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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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übriggebliebenen Ikarier.
Die Staffel war am Tag vor dem Wetterumschwung
eingetroffen, und nun hatten sie bereits vier Tote zu
beklagen. Die anderen hatten sich in der Hoffnung auf
ein wenig Wärme dicht um das Feuer gedrängt.
    Jorge wußte, daß jeder seiner Männer mit dem sicheren
Tod rechnete. Als er Gruppe für Gruppe aufsuchte, um
ihnen Mut zuzusprechen, bemerkte er, daß viele der
Männer beteten, um ihre Seelen auf die unausweichliche
Reise ins Nachleben vorzubereiten. Einige, wenn auch
wenige, beteten zu Artor. Die Ikarier wandten sich an ihre
Sternengötter, die wenigen Männer in seiner Armee, die
aus Rabenbund stammten, an ihre geheimnisvollen
Gottheiten. Zu seiner Überraschung stellte Jorge fest, daß
viele Axis, den Sternenmann, wie einen Gott anriefen, und
einige wandten sich sogar an Aschure, die Frau, die an
Axis’ Seite ritt. Ihr Ruf als Bogenschützin war beinahe
ebenso legendär wie der Zauberbogen selbst und wie die
Geisterhunde, die ihr auf Schritt und Tritt folgten.
Als der Graf zum ersten Mal einer Gruppe von Soldaten zuhörte, die leise und monoton Gebete zum Sternenmann murmelten, schreckte er angewidert zurück. Hatte
sich Wahnsinn dieser Männer bemächtigt? Axis war ein
Mensch wie jeder andere, oder etwa nicht? Rechtfertigte
eine Serie militärischer Siege schon einen gottgleichen
Status?
    Jorge kehrte zu seinem Platz am Feuer zurück und
blieb dort stundenlang sitzen. In seinem Innersten
herrschte ein einziger Aufruhr. Seltsamerweise verstörte
ihn Axis’ neuer Status mehr als der von Gorgrael
gesandte Sturm, der draußen tobte.
    Stand denn die ganze Welt Kopf? Bestand der Krieger
inzwischen darauf, von seinen Anhängern wie ein Gott
verehrt zu werden?
    Axis trug keineswegs die Verantwortung für das
Verhalten seiner Männer, aber das wußte Jorge nicht. Die
Vorstellung, daß viele Männer in der Armee samt ihren
Frauen und Kindern langsam und unbewußt anfingen, ihn
als Gott zu sehen, hätte Axis zutiefst verwirrt und
entsetzt. Der Prozeß hatte vor langer Zeit begonnen, als
dreitausend Mann Axis aus der Feste Gorken gefolgt
waren, um die Hauptstreitmacht der Skrälinge so weit
abzulenken, daß Bornheld und die verbliebenen Soldaten
nach Jervois fliehen konnten.
    Sie hatten beobachtet, wie er das Smaragdfeuer heraufbeschwor, und waren Zeugen geworden, wie fünf magische
Flügelwesen ihn am Fuß der Eisdachalpen begrüßten.
Nachdem sich Axis’ Männer in Sigholt niedergelassen
hatten, wuchs bei ihnen das Bedürfnis, Axis als Übermenschen oder gar als unsterblich anzusehen.
    Ein gewöhnlicher Sterblicher vermochte nicht die
Macht heraufzubeschwören, die ihm offensichtlich zur
Verfügung stand. Keine sterbliche Seele hätte je die
geflügelten Kreaturen so wie Axis anführen können. Und
ganz gewiß würde kein Sterblicher in dem, wie sich
herausstellte, magischen Schloß von Sigholt wohnen.
    Anschließend führte der Krieger seine Armee nach
Süden durch Achar und besiegte den Mörder und
Eroberer Bornheld, um dann das mächtige Königreich
von Tencendor für sie zu gründen. Kein Sterblicher, so
murmelten viele, vermochte Ähnliches zu leisten.
    Langsam aber unaufhaltsam begannen viele Männer
und Frauen damit, Axis als denjenigen Gott anzubeten,
den sie auserwählt hatten – den Sternenmann. Andere
wiederum bevorzugten die stille Schönheit und unfehlbare Treffsicherheit der Zauberin Aschure.
    Ganz besonders diejenigen, die sich noch an die uralten Gebete zu der Herrin des Mondes erinnerten.
Vor allem diese Veränderung trieb Artor aus Seinem
himmlischen Königreich und veranlaßte Ihn dazu,
menschliche Gestalt anzunehmen und zu versuchen, den
Niedergang aufzuhalten.
Jorge fröstelte und zog seine Decke enger um sich,
während er dem Murmeln der betenden Soldaten
lauschte. Nie hätte er geglaubt, den Tag zu erleben, an
dem die Männer seiner Truppe so viele Götter anbeteten.
Verflucht sei sein Drang, sich freiwillig für die Führung
der Streitkräfte in Jervois zu melden! Der Graf hielt es
nach Bornhelds Tod in Karlon nicht mehr aus, und Axis
hatte seiner Bitte entsprochen, ihn nach Norden zu
schicken. Nun bezahlte er für sein Ungestüm wohlmöglich mit dem Tod, und Jorge erkannte plötzlich, daß er
nicht sterben wollte. Er mochte zwar fast siebzig sein und
auf ein erfülltes Leben zurückblicken, aber ihm kam
vieles in den Sinn, was er noch tun wollte.
Der Graf erwog, selbst ein Gebet zu sprechen, aber er
wußte nicht,

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