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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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schweren gefüllten Tonkrug trägt, ist ihr nicht anzusehen.
    „Danke, ihr seid zu liebenswürdig. Wenn du mir ein Tuch hierlassen würdest, Jaskula , das wäre doch freundlich. So gehe gleich wieder zu deinem Stand, denn viel Volk ist schon unterwegs und viele unbeobachtete Hände. Ich komme schon zurecht. Elieanor-Adda-Guppi wird gleich wieder zurückkommen“, sagt Tanobakt zu Jaskula , die sich aber bereits um sein Bein kümmert. Er muss etwas lächeln, denn sie hat einen Streifen Erde quer über ihre Stirn, woher auch immer. Sie hat ansonsten nur mit sauberstem Tuch zu tun. Aber er sagt ihr nichts. Der Schmutz soll ja nicht in seine Wunde kommen.
    „Wenn Elieanor-Adda-Guppi kommt, gehe ich wieder rüber. Ich habe meine beiden Söhne zurückgeschickt. Sie sollen es ja auch lernen, irgendwann ohne mich das Geschäft weiterzuführen. Außerdem hat Ushlaran , Sohn des Handelshauses Egibi & Söhne , der seinen Stand schräg gegenüber von uns hat, versprochen, meinen Stand mit zu beobachten. Burgon , der Wächter, steht momentan auch direkt daneben. Da wird also nichts passieren. Der Stand ist jetzt besser bewacht, als wenn ich wieder da wäre. Ich bin froh, dass ich nicht gesehen habe, wie das Kamel vorbeiraste, ich hätte wohl geschrien vor Angst um meine Söhne. Was wollten meine Kinder denn heute von dir wissen?“
    „Sie fragten nach dem Enûma elîsch . Sie haben erzählt, dass sie nur einen kleinen Teil davon mitbekommen haben, als es vor vier Tagen vorgetragen wurde. Das Kamel trat mich, denn ich hatte keine Lust zu reden. Ich war noch zu sehr mit meinem Ärger beschäftigt. Er nagte immer noch an mir, obwohl ich weiß, dass ich nichts ändern kann.“
    „Was lässt dich den bitteren Saft aufsteigen, habe ich da etwas nicht mitbekommen?“, fragt sie freundlich interessiert.
    „Ich komme einfach nicht über meinen Ärger hinweg, an diesem Platz hier zu stehen an Stelle des Platzes neben dem Tor an der Mauer, an dem Ushlaran sich schon seit ein paar Tagen fest eingenistet hat. Ushlaran hatte gleich in der zweiten Nacht dort an meiner statt aufgebaut, ohne es mit mir abzustimmen. Er wagt es seither auch nicht, in meine Richtung zu sehen. Er ist selbstgefällig mit seinem kahlgeschorenen Kopf und diesem sonderbaren Tuch um den Hals. Er ist doch jung und ihm schadet all diese Enge und Lautstärke hier in der Mitte nicht. Aber er hält sich wohl plötzlich für etwas Besseres mit seinen kostbaren Stoffen und Schmuck für die Edlen, weil er der Sohn des Handelshauses Egibi & Söhne ist“, platzt es ungefiltert aus Tanobakt heraus.
    „Ich will mit ihm reden. Er möge auf dich zugehen, denn du bist höheren Alters. Sein Verhalten war nicht recht. Doch auch nicht recht ist es, deinen Ärger so lange mit dir herumzutragen. Du weißt, er kann sich festsetzen und man hat dann nicht mehr die gewohnte Schärfe, alles zu erkennen. Du kennst die Dämonen. Sprich früher darüber oder akzeptiere dein Los.
    Ushlaran , ich kenne ihn über meinen Mann, hat sich verändert. Es muss etwas vorgefallen sein, das auch seine Sicht trübt.“
    „Dein Angebot beschämt mich etwas, aber ich nehme es dankend an. Ich habe es nicht einmal meinen Söhnen gesagt, wohl auch aus Sorge, dass es bestimmt zu einem handfesten Streit kommen würde. Das Feuer steigt schnell in ihnen hoch. Du besitzt die wunderbare Gabe der Frauen, milde zu reden und Streit zu besänftigen – auch wenn so manche es hinter verschlossener Tür auch andersherum können.“ Tanobakt lächelt wieder etwas. „Damit meine ich natürlich nicht dich. Seit die schönste Blume der Wüste von mir gegangen ist, merke ich mehr und mehr, was mir nun fehlt. 
    So, jetzt will ich aufhören mit dem Jammern; wie ein Klageweib verhalte ich mich. Es ist meine Aufgabe, hier auf dem Markt zu sein, oder, da hast du wahre Worte gesprochen, es zu regeln, damit ich hier nicht mehr sein muss. Jedenfalls nicht mehr so oft. Das Reden mit euch allen würde ich schon schmerzlich vermissen. Ich würde gänzlich vereinsamen.
    Und es ist auch meine Aufgabe, das Enûma elîsch vorzutragen, wenn ich gefragt werde. Es tut mir jetzt sehr leid, dass ich so unwirsche Gedanken hatte. Sage bitte deinen Söhnen, sie mögen gegen Mittag herkommen, denn dann sind weniger Käufer und Kamele unterwegs. Dann habe ich mehr Zeit und Ruhe. Ich tu es wirklich gern, besonders für Kinder. Ich brauch nur ein wenig Ruhe!“
    „Ich weiß, als du jünger warst, hast du gern an der Außenmauer den Menschen das

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