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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Bruderführer erwartet.
Gut vierzig Jahre waren die beiden unzertrennlich
gewesen und hatten eine tiefe und innige Freundschaft
gepflegt – nichts hatte zwischen den Bruderführer und
seinen Ersten Berater kommen können, dachte Gilbert
verbittert. Er hätte seine unsterbliche Seele darauf
verwettet, daß es für Moryson keine Frage gewesen wäre,
bei Jayme zu bleiben und dessen Schicksal zu teilen.
»Wie bist du aus Karlon entkommen?« wollte er von
dem alten Mann wissen.
Und aus welchem Grund bist du jetzt hier?
Moryson hustete, ein harter, kehliger Laut, und Gilbert
reichte ihm einen Schlauch, der mit Wasser gefüllt war.
Der Alte nahm einen tiefen Schluck, dann wischte er
sich den Mund mit einem Ärmel ab. »Danke. Ich habe
seit mehr als einem Tag nichts mehr getrunken. Nun
denn, wie gelang mir die Flucht? Ich sah dich die Treppe
hinunterfliehen, als offenkundig wurde, daß dieser Narr
Bornheld den Kampf mit Axis verlor. Ich wußte, warum
du dich aus dem Staub gemacht hast. Keine Soldaten
waren mehr da, die Karlon hätten schützen können, und
Axis würde dir gegenüber kaum Mitgefühl oder Gnade
aufbringen – genausowenig wie für Jayme oder mich
selbst.
Also versuchte ich, dir die Treppe hinunter zu folgen,
aber meine Beine sind alt und schwach, und ich verlor
dich binnen weniger Minuten aus den Augen.«
Gilbert runzelte die Stirn. Er hätte es doch gewiß
gehört, wenn Moryson hinter ihm die Treppe heruntergestolpert wäre?
»Mochte Jayme sich auch dazu entschlossen haben, in
der Hauptstadt zu bleiben und seinem einstigen Axtherrn
ins Auge zu blicken – ich beschloß, zu fliehen und mein
Leben anderswo aufs Spiel zu setzen«, fuhr Moryson
fort. »Nachdem ich dich verloren hatte, lief ich zu einer
kleinen Tür, von deren Existenz ich wußte und die sich
zum Gralsee hin öffnet. Dort fand ich ein kleines Boot.
Erschöpft, aber getrieben von dem Gedanken, daß jede
Stunde Axis höchstpersönlich in Karlon einreiten würde,
ruderte ich quer über den See bis zu einer Stelle nördlich
des Turms des Seneschalls, und dort begann meine
anstrengende Flucht.«
Morysons Stimme nahm an Stärke zu, während ihm
alles wieder einfiel und er sich in Eifer redete: »Tagelang
stolperte ich ostwärts, dann nach Südwesten, immerzu
verzweifelt darum bemüht, Axis und den Unaussprechlichen zu entkommen. Nahrung habe ich gestohlen, wo
immer sich die Gelegenheit bot, ausgeruht habe ich mich,
wo ich es wagte. Nach einer Woche erzählte mir ein
reisender Händler namens Dru-Beorh, er sei dir weiter
südlich in Nor begegnet. Da fragte ich mich, ob meine
Zukunft vielleicht bei dir läge. Alleine konnte ich nichts
ausrichten, aber Gilbert, so überlegte ich, der muß einen
Plan haben. Ich setzte also alles daran, dich zu finden.
Und hier bin ich nun.«
Der junge Bruder konnte den alten Berater nur weiterhin anstarren. Entbehrung und Furcht haben ihm den
Verstand getrübt, dachte er. Wie hat er es nur geschafft,
so lange zu überleben?
»Und welch eine Art von Plan habe ich deiner Ansicht
nach?« fragte er. »Was kann ich deiner Meinung nach für
dich tun?«
»Ich dachte, du kennst vielleicht einen Platz, wo man
sich verstecken kann«, antwortete Moryson, und seine
Stimme nahm wieder den brüchigen Tonfall an. »Auf
mich allein gestellt vermag ich nicht zu überleben, aber,
so dachte ich mir, mein alter Freund Gilbert wird mir
helfen.«
Alter Freund, ganz gewiß, sagte sich der Jüngling
verärgert. Moryson und Jayme haben mich jahrelang auf
Armeslänge von sich ferngehalten, niemals haben sie
mich in ihre geheimen Unterredungen mit einbezogen,
und mir kein einziges Mal gezeigt, daß ich ihrer Wertschätzung würdig sei. Sogar jetzt noch wagt es Moryson,
mag er auch noch so hilflos und am Ende sein, hier zu
sitzen und mir zu erzählen, daß er schon immer mein
Freund gewesen sei.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht ein paar unserer in
alle Winde zerstreuten Mitbrüder aufspüren«, meinte
Moryson. »Axis muß während seines Rittes durch
Ostachar in Richtung Karlon Dutzende von Pflughütern
aus ihrem Sprengel vertrieben haben.«
Erst jetzt bemerkte Gilbert die geschwärzten Überreste
des Brotes, und er beeilte sich, den Laib aus den Kohlen
zu ziehen, und dachte sorgfältig nach.
Morysons vager Vorschlag hatte eine Idee in seinem
Kopf aufkommen lassen. Der alte Mann hatte recht.
Zahlreiche Brüder des Seneschalls, Gelehrte wie örtliche
Pflughüter – jene Brüder, die ihren

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