nacht.«
    Die Tür wurde zugeschlagen.
    Häftling Nr. 37 traute seinen Ohren nicht. Was für ein Vater lässt seinen Sohn in diesem Höllenloch, um ihm eine Lektion beizubringen? Peter Solomon hatte sogar das Angebot abgelehnt, Zacharys Akte zu löschen.
    Später in dieser Nacht, als er wach in seiner Koje lag, hatte Häftling Nr. 37 erkannt, wie er sich selbst befreien würde. Wenn Geld das Einzige war, was einen Gefangenen von der Freiheit trennte, war Häftling Nr. 37 schon so gut wie frei. Peter Solomon mochte ja nicht bereit sein, sich von seinem Geld zu trennen, doch wie jeder wusste, der Zeitung las, verfügte auch Zachary, sein Sohn, über jede Menge Geld. Am nächsten Tag sprach Häftling Nr. 37unter vier Augen mit dem Direktor und unterbreitete ihm einen Plan – einen kühnen, genialen Plan, der ihnen beiden genau das geben würde, was sie wollten.
    »Damit das klappt, muss Zachary Solomon sterben«, erklärte Häftling Nr. 37. »Aber wir könnten beide sofort verschwinden. Sie könnten sich auf einer griechischen Insel zur Ruhe setzen und müssten diesen Ort nie wieder sehen.«
    Nach einiger Diskussion schüttelten die beiden Männer sich die Hände.
    Bald wird Zachary Solomon tot sein, dachte Häftling Nr. 37 und lächelte bei dem Gedanken, wie leicht das sein würde.
    Zwei Tage später überbrachte das Außenministerium der Familie Solomon die schreckliche Nachricht. Die Fotos aus dem Gefängnis zeigten den furchtbar geschundenen

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